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"In Krisenzeiten können Marken zu wichtigen Vertrauenspartnern werden"


Caroline Pastor ist Inhaberin der Kernform Markenberatung (Foto: Malene Pastor)

Die Corona-Krise bringt derzeit für Unternehmen zahlreiche Herausforderungen. Eine der großen Fragen ist: Welche Budgets kann man jetzt kurzfristig einsparen? Mit Caroline Pastor, Inhaberin der Kernform Markenberatung in Sachsenkam, sprach markenartikel-magazin.de darüber, warum gerade jetzt eine klare Haltung wichtig ist, und wieso Unternehmen ihre Visionen kritisch betrachten, ihre Haltung auf allen Kanälen klar kommunizieren, Werbeinhalte anpassen und Werte authentisch vermitteln und leben müssen.

markenartikel: Sie sagen, dass es wichtig ist, dass Marken auch in der derzeitigen Krise ihre Marketingbudgets nicht streichen sollten. Wieso ist das wichtig?

Caroline Pastor: Es ist wie an der Börse im Moment: Wer jetzt Aktien verkauft bzw. Budgets streicht, verliert immens. Durchhaltevermögen ist angesagt. Erstens streut die Konkurrenz weiter ihre Anzeigen und ist überall zu sehen. Zweitens müssen die Firmen jetzt in die Marke, die Werte und die Haltung, investieren. Die Welt hat sich mit dem Virus verändert und wird auch danach nicht mehr dieselbe sein. Die Unternehmen müssen sich jetzt Gedanken zu ihren Werten machen, zu ihrer Vision und Mission und diese hinterfragen. Manche Unternehmensgrundsätze werden nicht mehr dieselben sein wie vor der Krise. Es findet gerade ein Wertewandel in der Gesellschaft statt und Unternehmen müssen hier mitziehen.

markenartikel: Was bedeutet das konkret?

Pastor: Wer sich jetzt nicht Menschlichkeit auf die Fahne schreibt, der erlangt einen hohen Vertrauensverlust bei den Kunden. Es gibt einige Marken, die mit gutem Beispiel vorangehen: So nähen die Mitarbeiter von H&M Schutzkleidung und die der Unterwäschemarke Mey Schutzmasken aus BH-Materialien. Der Autobauer Fiat Chrysler und das Modeunternehmen Prada fertigen ebenfalls Schutzartikel. Destillerien wie Pernod Ricard oder Jägermeister spenden Hochprozentiges, um es Krankenhäuser für Desinfektionsmittel bereitzustellen. VW hat unlängst 200.000 Atemmasken für Mitarbeiter im Gesundheitswesen gespendet. Gerade die Automobilhersteller wie auch Audi oder BMW profitieren durch ihr solidarisches Verhalten.

markenartikel: Die Corona-Krise als Chance für einen positiven Imagewandel?

Pastor: Der aktuelle Monitor von Havas Medien zeigt auf, dass Konsumenten es als äußert positiv bewerten, wenn Werbeinhalte an die derzeitige Situation angepasst werden. Es ist nun wichtiger denn je, den Kunden zu zeigen, dass die Marke Sorgen und Ängste versteht und achtsam kommuniziert. In Krisenzeiten können Marken zu wichtigen Vertrauenspartnern von Verbrauchern werden.

markenartikel: Was können Marken denn in Zeiten der Corona-Krise noch tun, um das Vertrauen von Mitarbeitenden und Kunden halten?

Pastor: Kommunikation mit den Mitarbeitern und Kunden ist das A und O. Es gilt, Verständnis für die Probleme von Konsumenten aufzuzeigen und mit kreativen Lösungen auf möglichst vielen Kundenkanälen Präsenz zeigen - sei es auf Instagram, der Website oder TikTok. Je nach Zielgruppe müssen die Unternehmen Inhalte bereitstellen, die in Krisenzeiten die Kunden bewegen und den Dialog mit den Verbrauchern suchen. Nicht das Produkt oder die Leistung steht jetzt im Vordergrund, sondern die Marke sollte für ihre Kunden da sein und zum Beispiel Tipps zu Homeschooling, Gesundheit oder Fitness geben.

markenartikel: Und mit Blick auf die Mitarbeiter?

Pastor: Für den Dialog mit Mitarbeitern bedeutet das, lieber eine Videokonferenz zu viel mit dem Team. Manche Firmen bieten sogar einen extra Kaffeepausen-Videocall an. Chefs können dazu aufrufen und Mitarbeiter mobilisieren, wie jeder einzelne dazu beitragen kann, andere Menschen zu unterstützen und zu helfen. Ein Wir-Gefühl entsteht, das in Quarantänezeiten zusammenschweißt und die Bindung an ein Team und an die Marke wachsen lässt.

markenartikel: Wie gelingt es, über die Kommunikation die Leistungen der Marke in diesen Zeiten richtig darzustellen? Welche Schritte sind notwendig?

