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Brexit: Wissenschafts- & technologienahe Sektoren gefährdet

Wenn die Briten am 23. Juni darüber abstimmen, ob das Vereinigte Königreich die Europäische Union verlassen soll oder nicht, steht für die wissenschafts- und technologienahen Sektoren des Landes viel auf dem Spiel. Sie bilden das Rückgrat der britischen Wirtschaft und beschäftigen 2,6 Millionen, zumeist hochqualifizierte, Fachkräfte. Zum britischen Exportvolumen von insgesamt 390 Milliarden GBP tragen die Engineering-Sektoren 44 Prozent bei, die größtenteils in Länder der EU geliefert werden. Dies sind einige der Erkenntnisse der Roland Berger Studie 'Engineering Brexit - British industry must fight to remain'.

"Bei einem Handelsbilanzdefizit von 34 Milliarden GBP kann Großbritannien es sich eigentlich nicht leisten, diese Einnahmen zu gefährden. 45 Prozent aller britischen Exporte gehen an Abnehmer in der EU, wogegen nur zehn Prozent der EU-Exporte nach Großbritannien geliefert werden. Die Inselnation ist damit wohl kaum in einer starken Verhandlungsposition", so Tim Longstaff, Partner bei Roland Berger in London.

Der Fokus auf Exporte im Engineering- und Verarbeitungssektor führt auch zu regionalen Ungleichgewichten: Schottland, Nordirland und der Norden Englands sind Großbritanniens einzige Nettoexporteure von Gütern. Da exportierende Unternehmen überproportional stark betroffen wären, geben die Roland Berger-Autoren zu bedenken, dass ein Brexit auch der Auslöser zum Auseinanderbrechen des Vereinigten Königreichs sein könnte.

Automobil- und Luft-/Raumfahrtindustrie am stärksten gefährdet

Ein Austritt Großbritanniens aus der EU würde einige Engineering-Sektoren empfindlicher treffen als andere. Der Roland Berger-Studie zufolge würden die Automobilindustrie und der Luft- und Raumfahrt-/Verteidigungssektor (A&D) angesichts des Zusammenspiels von Exporten, Nachfrage, Eigentumsverhältnissen und Supply Chain besonders schwer getroffen. Bis Februar 2016 wurden in Großbritannien 1,6 Millionen Kraftfahrzeuge hergestellt. Dies entspricht einer Erholung um 60 Prozent gegenüber dem Tiefststand, den die Branche 1980 erlebte und liegt nahe an den 1972 erzielten Spitzenwerten. 2015 wurden 77 Prozent aller in Großbritannien produzierten Fahrzeuge exportiert, 44 Prozent davon in die EU.

"Es hat viele Jahre gedauert, um den britischen Automobilsektor wieder zu dem aufzubauen, was er heute ist: Nämlich Teil der europäischen und internationalen Automobilindustrie, in hohem Maße abhängig von europäischen Teilelieferanten und vom Austausch qualifizierter Fachkräfte, eng verdrahtet mit Unternehmenszentralen und Konstruktionszentren auf dem europäischen Kontinent", erklärt Roland Berger-Partner Robert Thomson. Die britische A&D-Industrie ist die zweitgrößte der Welt und würde durch einen Brexit ebenfalls erheblich beeinträchtigt. "Die Zeiten, in denen Großbritannien die Entwicklung eines neuen Flugzeugs für die zivile oder militärische Luftfahrt im Alleingang finanzieren konnte, sind längst vorbei, da die A&D-Bereiche innerhalb der EU sehr eng vernetzt sind", bemerkt Thomson.

Auch wenn die Debatte um den Brexit bisher allseits Unsicherheit verbreitet hat, gewinnen die Roland Berger-Experten ihr auch Positives ab: Durch sie wurden klare Stimmen laut, die einen Kurswechsel zur verstärkten Unterstützung des Handels in der EU und anderswo fordern. Darüber hinaus würde ein Verbleib Großbritanniens in der EU die Chance bieten, die Zeit der Selbstausgrenzung in Brüssel zu beenden und in der EU eine Veränderung zugunsten des Handels herbeizuführen. Mit ähnlich proaktiver Unterstützung aus anderen Branchen könnte dieser Wandel auch eine Ausweitung des Binnenmarktes auf den Dienstleistungssektor bedeuten.

Die Studie können Sie hier herunterladen.


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vg 25.05.2016