ANZEIGE

ANZEIGE

Pater Justinus Pech über Moral und Wirtschaft

Pater Dr. Dr. Justinus Pech (Foto: J. Pech)
Pater Dr. Dr. Justinus Pech (Foto: J. Pech)

Die Corona-Krise verändert das Wirtschaftsleben. Führungskräften kommt mehr denn je eine entscheidende Rolle zu, um Wege für das 'New Normal' aufzuzeigen. Mit Pater Dr. Dr. Justinus Pech sprachen wir über Führungskräfte, die ein Vorbild sein sollten, die Entwicklung neuer Geschäftsstrategien mit Vision und Purpose sowie die Notwendigkeit, sich mit den moralischen Grundlagen unseres wirtschaftlichen Handelns zu beschäftigen.

Pech trat 2006 dem Orden der Zisterzienser im Stift Heiligenkreuz bei. Zuvor war er Ende der 1990er im Marketing bei Procter & Gamble tätig und gründete im Jahr 2000 das Interims-Management-Unternehmen Management Angels GmbH in Hamburg. Seit 2015 leitet Pech das von ihm ins Leben gerufene Institut für Führungsethik in Bochum. Seit 2018 ist er zudem Geschäftsführer der Monastic Distillery UG, die den Monastic Dry Gin produziert. Er lehrt und lehrte u.a. an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, der Hochschule Benedikt XVI. Heiligenkreuz und der Leipzig Graduate School of Business.

markenartikel: Weitermachen wie bisher ist für viele Unternehmen keine Option. Wie muss sich Unternehmertum verändern, um im 'New Normal' zu bestehen – zum Beispiel mit Blick auf Unternehmenskultur und Führungsverhalten?

Pater Dr. Dr. Justinus Pech: In den vergangenen acht Monaten sind Einschränkungen über die Weltgesellschaft hereingebrochen, die so von den wenigsten erwartet wurden. In den Unternehmen, egal ob Großunternehmen, Mittelständler oder Einzelkaufmann, sind die Verantwortlichen vor neue, spannende Herausforderungen gestellt. Es beginnt sich zu zeigen, dass einige Geschäftsmodelle aufgrund eines mehrmonatigen Herunterfahrens der Wirtschaft so nicht dauerhaft lebensfähig sind. Hinzu kommt – besonders in der Automobilindustrie –, dass durch technologische Veränderungen ganze Produktionsstufen wegfallen werden. Noch ist unsicher, wie wir diesen Arbeitsplatzverlust auffangen können. Durch wirtschaftspolitische Maßnahmen können Transformationsprozesse abgefedert und Insolvenzen vielleicht verzögert werden, ob sie aber wirklich vermeidbar sind, wird sich erst in einigen Monaten herausstellen. Das der Staat, also die Solidargemeinschaft aller, über Monate oder vielleicht Jahre hinweg unrentable Geschäftsmodelle nicht finanzieren kann, dürfte sofort einzusehen sein. Vielleicht ist hier der Gedanke einer kreativen Zerstörung – nach dem Ökonom Schumpeter – wieder stärker in den Mittelpunkt der Debatte zu rücken.

markenartikel: Wie meinen Sie das?

Pech: Für die leitenden Personen in Unternehmen stellt sich heute die Frage, wie sie in diesen Zeiten ihr Führungsverhalten anpassen sollen. Der US-amerikanische Psychologe und Wissenschaftsjournalist Daniel Goleman hat in einem wegweisenden Artikel sechs grundsätzliche Führungsstile unterschieden. Gute Führungskräfte sollten vier von diesen beherrschen. In Zeiten der Unsicherheit, wenn eine neue Vision und eine klare Richtung notwendig sind, ist ein Führungsstil angemessen, der die Mitarbeiter mitnimmt und ihnen durch das eigene Vorausgehen einen Weg aufzeigt.

markenartikel: Was bedeutet das für die Praxis?

Pech: Hier ist es jetzt dringend geboten, dass Unternehmen neue Geschäftsstrategien entwickeln, die von einer Vision verbunden mit einem klaren Purpose getragen sind. Führungskräfte müssen in diesen disruptiven Zeiten nicht nur über ein hohes Maß der Selbstreflektion verfügen, sondern auch in der Lage sein, ihren Mitarbeitern Hoffnung und Zuversicht zu vermitteln.

markenartikel: Werden also künftig moralische Argumente Unternehmen stärker beeinflussen als bisher?

Pech: Der Moment des Runterfahrens von weiten Teilen der Wirtschaft hat Manager aus allen Bereichen zu einer Reflexion über das, was passiert ist, eingeladen. Bedingt durch neue Formen des Arbeitens boten sich auch Möglichkeiten zum Nachdenken an. Jeder wird diese für sich genutzt haben. In Gesprächen mit vielen Managern ist mir aber deutlich geworden, dass auch die Sinnrelationen neu in den Blick genommen werden. Das wird gespeist aus einem Durchdenken unserer Ressourcennutzung, den Arbeitsformen bis hin zur Sinnfrage unserer Wirtschaftsform. Wie nachhaltig dies ist, wird sich noch zeigen. Wünschenswert wäre es aus meiner Sicht, wenn es zu einer intensiveren Beschäftigung mit den moralischen Grundlagen unseres wirtschaftlichen Handelns käme.

Warum dabei eine Auseinandersetzung mit einem Philosophen wie Immanuel Kant ein spannendes Unterfangen wäre, welche ethischen Fragen Künstliche Intelligenz aufwirft und was Unternehmen in punkto Kontinuität und Transformation von der Kirche lernen können, erläutert Pech im Interview in markenartikel 9/2020. Zur Bestellung geht es hier.



zurück

(vg) 08.09.2020



zurück

vg 08.09.2020