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Bessere Kennzeichnung für nachhaltige Produkte gewünscht, aber weniger Siegelflut

Die Lage der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland ist im Grundsatz gut – bei genauerem Blick auf verschiedene Konsumbereiche zeigen sich aber auch Herausforderungen. So wünschen etwa 31 Prozent der Konsumenten eine bessere Kennzeichnung nachhaltiger Produkte, gleichzeitig sind viele von der Gütesiegel-Flut im Lebensmittelbereich überfordert. Das zeigt ein Gutachten des Sachverständigenrats für Verbraucherfragen (SVRV), Berlin, das am 20. April 2021 an die Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht übergeben wurde. Für sein Gutachten hat der SVRV die Lage der Verbraucherinnen und Verbraucher in den Bereichen Wohnen, Mobilität und Ernährung sowie mit Blick auf die Themen nachhaltiger Konsum und Digitalisierung empirisch analysiert und insgesamt 40 Handlungsempfehlungen formuliert.

"Auch wenn die Lage der Verbraucherinnen und Verbraucher insgesamt gut ist, gibt es verbraucherpolitischen Handlungsbedarf. So sollte die Verbraucherpolitik dafür sorgen, dass Verbraucherinformationen verstanden und wirklich genutzt werden. Sie sollte daran arbeiten, nachhaltigen Konsum zu erleichtern sowie die digitalen Verbraucherkompetenzen zu verbessern", so Professor Peter Kenning, Vorsitzender des SVRV. "Wir empfehlen der Verbraucherpolitik, innovative Instrumente und integrierte Regelungskonzepte zu entwickeln, um sich systematisch mit anderen Politikfeldern zu verzahnen. Eine moderne Verbraucherpolitik sollte sich nicht auf den Verbraucherschutz beschränken. Und nicht zuletzt empfehlen wir, unabhängige Einrichtungen zu schaffen, die schwerpunktmäßig und kontinuierlich Verbraucherforschung betreiben. Denn nur dadurch würde eine evidenzbasierte und lernende Verbraucherpolitik ermöglicht."

Ergebnisse des Gutachtens in den einzelnen Themenfeldern

Die für Verbraucherinnen und Verbraucher wichtigsten Herausforderungen im Bereich Ernährung betreffen die Inhaltsstoffe von Lebensmitteln sowie die Nährwertkennzeichnung; die Vielzahl an Gütesiegeln und Labels; die Regionalität und Herkunft von Lebensmitteln sowie die Kosten der Ernährung. Der SVRV sieht deshalb Handlungsbedarf im Bereich der Verbraucherinformation (insbesondere Regulierung der unüberschaubaren Labelflut), der Verbraucherbildung (die stärker in Kindertagesstätten und Schulen etabliert werden müsse) und der Lebensmittelkontrollen.

Die zum Bereich Wohnen durchgeführten Analysen zeigen unter anderem, dass die Wohnzufriedenheit in Deutschland auch während der Covid-19-Pandemie insgesamt hoch geblieben ist. 'Gut Wohnen' assoziiert gut ein Drittel der Verbraucherinnen und Verbraucher zuallererst mit Ruhe und Bezahlbarkeit. Aktuell empfinden dabei 18 Prozent ihre Wohnkosten als unangemessen.

Zu den aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher dringlichsten Herausforderungen im Bereich Mobilität gehören der schwierige Zugang zu öffentlichen Verkehrssystemen, ungünstige Taktungen und Fahrzeiten sowie mangelnde Zuverlässigkeit. Mit Blick auf den Individualverkehr beklagen Verbraucherinnen und Verbraucher die mangelnde Sicherheit beim Fahrradfahren sowie die Kosten für Unterhalt und Gebrauch eines Autos.

Verständliche Nachhaltigkeitskennzeichnungen verunsichern Verbraucher

Die empirischen Analysen des SVRV zeigen, dass ein Bewusstsein für nachhaltiges Konsumieren zwar grundsätzlich in der Gesellschaft verankert ist. Mehr als 70 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher finden es aber eher schwierig, Informationen darüber zu finden, ob ein Produkt nachhaltig ist und eine Mehrheit findet die derzeit verfügbaren Informationen oft schwer einschätzbar. Entsprechend ist das Fehlen verständlicher Nachhaltigkeitskennzeichnungen für 31 Prozent auch der häufigste Hinderungsgrund für nachhaltiges Konsumieren.

Unsicherheit im digitalen Raum

Die mit der Covid-19-Pandemie verbundenen Einschränkungen haben die Digitalisierung des Konsums weiter vorangetrieben. Das sichere und selbstbestimmte Handeln auf digitalen Märkten erfordert aber eine Reihe spezifischer Kompetenzen. Die empirischen Analysen des SVRV zeigen unter anderem, dass diese in Deutschland derzeit lückenhaft sind: So wissen beispielsweise nur ca. 25 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher sicher über ihr Rückgaberecht bei Online-Käufen Bescheid.

Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht: "Der Sachverständigenrat spricht nicht nur über Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern er hat vor allem mit ihnen gesprochen und so aus ersten Hand erfahren, wo der Schuh drückt. Auf der Grundlage empirischer Daten zu zentralen Bereichen aus dem Verbraucheralltag liefert das Gutachten harte Fakten. Diese sind für unser verbraucherpolitisches Handeln ein wichtiger Kompass. Wir werden nun prüfen, welche Ideen und Empfehlungen aus dem Gutachten wir verfolgen werden - auch mit Blick auf die nächste Legislaturperiode."



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vg 21.04.2021