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Dienstleistungsmarken: Leistungen greifbar machen

Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer des Markenverbandes in Berlin - Quelle: Thomas Rafazyk
Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer des Markenverbandes in Berlin - Quelle: Thomas Rafazyk

Dienstleistungsmarken stecken oftmals in einem Dilemma, denn es gibt kein materielles Produkt, an dem man sich messen lassen kann. Alexander Engelhardt (Vice President Brand Management der Deutschen Telekom), Sigrun Junge (Head of Brand Experience EMEA bei SAP) und Christian Rummel (Deputy Global Head of Brand Communications & CSR der Deutschen Bank), alle Mitglieder aus dem Gesprächskreis Dienstleistungsmarken des Markenverbandes, sowie Christian Köhler (Hauptgeschäftsführer des Markenverbandes in Berlin) sagen, wie es dennoch gelingt, Kunden und Mitarbeiter mitzunehmen und wieso Corona sogar einen positiven Beitrag dabei leistet.

markenartikel: Das typische Merkmal einer Dienstleistung ist ihre Immaterialität. Der Kundennutzen entsteht also durch eine immaterielle Leistung und nicht durch ein materielles Produkt. Lange waren in diesem Bereich die Themen Marke und markenorientierte Unternehmensführung deshalb weniger relevant. Das hat sich geändert, oder?

Alexander Engelhardt: Markenführung war immer ein relevantes Thema für die Telekom, weil wir uns bewusst sind, dass hinter der funktionalen Nutzung unserer Angebote ein tieferes Bedürfnis der Menschen nach Austausch, Nähe und Erlebnis steckt, das die Marke adressieren kann. Die zunehmende Digitalisierung schärft darüber hinaus unser Profil hinsichtlich der gesellschaftlichen Verantwortung. Unser alltägliches Leben verlagert sich zunehmend in die digitale Welt. Hier ist es unser Anspruch, alle an den neuen Möglichkeiten teilhaben zu lassen.

Alexander Engelhardt, Vice President Brand Management der Deutschen Telekom - Quelle: Telekom

Christian Rummel: Dienstleistungsmarken haben im Vergleich zu Industriegütern oder FMCG-Unternehmen andere Herausforderungen zu bewältigen. Wir bieten immaterielle Services an. Da ist auch die Markenaufladung nach innen, ins Unternehmen hinein, sehr wichtig. Markenführung ist dabei ein dauerhafter, jeden Tag stattfindender Prozess, denn es geht darum, alle Mitarbeiter mitzunehmen, abzuholen und zu involvieren. Das ist leicht gesagt, aber es ist gar nicht so einfach, es wirklich in die Tat umzusetzen und die Mitarbeiter zu erreichen. Es reicht ja nicht, wenn wir unsere Markenhaltung oder den Purpose irgendwohin schreiben, sondern dies muss in die Praxis umgesetzt werden.

markenartikel: Wie das gelingen kann, darüber sprechen Sie auch im Gesprächskreis Dienstleistungsmarken des Markenverbandes, der vor zehn Jahren vom Markenverband und der OWM Organisation Werbungtreibende im Markenverband für die Mitglieder in Leben gerufen wurde.

Rummel: Genau, dort tauschen wir uns darüber aus, wie Markenführung bei Dienstleistungsmarken gelingen kann. Welchen Fragestellungen und Herausforderungen sehen sich die Unternehmen gegenüber? Was hat gut funktioniert und vor allem warum? Es ist eine tolle Plattform für den Erfahrungs- und Wissensaustausch über Markenführung und das Marketing von Dienstleistungsmarken. Die Mischung aus Impulsreferaten zum Beispiel von Agenturseite, Best Cases der Kollegen und Beiträgen aus der Wissenschaft sind sehr bereichernd. Es ist damit ein Forum mit echtem Mehrwert.

Christian Rummel, Deputy Global Head of Brand Communications & CSR der Deutschen Bank - Quelle: Mario Andreya

Christian Köhler: Für uns als Verband ist es wichtig, den Erfahrungsaustausch zwischen unseren Mitgliedern zu ermöglichen und zu moderieren. Gerade für Dienstleistungsmarken, die sich in ihren Spezifika von Gebrauchsgütern oder Konsumgütern unterschieden, ist es zentral, eine Plattform zu bieten, über die sich die Anbieter darüber austauschen können, was funktioniert und was nicht. Dabei sind auch die externen Impulsgeber immer inspirierend und regen zur Diskussion an.

Engelhardt: Wir profitieren in der Tat von dem branchenübergreifenden Erfahrungsaustausch mit anderen Entscheidern. Und die Impulsreferate geben wichtige Denkanstöße. Im Grunde stehen wir ja alle vor ähnlichen Herausforderungen. Es gibt immer etwas, das ich von unseren Treffen mitnehmen kann, um die Markenführung der Telekom ein Stück weiterzubringen. Es ist immer inspirierend, sich mit anderen Kollegen auszutauschen. Und nicht selten ergeben sich daraus neue Lösungsansätze für ganz konkrete Fragestellungen.

