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Familienunternehmen: Beirat oft zu alt, Digitalisierungskompetenz ist Mangelware

Fünf von sechs Familienunternehmen vertrauen auf einen Beirat (Quelle: PwC/Intes)
Fünf von sechs Familienunternehmen vertrauen auf einen Beirat (Quelle: PwC/Intes)

Beiräte gehören mittlerweile zum Standard guter Führung von Familienunternehmen sowie dem Mittelstand und haben sich als zentrales Governance-Instrument fest etabliert. Die Qualität und Stringenz, mit der Beiräte eingerichtet werden, lässt aber zu wünschen übrig: Die Mitglieder des Gremiums sind im Schnitt zu alt, falsch ausgewählt und lassen Kompetenzen in Zukunftsthemen vermissen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Befragung im Auftrag der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, Düsseldorf, und der Intes Akademie für Familienunternehmen, Bonn, unter 250 Familienunternehmen im deutschsprachigen Raum.

Fünf von sechs Familienunternehmen vertrauen auf einen Beirat

Der Anteil der Familienunternehmen, die auf ein externes Beratungs- oder Kontrollgremium – also einen Bei-, Aufsichts- oder Verwaltungsrat – vertrauen, ist seit 2002 von 39 deutlich auf 83 Prozent gestiegen; obwohl die meisten Unternehmen gesetzlich nicht zur Einrichtung eines solchen Gremiums verpflichtet sind.

"Dass immer mehr Familienunternehmen auf Beiräte setzen, ist eine gute Entwicklung, denn das Gremium kann als Impulsgeber oder Aufsichtsgremium eine wichtige Rolle einnehmen. Aber dafür muss es mit den richtigen Kompetenzen besetzt sein", kommentiert Uwe Rittmann, Leiter Familienunternehmen und Mittelstand sowie Geschäftsführungsmitglied bei PwC Deutschland."Unsere Studie zeigt jedoch: Viele Familienunternehmen betreiben die Beiratsarbeit noch nicht mit der gebotenen Konsequenz und lassen die Chancen, die ein Beirat bietet, zumindest teilweise ungenutzt. Das ist verschenktes Potenzia."

Beiräte stammen immer häufiger aus dem Kreis der Familie

Ein weiteres Ergebnis: Die Mitwirkung von Familienmitgliedern in den Beiratsgremien nimmt zu. Vier von fünf Familienunternehmen (81 Prozent) besetzen ihre Beiräte unter anderem mit Gesellschaftern und Mitgliedern der Familie (2013: 67 Prozent).

"Allerdings sollte hierbei eine Grundregel der Good Governance beachtet werden", so Gerold Rieder, Geschäftsführer der Intes Akademie für Familienunternehmen. "Sie besagt: Wenn die Geschäftsführung von Familienmitgliedern geleitet wird, sollte der Vorsitzende des Beirats von einem familienunabhängigen Mitglied besetzt werden – und umgekehrt. So lassen sich Unternehmens- und Familieninteressen gut austarieren."

Rund die Hälfte der befragten Unternehmen folgt diesem ungeschriebenen Gesetz. In jedem dritten Unternehmen hat die Familie jedoch den Vorsitz über beide Gremien – eine nur dem Unternehmen verpflichtete Seite fehlt dann. Und in jeder fünften Firma liegen beide Führungspositionen in externer Hand – das Unternehmen wird in dieser Konstellation also komplett fremdgesteuert.

Bei der fachlichen Qualifikation wird mit zweierlei Maß gemessen

Auch bei der Auswahl der Beiräte zeigt sich, dass familiäre Bande teilweise stärker gewichtet werden als professionelle Standards: Wird ein externes Mitglied für den Beirat gesucht, steht die fachliche Qualifikation an oberster Stelle – das sagen 92 Prozent der Befragten. Bei der Auswahl von Beiräten aus dem Kreis der Familie sind die Unternehmen dagegen bereit, fachliche Abstriche in Kauf zu nehmen: Nur 66 Prozent der Befragten geben an, dass die fachliche Kompetenz oberste Priorität hat.

"Offenbar greift hier die Familienlogik. Die Mitgliedschaft in der Familie darf jedoch keinesfalls zulasten der Qualifikation gehen. Denn nur ein kompetenter Beirat kann zu einem erfolgreichen Unternehmen beitragen. Und Erfolg ist ein wichtiges Fundament für den Familienfrieden", betont Rittmann.

Know-how für Zukunftsthemen fehlt

Hohe fachliche Expertise ist auch deshalb unabdingbar, weil die Aufgaben des Beirats deutlich vielfältiger, umfangreicher und komplexer geworden sind: Neben der Beratung der Geschäftsführung in strategischen Fragestellungen (91 Prozent) kontrolliert der Beirat häufig auch die Geschäftsführung (81 Prozent) und genehmigt wichtige Investitionsentscheidungen (79 Prozent). Um ihren Job kompetent ausführen zu können, benötigen die Beiräte also profundes strategisches und kaufmännisches Know-how. Über diese Kompetenzen verfügen sie in der Regel: 93 Prozent bringen kaufmännische Expertise und Fachwissen zu Finanzthemen ein. Weit weniger vertreten ist allerdings Know-how im Bereich der Digitalisierung: Nur jeder vierte Beirat (27 Prozent) fühlt sich hier fachlich gut gerüstet.

"Wer die Zukunft von Unternehmen erfolgreich mitgestalten will – und das gehört zu den Aufgaben eines Beirats – muss sich heute den Chancen und Risiken der Digitalisierung auskennen: von ihren Auswirkungen auf Produkte und Prozesse über eine intelligente Datennutzung mit KI bis hin zur Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle", so die Einschätzung von Rieder.

Nur 15 Prozent haben einen Vertreter der NextGen im Beirat

Für den Puls der Zeit könnte eigentlich die junge Generation sorgen. Allerdings sucht man Beiräte unter 35 Jahren in den meisten Familienunternehmen vergeblich: Nur 15 Prozent setzen auf einen Vertreter der NextGen im Beirat. Das schlägt sich auch in der Altersstruktur nieder: Die jüngsten Beiratsmitglieder sind im Schnitt 46 Jahre alt, die ältesten 68. Und sie bleiben durchschnittlich zehn Jahre im Amt.

"Das Gremium muss jünger, digitaler und weniger traditionell werden, wenn es darum geht, Kompetenzen für neue Entwicklungen und veränderte Anforderungen des Marktes zu ergänzen“" so das Fazit von Uwe Rittmann. "Ein guter Beirat ist ein echter Mehrwert für Familienunternehmen – als Kontrolleur, Motivator, Innovator, Konfliktlöser, strategischer Berater, Personalentscheider, Sparrings-Partner und vieles mehr."

Die Studie finden Sie hier.

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(vg) 22.01.2021



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