Pastor: Die Marke muss nun klare Kante zeigen. Vision, Mission und Werte müssen hinterfragt werden. Innovativ und kundenorientiert zu sein, reicht schon lange nicht mehr. Menschlichkeit und Fairness sollten nun als oberste Prämisse der Werteskala gelten. Eine Vision wie 'To create a better everyday life for many people' von Ikea klingt sehr generisch. Eine Vision muss wie ein Fixstern sein, der klare Richtung vorgibt und Vertrauen schafft. Vaudes Vision lautet 'Engagiert für (d)eine lebenswerte Welt'. Lebenswert ist hier ein Schlüsselwort und kann in der Umsetzung viele neue Produkte nach sich ziehen, die nachhaltig zu einer lebenswerten Umwelt beitragen.

markenartikel: Haben Sie noch mehr positive Beispiel?

Pastor: Bei der Marke Canon heißt es: 'Canon’s Vision is Kyosei. Kyosei, a Japanese idea, means conveying dedication to seeing all people, regardless of culture, customs, language or race, harmoniously living and working together in happiness into the future.'. Hier geht es in keinem Wort um Technologie, sondern um ein glückliches Zusammenleben unterschiedlicher Menschen. Eine klare Haltung, die überzeugt. Unternehmen sollten schleunigst ihre Visionen kritisch betrachten, ihre Haltung auf allen Kanälen klar kommunizieren, Werbeinhalte anpassen und Werte wie menschlich, ehrlich, fair oder nahbar auch authentisch vermitteln und leben. Ein schönes Beispiel ist der Spot von der Supermarktkette Edeka. Hier menschelt es gewaltig. Allen Mitarbeitern und Partnern wird Danke gesagt für großes Engagement in Krisenzeiten. Und allen Kunden wird Zuversicht vermittelt: "Gemeinsam packen wir das. Wir und jetzt für alle.".

markenartikel: Welche Auswirkungen wird die derzeitige Krise auf das Vertrauen in Marken haben?

Pastor: Das Vertrauen in einige Marken wird schwinden und andere Marken werden durch die Krise an Vertrauen gewinnen. Die Unternehmen, deren Kommunikation jetzt stillsteht, die sich nicht für andere engagieren oder nur für das Überleben ihres eigenen Unternehmens kämpfen, die werden es nach der Krise nicht leicht haben. Da ist es schwer, Vertrauen zu einer Marke weiter zu behalten, wenn sich die Marke jetzt nicht solidarisch zeigt. Das Image ist verspielt. Für das Employer Branding wie auch für Kunden.

markenartikel: Und stattdessen?

Pastor: Hingegen werden Firmen, die jetzt Haltung zeigen, deren Herzblut und Vision zu lesen und durch soziale Aktionen zu spüren ist, die optimistisch in die Zukunft blicken, weil sie die Welt weiterhin lebenswert und nachhaltig gestalten wollen, bei den Verbrauchern großes Vertrauen und Aufmerksamkeit erhalten. Denn auf diese Marken kann man - sogar in Krisenzeiten - zählen.

markenartikel: Und wieso darf Ihrer Meinung nach soziales Engagement als Markenwert zukünftig nicht fehlen?

Pastor: Solidarität und soziales Engagement sollten nun alle Firmen zeigen. Sonst werden ihnen das Konsumenten nach der Krise übel nehmen. Und sie werden die Marken der Konkurrenz vorziehen, die sich währenddessen sozial engagiert haben. Das ist auch für die kommenden Generationen wichtig.
Wenn die Schüler der Fridays-for-Future-Bewegung in fünf bis zehn Jahren Jobs suchen, werden sie als erstes nach dem sozialen und ökologischen Fußabdruck der Firmen fragen. Unternehmen sollten jetzt ihre CSR-Budgets aufstocken, um sich langfristig zu engagieren. Es wird nicht mehr ausreichen, eine Kinderkrippe zu betreiben oder Ferienbetreuung anzubieten. Unternehmen müssen ihre Markenwerte für die nächste Generation anpassen. Mit einem sinnstiftendem Beitrag für eine lebenswerte und soziale Welt. Die Werte von Jägermeister zum Beispiel lauten begeisternd, weltoffen, innovativ, respektvoll und qualitätsvoll. Das haben sie mit ihrer Spendenaktion mehr als bewiesen.



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vg 07.04.2020