Sigrun Junge: Es ist mit Sicherheit die Offenheit der Kollegen im Gesprächskreis, von der man profitiert. Hier sprechen wir auf Augenhöhe von CMO zu CMO. Wir sind alle Brand Lover. Ich schätze dabei besonders die Lebendigkeit des Austauschs. Für mich sind der externe Blick und der Input von außen immer sehr wichtig. Ein Benchmarking mit großen Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche ist sehr hilfreich. Auf Kongressen erlebt man häufig ja nur Show-off – alles läuft super und alle haben riesige Budgets für die Markenführung zur Verfügung. Bei uns im Gesprächskreis wird nichts rosa gezeichnet.

Sigrun Junge, Head of Brand Experience Middle Eastern Europe bei SAP - Quelle: SAP

markenartikel: Diese Offenheit hilft?

Junge: Definitiv. Auch ich nehme immer etwas mit für das eigenen Unternehmen. Wenn ich darauf verweisen kann, dass zum Beispiel bei der Telekom und der Deutschen Bank ebenfalls darüber diskutiert wird, wie man Mitarbeiter zu Markenbotschaftern macht, dann wird das bei uns im Haus stärker wahrgenommen und bekommt mehr Gewicht. Ich renne viel eher offene Türen ein, wenn es Cases aus anderen Dienstleistungsunternehmen gibt, auf die ich verweisen kann. Man lernt dabei auch aus den Fehlern der anderen.

markenartikel: Es gibt also immer wieder praxisrelevante Denkanstöße?

Junge: Wir sind alle in großen Konzerne tätig – mit vielen Mitarbeitern und Abteilungen. Da arbeitet man manchmal im Elfenbeinturm und auch schon mal aneinander vorbei. Bei uns waren zum Beispiel bis März 2021 Kommunikation und Marketing komplett getrennte Abteilungen. Jetzt gibt es neu einen gemeinsamen Vorstand. Das ist sinnvoll. Und auch für die Bereich CSR und Markenmanagement ist eine engere Zusammenarbeit von Vorteil. Wir wollen bei SAP fließende Grenzen etablieren und die übergreifende Zusammenarbeit fördern und können da von Modellen profitieren, die in andere Unternehmen schon gelebt werden.

Engelhardt: Themen aus erster Hand zu erfahren und zu diskutieren, macht einen großen Unterschied. Nehmen wir das angesprochene Beispiel Purpose. Die Medien und die Fachbücher sind voll damit. Das ist gut so, aber im Austausch mit den Kollegen zu erfahren, wie sie wirklich damit umgehen, hilft in der Praxis sehr. Wie wird Purpose in anderen Unternehmen definiert, wie umgesetzt? Das sollte man sich nicht nur anlesen. Es braucht den Austausch mit Praktikern.

markenartikel: Purpose bleibt also ein relevantes Thema?

Engelhardt: Definitiv. Unternehmen sollten sich ihrer Rolle sehr bewusst sein. Die digitale Teilhabe, egal ob wirtschaftlich, politisch oder kulturell, wird immer mehr zu einer Voraussetzung für ein zufriedenes und glückliches Leben. Die Bedienung von digitalen Anwendungen wird zu einer Kulturtechnik wie Lesen und Schreiben. Wer nicht teilhaben kann, droht abgehängt zu werden. Die Telekom ist sich ihrer Verantwortung bewusst, diesen Wandel aktiv mitzugestalten und möglichst alle Menschen auf dem Weg in die digitale Gesellschaft mitzunehmen. Das ist die Aufgabe, der wir uns stellen müssen und wichtiger Teil unserer Marke.

Köhler: In der Corona-Krise ist deutlich geworden, wo wir überall digital im Hintertreffen waren. Für alle Anbieter ist es deshalb eine zentrale Aufgabe, sicherzustellen, dass die Kunden auch hinterherkommen. Nur weil jemand ein Tablet und WLAN hat, hat er ja noch nicht die entsprechenden Kompetenzen, um damit umzugehen. Die Anbieter stehen hier vor der Herausforderung, die Kunden zu befähigen, diese Tools zu nutzen.

markenartikel: Es gibt neben dem Purpose sicherlich noch einige andere Themen, die Sie übergreifend bewegen. Sie haben zum Beispiel die Herausforderung, Mitarbeiter zu Markenbotschaftern zu machen, als eine zentrale Aufgabe angesprochen.

