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Marken in Zeiten der Digitalisierung: Zwischen Beständigkeit und Wandel

G·E·M-Präsident Jens Lönneker (Foto: Simon Detel )
G·E·M-Präsident Jens Lönneker (Foto: Simon Detel )

'Transformation und Marke: Die Marke ist tot – es lebe die Marke!' – der G·E·M Markendialog in Berlin beschäftigte sich mit der Frage, inwieweit die Markenführung aufgrund der sich immer mehr veränderten Rahmenbedingungen neu gedacht werden muss. Dazu präsentierten Prof. Dr. Carsten Baumgarth und Prof. Dr. Dirk-Mario Boltz von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin ein neues Brand Manifesto mit elf Paragraphen, die sich damit beschäftigen, was für die Zukunft der Markenführung von Bedeutung ist.

Prof. Dr. Dirk-Mario Boltz und Prof. Dr. Carsten Baumgarth (beide Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin) - (Foto: Simon Detel)

Die provokanten Formulierungen der Thesen, zum Beispiel dazu, dass die 'Mitmachmarke' wichtiger wird als Markeneigentum oder dass Markenethik und Authentizität vor Profitmaximierung kommt, sorgten für Diskussion. So sagte etwas Markus Jahnke, Marketingleiter der Fit GmbH und Teilnehmer der Tagung: "Ich denke, dass es nichts bringt, alle Grundsätze über Bord zu werfen. Eine Marke muss stringent auftreten und ist kein demokratisches System, wo alle mitreden können. Sie braucht eine zentrale Steuerung. Neu ist aber, dass diese zentrale Steuerung viel offener für neue Einflüsse und experimentierfreudiger sein sollte als früher, um modern und interessant zu bleiben."

Auch Julian Nikolai Schaefer, Product Manager Dog bei Vitakraft und Teilnehmer des G·E·M Markendialogs, betonte, dass etablierte Regeln der Markenführung nicht über Nacht außer Kraft gesetzt werden. Es gelte aber, vertraute Handlungsweisen vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen Veränderungen neu zu diskutieren und diese – wenn es angebracht ist – aufzubrechen. So setze beispielsweise §1 des Brand Manifestos 'Mitmachmarke wichtiger als Markeneigentum' einen wertvollen Impuls. "Als Markenmacher müssen wir uns immer wieder neu bewusst machen: Eine Marke ist nicht das, was wir uns ausdenken und in unseren Brand Keys verschriftlicht haben, sondern sie ist ein Gefühl des Verbrauchers", so Schaefer. "Anstatt bei einer Marktforschung hinter dem Einwegspiegel zu sitzen und zu denken, der Konsument versteht meine Marke nicht, sollten wir uns lieber fragen, wie wir das Markenbild der Verbraucher aufgreifen, besser leben und sinnvoll weiterentwickeln können."

Etablierten Regeln neu denken

Das Thema Weiterentwicklung war für Prof. Dr. Christiane Beyerhaus, Studiengangsleiterin B.A. Global Brand & Fashion Management an der ISM und ebenfalls Teilnehmern des G·E·M Markendialogs, zentral: "Etablierte Modelle und Regeln müssen neu gedacht werden. Digitalisierung, Sharing Economy und ethische Aspekte spielen zunehmend eine Rolle, aber auch die datengetriebene Markenführung und Instrumente der künstlichen Intelligenz. Bleiben werden die sogenannten Codes der Markenführung wie Herkunft, Qualität, Handwerk, Preis-Leistungsverhältnis und Image." Für Beyerhaus ist deshalb klar, dass die neuen Regeln nicht einfach nur aufgesetzt werden dürfen, sondern dass Marken die grundlegenden Veränderungen der Konsumentenbedürfnisse in ihre strategischen Überlegungen miteinbeziehen müssen.

Das bestätigt Tagungsteilnehmer Thomas Schiefer, Geschäftsführer Innomark GmbH: "Die DNA einer Marke, die aufgebauten Werte und das dadurch entstandene Markenvertrauen bleiben." Die grundlegenden und etablierten Modelle und Wege der Markenarbeit müssten aber verändert betrachtet und gegebenenfalls neu ausgelegt werden. Der Grund? "Die Aktions- und Reaktionsgeschwindigkeit, die Skalierbarkeit von Markenerlebnissen und das viel weitreichendere und unmittelbare Kundenfeedback haben die Markenarbeit verändert", erklärte er. "Konsistenz, Authentizität und Werte-basierte Stringenz haben eine noch höhere Bedeutung und gewinnen neben der faktischen Produkt- und Dienstleistungsqualität, der Verfügbarkeit und dem je nach Marktsegment immer bedeutsamer werdenden Markenerlebnis an Relevanz."

