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Werberat verhängt wieder mehr Rügen

Deutlich mehr Kritik an Fahrzeugwerbung bei gleichbleibender Beschwerdezahl zu Werbung in TV, Print oder Online, so lautet das Fazit des Deutschen Werberats zum ersten Halbjahr 2014. Zwar gab es einen Zuwachs bei den kritisierten Werbesujets von 11 Prozent, die Gesamtbeschwerdezahl nahm jedoch nur um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Dies resultiert aus der wachsenden Einsicht von Kampagnenorganisationen, dass eine Flutung des Werberats mit Beschwerden keine Relevanz für den Verfahrensausgang hat.

In den ersten sechs Monaten des Jahres war Fahrzeugwerbung auffällig oft in der Verbraucherkritik, wohingegen Plakat-, TV-, Anzeigen- und Onlinewerbung konstant die Ränge 1 bis 4 behielten. Allein 12 Fälle von Transportmedien waren in den ersten sechs Monaten Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens vor dem Werberat, im gesamten Vorjahr waren es 13. Die positive Bilanz des Werberats zu den 12 kritisierten Werbeaktivitäten: Von den beanstandeten Werbesujets zogen fünf Unternehmen ihre Werbung zurück oder änderten sie, in sechs Fällen wies der Werberat die Beschwerden als unbegründet zurück und in nur einem Fall musste der Werberat wegen Uneinsichtigkeit öffentlich rügen.

Ebenfalls auffällig: Die Beschwerdenzahl stagniert nahezu mit 535 Beschwerden (+ 0,6 Prozent gegenüber dem 1. Halbjahr 2013), wohingegen die kritisierten Werbesujets deutlich um 11 Prozent (286 Fälle geprüfter Werbung) wuchsen. Der Trend mancher Kampagnenorganisationen, die in der Vergangenheit ihre Mitglieder und Anhänger organisiert zu Beschwerden beim Werberat aufriefen, scheint gestoppt und die Aufklärungsaktionen des Werberats Früchte zu tragen. Denn eine einzelne Beschwerde reicht aus, um einen Beschwerdevorgang auszulösen.  Dabei ist der Ausgang des Verfahrens von der Zahl der Kritiker unabhängig, ausschlaggebend ist allein der Inhalt der in Rede stehenden Werbung.

Verdoppelt hat sich die Zahl der Rügen im 1. Halbjahr 2014 auf acht (Vorjahr: 4), sie wurden sämtlich im Bereich der geschlechterdiskriminierenden Werbung ausgesprochen. Julia Busse, Geschäftsführerin des Werberats, sieht trotz der höheren Zahl der Rügen keinen Grund zur Besorgnis: "Zum einen erklärt sich die höhere Zahl in den ersten sechs Monaten des Jahres aus der Zunahme von kritisierten Werbesujets, zum anderen zeigt die jahrzehntelange Erfahrung, dass gerügte Unternehmen in der Regel kein weiteres Mal auffällig werden."
 
Neue Rubrik: Geschlechterdiskriminierende Werbung

Erstmals hat der Werberat die Rubrik der geschlechterdiskriminierenden Werbung in seine Statistik aufgenommen und fasst darunter die bisherigen Punkte Frauendiskriminierung, Männerdiskriminierung sowie Herabwürdigung von Personen zusammen. Anlass für den Werberat, die Rubrik der geschlechterdiskriminierenden Werbung einzuführen sind u.a. Fälle, auf die nach Ansicht von Beschwerdeführern sowohl das Kriterium der Frauen- als auch der Männerdiskriminierung zutrifft. So monierte ein Beschwerdeführer, dass die Plakat- und Internetwerbung eines Radiosenders aufgrund des Motivs einer auf der Bühne stehenden Frau in High Heels, mit Engelsflügeln, Gitarre und spärlicher Bekleidung Frauen herabwürdige. Gleichzeitig fühlte er sich in seiner Würde verletzt, da Männern unterstellt würde, derartige Motive gut zu finden. Der Werberat folgte dem Beschwerdeführer in diesem Fall nicht, da Musikerinnen und Musiker oftmals in optisch auffallender Weise Bühnenpräsenz zeigen.

Von Diskriminierung geht der Werberat immer dann aus, wenn eine Frau/ein Mann aufgrund des Geschlechts als minderwertig dargestellt wird. Eine Herabwürdigung nimmt der Werberat insbesondere dann an, wenn eine Frau oder ein Mann nicht mehr als eigenständige Person, sondern als potenzielles Objekt der sexuellen Bedürfnisse anderer gezeigt oder ihre sexuelle Verfügbarkeit oder Käuflichkeit suggeriert wird.

Insgesamt 95 Fälle und damit fast 50 Prozent machte der Bereich der geschlechterdiskriminierenden Werbung in den ersten sechs Monaten des Jahres aus. Konstant hoch bleibt innerhalb dieses Beschwerdemotivs der Vorwurf der Frauenherabwürdigung, -diskriminierung.

Männerdiskriminierung ist derzeit noch ein Randphänomen bei der Verbraucherkritik. An zweiter Position inhaltlicher Werbekritik befindet sich wie schon im Vorjahr die Rubrik Ethik und Moral (21 Fälle). So zeigte sich ein Verbraucher irritiert über die Bewerbung einer Server-Dienstleistungsfirma. Diese warb mit zwei Personen, die offensichtlich unter der Bettdecke Geschlechtsverkehr haben und der Frage "Haben Sie es schon mal mit jemand anderem ausprobiert?" Von beiden Personen lugten nur die nackten Füße unter der Bettdecke hervor. Der Werberat konnte in der Werbung keinen Verstoß gegen seine Verhaltensregeln erkennen und wies die Beschwerde zurück.

Neben der Diskriminierung von Personengruppen (z.B. Ältere, Homosexuelle, Menschen mit Behinderungen) mit 20 Fällen, ist Werbung mit dem Vorwurf der Kinder- und Jugendgefährdung (13 Fälle) weiter unter den ersten vier kritisierten Bereichen zu finden. Immer wieder beklagen Beschwerdeführer, dass Motive Pädophilie Vorschub leisten würden. So kritisierte ein Verbraucher die Abbildung eines auf der Toilette sitzenden Kleinkindes als "Einladung für Pädophile". Eine Drogeriekette bewarb mit diesem Motiv einen Kinder-Toilettentrainer, wobei das Kind sichtbar komplett mit Shirt und Unterhose bekleidet war. Der Werberat konnte in dem Motiv keine Gefährdung von Kindern erkennen. Die übrigen Beschwerdevorwürfe (Verletzung religiöser Gefühle, unzuträgliche Sprache etc.) blieben im einstelligen Bereich.


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tor 31.07.2014