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Luxusmarke vs. Sanitärprodukthersteller: Es gibt nur ein Adlon


Dr. Katja Middelhoff ist bei der Wirtschaftskanzlei CMS als Rechtsanwältin in den Bereichen Marke-, Design- und Wettbewerbsrecht tätig. In ihrer markenrechtlichen Praxis befasst sie sich mit Anmelde- und Schutzstrategien auf nationaler und internationaler Ebene, einschließlich der Durchführung von Markenrecherchen (Foto: CMS)

Die Marke Adlon bleibt geschützt. Das hat das Gericht der Europäischen Union entscheiden. Der Sanitärhersteller Kludi darf seine Badarmaturen nicht unter diesem Namen anbieten. Warum das so ist und wieso das Gericht in seinem Urteil auch Spielräume aufzeigt, bereits im Widerspruchsverfahren Umstände zu berücksichtigen, die außerhalb des Registers liegen, erläutern Dr. Katja Middelhoff und Patrick Schneider von der Wirtschaftskanzlei CMS für markenartikel-magazin.de:

Am 9. September 2020 hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) die Bekanntheit der Unionsmarke 'Adlon' für Dienstleistungen der Hotellerie und Restauration bestätigt und die Klage der Kludi GmbH & Co. KG (Kludi) zurückgewiesen (Rechtssache T-144/19). Der Sanitärproduktehersteller hatte eine Unionswortmarke 'Adlon' unter anderem für "Thermostate, sanitäre Anlagen, Armaturen, Waschtische und Badewannen" zur Anmeldung gebracht. Hiergegen erhob die Adlon Brand GmbH & Co. KG auf Basis ihrer Unionswortmarke 'Adlon' aus dem Jahr 2005 Widerspruch – geschützt unter anderem für Dienstleistungen der Hotellerie und Restauration.

Patrick Schneider ist Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS und berät und vertritt nationale und internationale Mandanten in allen Fragen des Marken-, Design-, Geschmacksmuster-, Urheber- und Lauterkeitsrechts (Foto: CMS)

Kludi will Bekanntheit unlauter für sich ausnutzen

Das EuG gibt dem Widerspruch statt, da es eine Bekanntheit der Widerspruchsmarke 'Adlon' für Dienstleistungen eines Hotels und der Bewirtung und Verpflegung von Gästen als erwiesen ansieht und die angemeldete Unionsmarke 'Adlon'diese Bekanntheit unlauter für sich auszunutzen versuche. Bei einer Verwendung der angemeldeten Marke 'Adlon' für Sanitärprodukte sieht das Gericht die Gefahr, dass die Verbraucher die Marken gedanklich miteinander in Verbindung bringen. Diesbezüglich stellt das Gericht, neben der Zeichenidentität, auf eine gewisse Nähe der sich gegenüberstehenden Waren (Sanitärprodukte) und Dienstleistungen (Hoteldienstleistungen) ab. Da zur Erbringung von Dienstleistungen der Restauration und Hotellerie "zwangsläufig" Sanitärprodukte verwendet und für eine effiziente Erbringung ersterer auch benötigt würden, stünden diese Waren und Dienstleistungen in einem Ergänzungsverhältnis zueinander.

Zudem stelle Kludi durch ihr Verhalten selbst eine Verbindung zu der Widerspruchsmarke 'Adlon' her, wenn sie, wie hier, mit dem Hotel Adlon für ihre Produkte wirbt und den von dem Hotel Adlon repräsentierten besonderen Stil, nämlich den nostalgischen Einrichtungsstil, für ihre Produkte in Anspruch zu nehmen versucht. Durch die Annäherung an die bekannte Marke 'Adlon' verschaffe sich Kludi einen wirtschaftlichen Vorteil gegenüber den Waren der Wettbewerber.

Ergänzungsverhältnis: Tatsächliche Benutzung der angegriffenen Marke berücksichtigt

Das Urteil des EuG schließt sich im Wesentlichen der bisherigen Rechtsprechung zur Beurteilung der Bekanntheit von Marken an. Das Gericht berücksichtigt in seinem Urteil im Rahmen der Prüfung des Merkmals der gedanklichen Verknüpfung allerdings auch die tatsächliche Benutzung der angegriffenen Marke. Das Gericht zeigt damit nachvollziehbarerweise Spielräume auf, bereits im Widerspruchsverfahren jedenfalls basierend auf einer bekannten Marke Umstände zu berücksichtigen, die außerhalb des Registers liegen.

Allerdings dürfte die Annahme eines Ergänzungsverhältnisses zwischen Sanitäranlagen einerseits und Hoteldienstleistungen andererseits eher Zweifeln gegenüberstehen. Der Umstand, dass Sanitäranlagen in Hotels Verwendung finden, stellt eine sehr schwache Verbindung dar. Allein dies zur Begründung eines Ergänzungsverhältnisses heranzuziehen, führt zu einer gewissen Beliebigkeit dieses Merkmals. Hätte die Anmelderin von der werblichen Anpreisung ihrer Waren mit dem Hotel Adlon abgesehen, wäre die Entscheidung des Gerichts möglicherweise anders ausgefallen.

Landet die Frage vor dem EuGH?

Abzuwarten bleibt, ob der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Sitz in Luxemburg von Kludi angerufen wird und er sich der Ansicht des Gerichtes, auch zu dem vom EuG relativ großzügig bewerteten Ergänzungsverhältnis zwischen Hoteldienstleistungen auf der einen und Sanitäranlagen auf der anderen Seite, anschließt.



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vg 14.09.2020