Chancen und Risiken der Plattform-Ökonomie

Prof. Dr. Werner Reinartz von der Universität zu Köln (Foto: Simon Detel)

Ein weiteres Thema, das Marken mit Blick auf ihre Zukunft umtreibt, ist die Entstehung von Plattformmarken. Prof. Dr. Werner Reinartz, Professor für Marketing an der Universität zu Köln, betonte in seinem Vortrag, dass Plattformen bestehende Business-Modelle verändern, da sie Nachfrager und Anbieter in einer vorher nie dagewesenen Geschwindigkeit zusammenbringen und den Kunden echte Mehrwert bringen würden. "Die Digitalisierung beschleunigt die Plattformisierung", betonte der Professor. Das habe Auswirkungen auf das Konsumentenverhalten. Marken müssten darauf reagieren. "Der Kampf um die Kundenschnittstelle ist voll entbrannt", so Reinartz. Es gelte, Plattformen richtig zu verstehen und Handlungsoptionen auszuloten.

Katharina Rubbert-Störmer, Targobank (Foto: Simon Detel)

Ein Unternehmen, das bereits stark von der Entwicklung betroffen ist, ist die Targobank. Katharina Rubbert-Störmer, Head of Brand Management & Marketing Communications, sprach in ihrem Vortrag über die Markenführung in Kooperation und Wettbewerb mit Plattformmarken. "Kredit-Vergleichs-Plattformen sind im Verhaltensrepertoire der Konsumenten gelandet. Das Gefühl neutraler Beratung sowie die geminderte Angst vor Kreditabsagen treiben die Verbraucher zu Vergleichsportalen", sagte sie. Diese würden damit emotionale und rationale Wünsche gleichermaßen erfüllen. Daher ist die Sichtbarkeit der Marke besonders wichtig. Das zentrale Asset der Targobank im Wettstreit um die Gunst der Kunden bleibt für sie die physische Präsenz mir Filialen vor Ort.

Dr. Ottmar Franzen, Geschäftsführer der Konzept & Markt GmbH, lobte: "Marke ist nicht tot, aber sie muss sich ständig veränderten Umfeldbedingungen anpassen. Die Targobank ist diesbezüglich ein hervorragendes Beispiel. Das Internet verändert den Blick auf die Marke und macht eindeutige Markencodes noch wichtiger." Markendialogteilnehmer Markus Jahnke, Marketingleiter Fit GmbH, sieht dabei in den Vergleichsplattformen durchaus vielversprechende Geschäftsmodelle, die mit ihrem Auftritt den Nerv der Zeit treffen. "Das ist sowohl aus einer wirtschaftlichen als auch aus einer kommunikativen Perspektive sehr interessant. Da schaffen es riesige, aggressive Player, sich als sympathische Kundenanwälte zu positionieren. Das ist beachtenswert." Auch deshalb wird die Dominanz von Portalen noch zunehmen, ist Schiefer überzeugt. Es gelte, über intelligente Kooperationen und klar profilierte Markenauftritte den Weg mitzugehen. "Eine Konfrontation dürfte nur in einer geringen Anzahl von Fällen erfolgsversprechend und wirtschaftlich nachhaltig gangbar sein."

Balance zwischen Beständigkeit und Relevanz

Prof. Michael Beverland von der University of Sussex (Foto: Simon Detel)

