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Prof. Dr. Armin Falk leitet das Institut für Verhaltensökonomik und Ungleichheit (briq) und ist Direktor des Labors für Experimentelle Wirtschaftsforschung sowie Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn -Quelle: J Henry Fair

Prof. Dr. Armin Falk leitet das Institut für Verhaltensökonomik und Ungleichheit (briq) und ist Direktor des Labors für Experimentelle Wirtschaftsforschung sowie Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Bonn -Quelle: J Henry Fair

Verhaltensökonomik

Verhaltensökonom Armin Falk über Vertrauenkultur, Moral und Führungsqualität

Prof. Dr. Armin Falk, Leiter des Instituts für Verhaltensökonomik und Ungleichheit (briq), über Führung im New Normal, die fatalen Folgen der Diffusion von Verantwortung und die Frage, was passiert, wenn einer Künstlichen Intelligenz moralische Entscheidungen übertragen werden.

markenartikel: Weitermachen wie bisher ist für viele Unternehmen keine Option. Wie muss sich Unternehmertum verändern, um im New Normal zu bestehen – zum Beispiel mit Blick auf Unternehmenskultur und Führungsverhalten?

Falk: Nur Unternehmen und Organisationen, denen es gelingt, eine hohe Kooperationsbereitschaft der Belegschaft zu erzeugen und aufrechtzuerhalten, sind auf Dauer erfolgreich. Die verhaltensökonomische Forschung zeigt, dass Vertrauen eine essenzielle Vorleistung ist, damit Kooperation entstehen kann. Denn Reziprozität ist ein wichtiger Treiber menschlichen Verhaltens. Für das Arbeitsverhältnis bedeutet das: Vertrauen wird mit höherer Leistungsbereitschaft »belohnt«, Misstrauen entsprechend »bestraft«. Trotzdem galt in vielen Unternehmen lange Zeit die Devise: »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.« Als dann in der Corona-Pandemie die Homeoffice-Pflicht kam, stellten viele Skeptiker verwundert fest: Lässt man Menschen flexibler und selbstbestimmter arbeiten, legen sie nicht etwa die Füße hoch, sondern sind häufig sogar motivierter und produktiver als mit Präsenzpflicht und detaillierter Leistungskontrolle. Zugleich hat die Pandemie aber auch gezeigt, wie wichtig die persönliche Interaktion ist, sowohl für das Wohlbefinden der Menschen als auch für die Effektivität von Teamarbeit.

markenartikel: Und das bedeutet?

Falk: Führungsqualität wird daher in Zukunft mehr denn je bedeuten, bei der Gestaltung von Arbeits- und Kommunikationsprozessen die bestmögliche Balance zwischen individuellen Bedürfnissen und Unternehmensinteressen zu finden. Damit mehr räumliche und zeitliche Flexibilität zum Win-win für beide Seiten wird, muss allerdings eine wichtige Voraussetzung erfüllt sein: Die neu gewonnene Autonomie muss als Teil einer Vertrauenskultur im Unternehmen wahrgenommen werden und nicht als Maßnahme zur Kostensenkung, etwa um Bürofläche einzusparen oder Kosten auf die Beschäftigten abzuwälzen.

markenartikel: In Ihrem aktuellen Buch gehen Sie der Frage nach, wieso es so schwer ist, ein guter Mensch zu sein. Warum gerät die Moral auch in Unternehmen oftmals unter die Räder?

Falk: Ein wichtiges Motiv für moralisches Verhalten ist die Frage, inwieweit der Handelnde »pivotal« ist, also für den Fortgang der Dinge ausschlaggebend. Kollektive Entscheidungen in Gruppen, bei denen die Verantwortung diffus wird, bergen daher eine große Gefahr für die Moral. Das zeigt ein Experiment, in dem wir Probanden vor die Wahl stellten, einen Geldbetrag zu erhalten oder das Leben einer Labormaus zu retten. Wenn sie in Gruppen entscheiden sollten, also nicht allein für das Ergebnis verantwortlich waren, wählten deutlich mehr Menschen die »unmoralische« Variante und nahmen für ihren persönlichen Vorteil den Tod der Maus in Kauf. Eigennütziges Verhalten fällt umso leichter, je eher man davon ausgeht, dass andere Gruppenmitglieder sich ebenfalls nicht prosozial verhalten werden. Mit der Größe der Gruppe steigt daher die Wahrscheinlichkeit unmoralischer Ergebnisse.

Wieso der Dieselskandal dafür ein Paradebeispiel ist, warum klare Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten für Entscheidungsprozesse wichtig sind und inwiefern Digitalisierung und Künstliche Intelligenz neue ethische Fragen aufwerfen, lesen Sie im vollständigen Interview in markenartikel 1-2/2023. Zur Heftbestellung geht es hier.

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vg 09.02.2023