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Deutschland schwächelt bei modernen Managementtechniken

Weltweit ist mehr als die Hälfte der Top-Manager auf der Suche nach neuen Werkzeugen, um drängende Herausforderungen wie wachsende Komplexität, Internetkriminalität und sinkende Kundenloyalität in den Griff zu bekommen. Zufrieden zeigen sich die Führungskräfte vor allem mit dem Einsatz von Managementtools mit großem Wirkungskreis, zum Beispiel umfassende Transformationsprojekte. Von Methoden mit geringerer Schlagkraft sind sie deutlich weniger überzeugt. Insgesamt jedoch variiert der Einsatz von Managementtechniken je nach Region, Unternehmensgröße und konkreter Geschäftslage. Zu diesen Schlüssen kommt die Studie „Management Tools & Trends“ der Managementberatung Bain & Company, für die in Europa Führungskräfte in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien befragt wurden.

In Europa hat laut Studie die Zahl der eingesetzten Managementmethoden leicht abgenommen – von 6,8 im Jahr 2012 auf heute 6,6. Die wenigsten Tools nutzen dabei die Franzosen mit 5,1. Mit 6 liegen die Deutschen nur knapp dahinter. Generell wenden größere Unternehmen mehr Techniken an als kleinere, allerdings nimmt die Zahl der genutzten Managementwerkzeuge in mittelgroßen Unternehmen zu. Methoden wie disruptive Innovationslabore, Kundensegmentierung, strategische Planung und Mitarbeiterbefragung erzielen bei europäischen Managern die höchsten Zufriedenheitswerte.

Die meistgenutzten Managementmethoden in Europa sind Kundenmanagement, Benchmarking, Outsourcing und Balanced Scorecard. Dagegen werden innovative Werkzeuge wie Zero-Base-Budgetierung und disruptive Innovationslabore am seltensten eingesetzt. In Deutschland wiederum werden Kundenmanagement, Outsourcing und Benchmarking am häufigsten angewendet. Im internationalen Vergleich unterrepräsentiert sind hierzulande die Klassiker strategische Planung, die Verbesserung interner Prozesse (Business Process Reengineering) und Szenarioplanung. Gleiches gilt für moderne Techniken wie Big-Data-Analyse und digitale Transformation.

Insgesamt sind die Führungskräfte in Europa mit den von ihnen eingesetzten Werkzeugen zufriedener als ihre Kollegen in Nordamerika. Geringer aber ist ihre Zufriedenheit im Vergleich zu Top-Managern in Asien. Ursächlich dafür könnte sein, dass die Unternehmen in den etablierten europäischen Volkswirtschaften weniger auf aggressives Wachstum aus sind als ihre Wettbewerber in den sich entwickelnden Märkten Asiens.

Komplexitätsmanagement ist nach wie vor kein hinreichend genutztes Tool. Dabei identifizieren europäische Führungskräfte die wachsende Komplexität als eines ihrer drängendsten Probleme. Doch Unternehmen in Europa greifen eher auf traditionelle Methoden wie Benchmarking und Mitarbeiterbefragungen zurück. Dagegen sind Firmen in Schwellenländern häufig Pioniere in der Anwendung neuer Techniken wie Big-Data-Analyse, digitale Transformation und disruptive Innovationslabore.

Die Beliebtheit und der Einsatz einzelner Managementmethoden verändern sich im Zeitverlauf. Während die Nutzung von Kundenmanagement und Benchmarking in Europa konstant bleibt, wird Qualitätsmanagement heute weit weniger angewendet als noch vor 20 Jahren. Insgesamt unterliegen viele Managementwerkzeuge einem Lebenszyklus, der an den von Konsumartikeln erinnert.

Rund 45 Prozent der befragten europäischen Führungskräfte wollen in den kommenden drei Jahren stärker auf Umsatzwachstum setzen als auf Kostensenkungsprogramme. Daher werden Methoden wie Big-Data-Analyse, mit deren Hilfe Unternehmen Kundensegmente besser verstehen, an Bedeutung gewinnen. In Deutschland werden Szenario- und strategische Planung sowie Zero-Base-Budgetierung eine größere Rolle spielen.

Hier einige Ergebnisse der Studie im Überblick:

• Wachsende Komplexität: Fast 70 Prozent der europäischen Führungskräfte erwarten, dass steigende Komplexität höhere Kosten verursacht und das Wachstum ihres Unternehmens bremst.

• Cyber-Attacken: Die Bedrohung durch Internetkriminalität steht auf der Agenda der Führungskräfte in Europa ganz weit oben. Fast 50 Prozent fürchten, dass sensible Kundendaten in die Hände von Hackern fallen könnten. In Asien sind sogar knapp zwei Drittel der Befragten beunruhigt, in Nordamerika sechs von zehn.

• Steigende IT-Kosten: 56 Prozent der europäischen Führungskräfte glauben, dass die Kosten für Informationstechnologie in den kommenden drei Jahren steigen müssen, damit ihre Organisation wettbewerbsfähig bleibt. 40 Prozent sind der Ansicht, dass ihre vorhandene, oftmals veraltete IT-Infrastruktur das Wachstum ihrer Unternehmen bremst. In Deutschland sind nur 29 Prozent dieser Auffassung.

• Schwindende Kundenloyalität: Rund um den Globus sorgen sich Top-Manager um die Markentreue ihrer Kunden. Sechs von zehn geben an, dass diese abnimmt. In Deutschland glauben 50 Prozent, dass die Kundenloyalität sinkt.

• Erkauftes Wachstum: In Europa erwarten zwei Drittel der Befragten, dass Fusionen und Übernahmen eine wesentliche Wachstumsstrategie in ihrer Branche sein werden, in Asien gehen davon sogar 74 Prozent aus. Darüber hinaus vertreten Europäer und Asiaten eher als Amerikaner den Standpunkt, dass Innovationen für den langfristigen Unternehmenserfolg wichtiger sind als Kostensenkungsrunden. In Deutschland glauben 57 Prozent, dass die eigene Firmenleitung mehr Wert auf Maßnahmen legt, die den langfristigen Unternehmenserfolg sichern, als auf kurzfristige Manöver.



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tor 19.08.2015