Um die Beziehung zwischen Marke und Konsument ging es im Vortrag von Prof. Michael Beverland, Professor für Marketing an der University of Sussex. Er beschäftigte sich mit dem Thema 'Co-Creating Meaningful Brands' und der Frage, wie man die Kreativität der Verbraucher bei der Schaffung von Markenbedeutung (Brand Meaning) nutzen kann. Wichtig seien Authentizität und die richtige Balance zwischen Beständigkeit und Relevanz, sagte er. Sonst drohe die Gefahr, den Konsumenten zu verwirren und Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Beyerhaus bestätigte: "Klassische Markentheorien und Modelle haben nur noch eine eingeschränkte Berechtigung. Interaktion mit dem Kunden, Agilität und Authentizität treten in den Vordergrund. Authenticity wird durch Storytelling, Purpose und Conformity in der Markenführung erreicht." Allerdings sei das Thema Authentizität bei einer Marke immer paradox. Darauf verwies Tagungsteilnehmer Schaefer: "Eine Marke soll authentisch und echt sein, dabei ist sie immer konstruiert. Für den Verbraucher sollen sich Marken wie Kulturgüter anfühlen, obwohl Marken immer einen kommerziellen Hintergrund haben."

China: Innovation und Geschwindigkeit

Was wir von 'Digital China' lernen können, war das Thema von Björn Ognibeni, Mitbegründer von ChinaBriefs.io. Er machte die Unterschiede im Denken deutlich, die zwischen den Ländern bestehen. So fehle hierzulande der spielerische Umgang mit dem Thema Innovation. Zudem sei man in China viel offener dafür, neu und groß zu denken, während in Deutschland eher Bestehendes im Kleinen optimiert werde. "In China gibt es Neugierde und den Willen zum Lernen. Bei uns herrscht eher Desinteresse und des Gefühl, schon alles zu wissen", so der Berater.

Björn Ognibeni von ChinaBriefs.io (Foto: Simon Detel)

Ethik: Der Konsument als schizophrenes Wesen

Wie wichtig es ist, neu zu denken und auch einmal über den Tellerrand zu blicken, zeigte der Vortrag von Pater Dr. Dr. Justinus Pech. Er beschäftigte sich mit der Frage, wie viel Ethik die Marke braucht und was heute ein Bezugspunkt für Marken sein kann. "Unternehmen müssen sich immer fragen, was der Konsument auch mittragen würde", betonte er.

Pater Dr. Dr. Justinus Pech (Foto: Simon Detel)

Dass das gar nicht so leicht ist, war das Fazit von G·E·M-Geschäftsführer Jens Lönneker. Der Psychologe ist Geschäftsführer des Rheingold Salons und spürt in seinen Umfragen eine zunehmende Unruhe in der Bevölkerung. Die Frage nach Ethik und Moral sieht er als wichtiges Thema, mit dem sich Unternehmen beschäftigen müssen. "Deshalb sehen wir derzeit einen Hype rund um das Buzzword Purpose. Es geht um die Suche nach einer neuen Form des Sinns. Das Handeln soll mit Sinnhaftigkeit ausgestattet werden. Der Konsument ist aber ein schizophrenes Wesen. 51 Prozent der Menschen, die im Discount Fleisch kaufen, sind beispielsweise gegen Massentierhaltung. Für das Marketing ist das keine leichte Aufgabe. Die Verbraucher wissen zwar, dass ihr Handeln widersprüchlich ist. Sie wollen aber, dass die Unternehmen dieses Problem für sie lösen. Diese sollen zum Beispiel ethisch produziertes Fleisch anbieten, aber zu günstigen Preisen. Marken müssen Antworten auf die Widersprüchlichkeiten finden. Kreative Lösungen sind gefragt."

Auch wenn die Aufgaben für die Markenführung also nicht weniger werden, sehen die Teilnehmer der Konferenz der Zukunft entspannt entgegen. "Ethik ist immens wichtig, damit eine Marke glaubwürdig bleibt", so etwa Franzen. "Hierzu ist mir immer wieder der Prozess der natürlichen Markenbildung nach Domizlaff in den Kopf gekommen. Marken, die nach ethischen Prinzipien wirtschaften, werden automatisch Erfolg haben. Sie müssen dabei klar kommunizieren, mit welchen Maßnahmen sie ihre ethischen Grundsätze umsetzen beziehungsweise verwirklichen."

Prof. Dr. Martin Viessmann und Maximilian Viessmann erhalten 'G·E·M Award'

Prof. Dr. Martin Viessmann und Maximilian Viessmann, die dritte und vierte Generation des Familienunternehmens Viessmann mit Sitz in Allendorf an der Eder, erhielten am Vorabend des G·E·M Markendialogs den 'G·E·M Award 2020'.



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(vg) 15.05.2020



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vg 15.05.2020