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Handel scheitert bei der Umsetzung von Innovationen

Im internationalen Vergleich mit den USA und UK hinken deutsche Handelsunternehmen bei der Adaption von Innovationen meist drei bis fünf Jahre hinterher. So werden Innovationen erst mit großer Zeitverzögerung umgesetzt oder es kommt gar zum Scheitern. In der Praxis lassen sich dafür insbesondere hausgemachte Ursachen beobachten. Das ist das Ergebnis einer Studie der Management- und Technologieberatung BearingPoint und des IIHD Instituts.

Hausgemachte Probleme behindern Innovationen

Laut der Studie fokussieren sich deutsche Handelsunternehmen oft auf operative Exzellenz anstatt auf eine zukunftsweisende Strategie. Innovationen spiegeln sich dabei fast ausschließlich in kurzfristig angelegten Prozessoptimierungen wider, bei denen es um reine Effizienzsteigerungen geht und nicht um langfristige Entwicklungen. Innovationsportfolios hingegen werden meist nur unzureichend gemanagt. Dies kann letztlich zum Scheitern der gesamten Projektlandschaft führen, schreiben die Studienautoren. Außerdem beurteile der hiesige Handel Initiativen in vielen Fällen undifferenziert. So würden "Big Ideas" häufig nicht wahrgenommen oder als nicht relevant eingeschätzt.

"Dabei sind gerade die Denkweisen 'das betrifft uns nicht', 'unsere Kunden wollen das nicht' oder 'das haben wir noch nie gemacht' Legitimation für das bewusste Auslassen von Innovationen", so Kay Manke, Partner bei BearingPoint. "Zudem wird häufig der sukzessive Wissens- und Kompetenzaufbau vernachlässigt, was insbesondere in Zeiten stetigen Wandels die Grundlage für die Schaffung immer wieder neuer Wettbewerbsvorteile und damit von Zeitvorsprüngen darstellt. Dabei geht es vor allem um das Erkennen relevanter, meist schwacher Signale, die starken Signalen, zum Beispiel abgeleitet aus finanzbasierten Kennzahlen, typischerweise vorausgehen", fügt Professor Jörg Funder, IIHD Institut, hinzu.

Wenige, aber grundlegende Innovationen bestimmen Handelslandschaft

Ein Innovationsradar zeigt, dass die Handelslandschaft in nächster Zukunft von wenigen, jedoch grundlegenden Trends und Entwicklungen geprägt werden wird, auf die es sich einzustellen gilt, so die Autoren.

Cross-Channel-Handel mit mehreren Touchpoints als Teil einer Marke gewinnt demnach an Bedeutung. Der Fokus dieser Innovation liege bei der integrierten Datengewinnung und -konsolidierung, die den Wegbereiter einer zunehmenden Digitalisierung des Handels darstellt.

Advanced Analytics hält zudem laut Studie Einzug in den Handel. Analysemethoden bieten die Möglichkeit, wieder näher an den Kunden heranzurücken, um somit dessen Anforderungen besser verstehen und erfüllen zu können, schreiben die Autoren. Deren Einführung erfordere jedoch auch weitreichende Veränderungen der Management- und Organisationsstrukturen, der IT-Infrastruktur sowie etablierter Entscheidungsprozesse und Arbeitsabläufe.

Merchandising werde zur Wissenschaft. Vor dem Hintergrund der wachsenden Relevanz von Warenbeständen als Investment der Handelsunternehmen, steigender Risiken durch hohe Altwarenbestände und Ladenhüter und den Folgen hoher Retourenquoten, gewinne das Thema Merchandising besonders im Textilhandel an Bedeutung. Technologische und wissenschaftliche Neuerungen von Systemen und Modellen der Warenplanung und -disposition bieten laut der Untersuchung hohes Optimierungspotenzial.

Mobile Commerce stärkt die Bedeutung der Filiale als zentralen Touchpoint, heißt es in der Studie. Insbesondere das Smartphone spiele dabei eine wichtige Rolle. Es verbinde beide Welten miteinander (z.B. durch QR-Codes oder Near Field Communication) und steigere so das Kundenerlebnis. Gleichzeitig werde die Filiale zum dezentralen Warenlager und Distributionszentrum, in dem der Kunde online bestellte Ware abholen kann. So werde ein wesentlicher Vorteil der Filiale ausgespielt - der direkte Erhalt der Ware.

Geschwindigkeit wird laut Studie zum neuen Paradigma. Die Halbwertszeit von Innovationen und Wettbewerbsvorteilen nimmt ständig ab. Schnelligkeit wird zur Grundlage der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, schreiben die Autoren. So forciere z. B. der Kundenwunsch nach sofortigem Erhalt der Ware die fortwährende Optimierung der Lieferzeiten im Online-Handel. Mit Anticipatory Shipping arbeite zum Beispiel Amazon an einer innovativen Idee, Ware bereits zu versenden, bevor der Kunde diese tatsächlich bestellt hat.

"Vieles von dem, was heute noch nach Science Fiction klingt, wird schon bald zur Realität. Bei der Adaption dieser Neuerungen werden sich zur Innovation bereite Händler schnell von ihren Konkurrenten absetzen", prognostiziert Funder. "Dabei wird sich ein neues Bild des deutschen Handels ergeben: Die Kluft zwischen innovationsfähigen Handelsunternehmen, die ihren Wettbewerbern einen Schritt voraus sind, und altbewährten Händlern, die sich im Kampf um immer niedrigere Margen rein auf Effizienzsteigerungen und Prozessoptimierungen konzentrieren, wird in der Folge immer größer - die Chance, vor allem für letztere, im Wettbewerb langfristig zu bestehen, hingegen immer geringer", ergänzt Manke.

Die vollständige Studie finden Sie hier zum Download.


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vg 11.03.2015