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Stephan Seidel, Clarins: Die Branche wird unter Wert verkauft

Die Kosmetikbranche ist unter Druck. Größter Treiber der Veränderungen ist die Digitalisierung. Mit VKE-Präsident Stephan Seidel, Clarins, sprachen wir über die Verbindung von On- und Offline-Welten, die Gefahren des Preis-Dumpings und gute Kundenbindung.

MARKENARTIKEL: Der VKE-Treff steht 2018 unter dem Motto 'Get them back – Wir holen uns die Kunden zurück!'. Das klingt wie ein Schlachtruf. Sind denn so viele Kunden verloren gegangen – und was sind die Gründe dafür?
Stephan Seidel: Die Kosmetikbranche befindet sich derzeit in wirklich schwerem Fahrwasser. Der Selektivmarkt hat im Handel im vergangenen Jahr fünf Prozent an Umsatz verloren – mit Rückgängen in allen Kategorien. So etwas habe ich in meinen 35 Jahren in der Branche noch nicht erlebt. Ständig passiert etwas Unerwartetes. Es ist schwierig geworden, Entwicklungen vorherzusehen, um die Kunden dann möglichst individuell abzuholen. Vor allem, weil auch das Verhalten der Konsumenten sehr sprunghaft geworden ist. Unter anderem stellt der schnelle, kaum mehr nachvollziehbare Wechsel der Einkaufskanäle unsere Branche vor erhebliche Herausforderungen.

MARKENARTIKEL: Aber warum findet dieser Kanalwechsel statt?
Seidel: Wenn Produkte nicht verfügbar sind oder die Auswahl im Vergleich zur Konkurrenz nicht so groß ist, suchen sich Kunden Alternativen. Auch Preiserhöhungen sind ein wichtiger Auslöser für den Kaufortwechsel. Zudem mögen es die Konsumentinnen möglichst bequem. Wenn es für sie also schwierig ist, eine Parfümerie zu besuchen, weil es in ihrer Nähe keinen Laden gibt, oder wenn sie durch Online-Shopping Zeit sparen können, sind Frauen schnell zum Kanalwechsel bereit. Weitere Gründe für den Wechsel des Einkaufsortes sind schlechter Service und unfreundliches Personal im stationären Handel. Und wenn ein Unternehmen verspätet und unzuverlässig liefert, falls der Kunde zum Beispiel seinen Lieblingsduft über die Website bestellt hat, sorgt das ebenfalls für Frustration.

MARKENARTIKEL: Mit welchen Konzepten kann es denn gelingen, die Kunden wieder in die Läden zurückzuholen?  
Seidel: Es geht schon lange nicht mehr um das Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch. Online-Shopping und stationärer Handel müssen sich gegenseitig befruchten. Beim Kauf von Beauty-Produkten bewegen sich die Konsumenten ständig zwischen den Kanälen hin und her. Indem sie sich online informieren und offline probieren, kombinieren sie dabei das Beste aus beiden Welten. Um die Kunden zurückzugewinnen, müssen wir die jeweiligen Stärken der Kanäle weiter herausarbeiten und die vorhandenen Schwächen angehen.

MARKENARTIKEL: Um das genauer zu analysieren, haben Sie eine Studie zusammen mit der Mediaagentur Wavemaker aufgesetzt. Was waren die Erkenntnisse?  
Seidel: Parfümerien stehen auch weiterhin für das Besondere – für eine große Auswahl an Markenprodukten in einer modernen und edlen Atmosphäre. Sie gelten als exklusiv und sollen das besondere Kauferlebnis bieten. Hier geht die Kundin hin, wenn sie sich belohnen und etwas gönnen will. Dabei erwarten sie eine professionelle Beratung, um wirklich typgerechte Beauty-Produkte zu finden. Dann ist auch die Bereitschaft vorhanden, mehr Geld als sonst auszugeben. Drogerien sind demgegenüber eine wichtige Anlaufstelle für den Erwerb von Beauty-Produkten für den täglichen Bedarf.

MARKENARTIKEL: Und wie sieht es mit dem Online-Kanal aus?
Seidel: Online wird gerne gestöbert und verglichen. Die Mehrheit der Kundinnen schätzt die Möglichkeit, den Beauty-Einkauf komfortabel und öffnungszeitenunabhängig von zu Hause zu erledigen. Frauen werden dabei besonders durch Sonderangebote, die große Produktauswahl und verspielte Angebote wie Beauty-Boxen zum Konsum animiert. Hauptsächlich wird Online-Shopping aber genutzt, um sich mit vertrauten Schönheitsprodukten zu versorgen. Neue oder unbekannte Produkte werden hier seltener erworben, da sie nicht getestet werden können. Hinzu kommt, dass die Produktwahrnehmung im Web deutlich eingeschränkt ist, zum Beispiel mit Blick auf die Darstellung von Farben bei Make-up oder Lippenstiften. Das macht den stationären Handel weiterhin absolut unerlässlich.

Mehr dazu, warum Rabatte und aggressives Preismarketing ein Grund dafür sind, dass die Verbraucher sich vom klassischen Selektivvertrieb abgewendet haben, warum das, was weniger kostet, in den Köpfen immer weniger wert ist, wie Konzepte für das Einkaufen der Zukunft aussehen können und welche Hoffnungen die Beauty-Branche mit Tina Müller, Douglas, verbinden, lesen MARKENARTIKEL-Abonnenten in Ausgabe 7/2018, die auch als App gelesen werden kann. Weitere Informationen zum Inhalt finden Sie hier. Nicht Abonnenten finden hier die Möglichkeit zum Abo.


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vg 22.06.2018