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Unternehmen müssen zu Fehlern stehen, um zu lernen

Ein von Forschern der Cass Business School an der City University London und der finnischen Aalto-Universität vorgelegter Studienbericht mit dem Titel 'On the Forgetting of Corporate Irresponsibility' zeigt, dass es Unternehmen durch die Anwendung etablierter Methoden inklusive Ablenkungstaktiken häufig gelingt, Fälle großer unternehmerischer Verantwortungslosigkeit schnell zu verharmlosen. Sie würden die Schäden, die ein Ereignis verursacht hat, herunterspielen, die Schuld auf jemand anderes schieben und die Aufmerksamkeit schnell weg vom Skandal hin zu einem anderen Thema lenken.

Der Verlauf des Emissionsskandals um VW sei ein gutes Beispiel: Zunächst habe sich das Unternehmen öffentlich entschuldigt, dann sei der CEO zurückgetreten und inzwischen gebe es Schlagzeilen, die darauf hindeuten, dass der Emissionsbetrug in der gesamten Industrie weit verbreitet ist.

Negatives wird vergessen, Lernprozesse bleiben aus

Die Forscher warnen, dass Volkswagen möglicherweise nicht aus seinen Fehlern lernt und Wiederholungsfälle folgen. Dr. Sébastien Mena: "Uns ist aufgefallen, dass viele in große Skandale verwickelte Unternehmen - oder ihre Wettbewerber – vergangenen Jahre später die gleichen Fehler wieder begehen." In der bangladeschischen Bekleidungsindustrie beispielsweise hätten mehrere Unfälle das Leben der Fabrikarbeiter bedroht, vor allem die Fabrikeinstürze in 2005, 2006 und 2010 sowie ein tödliches Fabrikfeuer im Jahr 2012. Allerdings hätten all diese Unglücke nicht den Zusammenbruch der Rana Plaza Fabrik im Jahr 2013 verhindern können, bei dem Tausende von Menschen ums Leben kamen.

Mena: "Wir erinnern uns sehr gut an diesen jüngsten Einsturz, die früheren Unfälle aber geraten eher in Vergessenheit. Denken Sie auch an die Beispiele der Banken und verschiedene Marktmanipulation oder Ölgesellschaften und wiederholte Freisetzungen. Wir wollten herausfinden, wie dieses Vergessen und der ausbleibende Lernprozess zustande kamen."

Öffentlicher Druck lässt nach, alte Gewohnheiten kommen zurück

Prof. Peter Fleming: "Kurzfristig versuchten sie auszuweichen oder die Verantwortung zu leugnen, z. B. indem sie die Schuld einigen wenigen Personen zuwiesen, das Ausmaß und die Schäden der Krise zu verharmlosen und Aufmerksamkeit auf andere Themen zu lenken. Aber nach drei bis sechs Monaten gibt es in der Regel fast keine breite Diskussion mehr über die Krise." Obwohl die Menschen im Unternehmen wahrscheinlich weiterhin mit ihren Folgen umzugehen hätteen, habe der überwältigende öffentliche Druck nachgelassen. Dies könne gefährlich sein, weil es Unternehmen suggeriere, es sei sicher, zu ihren alten Gewohnheiten zurückzukehren.

"Auf längere Sicht geben sich in einen Skandal verwickelte Unternehmen große Mühe, zu vergessen und andere vergessen zu lassen, was falsch gelaufen ist", sagt Fleming. "Dies wird erreicht, indem sie ihre Stakeholder zum Schweigen bringen, Menschen, die sich an den Vorfall erinnern können, entfernen oder ihnen einen Maulkorb verpassen sowie Spuren des Fehlverhaltens beseitigen oder herunterspielen."

Unternehmen muss zu Fehlverhalten stehen & Ursachen bekämpfen

Wenn niemand daran erinnere, was schief gelaufen sei, und auch keine Menschen mehr im Unternehmen seien , die es wissen könnten, wachse die Wahrscheinlichkeit, dass ähnliche Fehler wieder geschehen - von der Firma oder ihren Konkurrenten. "Um dies zu verhindern, müssen Unternehmen einige schwierige Schritte unternehmen", sagt Prof. André Spicer. "Sich zu entschuldigen, ist nur der Anfang. Im Fall von Volkswagen muss das Unternehmen ehrlich zu seinem Fehlverhalten stehen und die Ursachen des Problems bekämpfen." Sich von in den Skandal involvierten Menschen zu trennen, könnte laut den Forschern die Sache gerade noch schlimmer machen. Manchmal sei es für den Lernprozess des Unternehmens sinnvoller, die Verursacher einer Krise in der Nähe zu behalten.

Spicer: "Organisationen müssen an diesen Erinnerungen an das, was schief gelaufen ist, festhalten, denn sie dienen als Anweisungen für zukünftige Generationen von Entscheidungsträgern."


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vg 07.10.2015