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Corona: Kurzarbeit vor allem in Automobilbranche und Tourismus

Corona-bedingt ist in Deutschland die Zahl der in Kurzarbeit tätigen Personen stark gestiegen. Im bundesweiten Durchschnitt war im April für gut 31 Prozent der Beschäftigten Kurzarbeit angezeigt. Dabei gibt es sehr große regionale Unterschiede: Während die Betriebe in Emden (56 Prozent) und Wolfsburg (52,2 Prozent) für die Mehrheit der Beschäftigten Kurzarbeit angezeigt haben, weisen Ludwigshafen (11,6 Prozent), Leverkusen (16,2 Prozent) und Mainz (16,4 Prozent) die niedrigsten Quoten angezeigter Kurzarbeit in Deutschland auf. Zu diesen Ergebnissen kommt eine neue Untersuchung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung.
Die WSI-Experten Dr. Eric Seils und Dr. Helge Emmler haben für ihre Studie die neuesten verfügbaren Arbeitsmarkt-Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) ausgewertet.

Automobilbranche und Tourismus besonders stark betroffen

Die Unterschiede lassen sich durch spezifische regionale Beschäftigungsstrukturen erklären. Kurzarbeit wird in hohem Maße in Regionen genutzt, in denen die Metall- und Elektroindustrie verbreitet ist - insbesondere Standorte mit starker Automobilwirtschaft wiesen hohe Quoten auf.

Aufgrund der besonderen Eigenheiten der Corona-Krise sind, anders als beispielsweise in der Finanzkrise 2008/2009, auch anders strukturierte Regionen stark betroffen. So ist auch in Tourismusregionen wie dem Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald (41,4 Prozent), dem Oberallgäu (40,4 Prozent) und Garmisch-Partenkirchen (35,1 Prozent) nach den neuesten vorliegenden Daten im März/April für einen erheblichen Anteil der Beschäftigten Kurzarbeit angezeigt worden. An der Nord- und Ostseeküste trifft dies unter anderem auf Wittmund (35,6 Prozent), Ostholstein (34,7 Prozent) und Vorpommern-Rügen (35,5 Prozent) zu.

Pharmazeutische und chemische Industrie weniger betroffen

Dass in Leverkusen und Ludwighafen im März und April vergleichsweise wenig Kurzarbeit angemeldet wurde, beruht dagegen nach Analyse der Forscher wesentlich auf der großen Bedeutung der pharmazeutischen und chemischen Industrie, die von der Corona-Krise weniger betroffen ist als etwa der Automobilbau. Mainz weist überdurchschnittliche Beschäftigungsanteile bei Rundfunkveranstaltern, Finanzdienstleistern, der öffentlichen Verwaltung und im Gesundheitswesen auf, was den relativ geringen Anteil an angezeigter Kurzarbeit in der Stadt erklärt.

Zahl der Arbeitslosen im Osten besonders stark gestiegen

Trotz des massenhaften Einsatzes der Kurzarbeit ist allerdings auch die Arbeitslosigkeit gestiegen – insgesamt noch relativ moderat, aber ebenfalls mit beachtlichen regionalen Unterschieden. Die Wissenschaftler haben auch den Corona-bedingten Anstieg der Arbeitslosenquote auf Ebene der Städte und Kreise berechnet. Generell sind die Anstiege im Osten Deutschlands auffällig hoch, während sie im Süden meist niedrig ausfallen.

Besonders starke Corona-bedingte Anstiege der Arbeitslosenquote haben dabei die Tourismusregionen Vorpommern-Rügen (3,2 Prozentpunkte) und Wittmund (2,6 Prozentpunkte) zu verkraften. Aber auch in Berlin (2,5 Prozentpunkte), Garmisch-Partenkirchen (2,4 Prozentpunkte), dem Berchtesgadener Land und in Wilhelmshaven (beide 2,3 Prozentpunkte) ist die Arbeitslosenquote Corona-bedingt deutlich angestiegen, während es im Bundesmittel 1,3 Prozentpunkte waren. Im Vogelsbergkreis (0,3 Prozentpunkte), Tirschenreuth (0,4 Prozentpunkte) sowie Erlangen-Höchstadt, Neumarkt i.d.Opf. und Neustadt a.d. Waldnaab erscheint die Zunahme um 0,5 Prozentpunkte hingegen im Deutschland-Vergleich sehr moderat.

Zur Studie geht es hier.

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    vg 29.06.2020