Junge: Bei Dienstleistungen spielen Erfahrungen und Weiterempfehlungen eine große Rolle. Und unsere Mitarbeiter sind ein relevanter Faktor beim Erleben und damit unsere wichtigsten Markenbotschafter, denn der Service spielt für die Zufriedenheit mit einer Marke eine besondere Rolle. Da müssen unsere Mitarbeiter entsprechend engagiert sein. Deshalb rückt das Thema Teamführung gerade in Zeiten von Corona noch einmal besonders in den Fokus. Wie gelingt es, die Mitarbeiter auch dann zu motivieren, wenn man sich überwiegend in Videokonferenzen begegnet ? Was müssen wir tun für ein entsprechendes Employee Engagement im Homeoffice? Wie führt man Teams virtuell? Das sind wichtige Fragen, denen wir uns stellen müssen mit Blick auf den Arbeitsplatz der Zukunft.

Rummel: Normalerweise laden wir die neuen Mitarbeiter einmal im Monat zu physischen Treffen ein, aber das geht jetzt nicht. Wir führen deshalb derzeit zum Beispiel unsere New Joiner Sessions virtuell durch. Diese organisieren wir zusammen mit der Personalabteilung und überlegen dabei ständig, wie man die Meetings anders aufsetzen und verbessern kann, damit die neuen Mitarbeiter sich gut aufgenommen fühlen und sich mit der Marke identifizieren. Das erfordert viel Energie.

markenartikel: Welche anderen Themen stehen sonst noch im Fokus?

Junge: Was uns alle umtreibt sind die Customer Journey und der Return on Investment. Das ist eng verknüpft mit dem Thema KPIs. Was müssen wir mit immer weniger Budgets erreichen? Was kann man überhaupt messen und wie teuer ist das?

Rummel: Der Wertbeitrag der Marke ist ein zentrales Thema. Welchen Beitrag leistet eine starke, gut positionierte und differenzierende Marke zum Vertrieb, zum Abverkauf etc.? Um das zu messen, braucht man entsprechende Metriken. Aber viele Messmodelle haben Schwächen. Hier sprechen wir mit den Kollegen darüber, wie man diese Herausforderungen in den Griff bekommen kann.

Engelhardt: Ein Thema, mit dem wir uns bei der Telekom seit einiger Zeit befassen, ist die Auswirkung der Digitalisierung auf die Markenkommunikation. Die stetige Zunahme an medialen Angeboten und neuen Technologien verändert die Art, wie Menschen und Marken miteinander kommunizieren. Die Informationsflut wächst, das Medienverhalten wird flüchtiger. Mit klassischen Konzepten ist dieser neuen Realität kaum zu begegnen. Das digitale Zeitalter erfordert kontextuelle Flexibilität und schnellere Reaktionszeiten. Hierfür muss die Markenführung richtig aufgestellt sein – organisatorisch, inhaltlich, aber auch formal, etwa mit Blick auf das passende Markenerlebnis.

markenartikel: Zukunftsfähig und krisensicher, oder?

Engelhardt: Richtig. Die Corona-Krise ist auch ein Stresstest für unsere Marke. In der Pandemie musste sich unser Markenversprechen beweisen. Viele erlebten die zentrale Rolle digitaler Dienstleistungen für die alltägliche Verbindung zwischen Menschen zum ersten Mal ganz bewusst.

markenartikel: Für viele Menschen wurde also erstmals sichtbar, welche Rolle bestimmte Marken in der Gesellschaft überhaupt spielen?

Engelhardt: Ja. Wir sehen welch hohe Relevanz unsere Marke für die Menschen hat. Das ist für uns Herausforderung und Chance zugleich, da wir jetzt beweisen können und müssen, dass wir unsere Versprechen einlösen. Das gilt es auch nach der Pandemie aufrecht zu halten und auszubauen. Aber es festigt auch nach innen die Beziehung zwischen Mitarbeitern und ihrer Marke. Sie erleben ganz neu, dass eine gute Markenpositionierung durchaus sinnstiftend sein kann.

Rummel: Das stimmt. Nach der Finanzkrise steckten wir über viele Jahre in einer Reputationskrise. Für die Mitarbeiter war das mitunter schwer. In der Corona-Pandemie konnte aber auch die Deutsche Bank zeigen, welchen Beitrag für Wirtschaft und Gesellschaft sie leisten kann. Wie unser Vorstandschef Christian Sewing es häufig auf den Punkt bringt, wollen wir Teil der Lösung sein. So haben wir zum Beispiel die Bundesregierung dabei beraten, wie die Hilfsprogramme für die Wirtschaft aufgesetzt werden sollten. Das greifen wir in unserer Kampagne #PositiverBeitrag auf und das kommt gut an bei den Kunden und den Mitarbeitern. Das Vertrauen in die Marke Deutsche Bank war angekratzt, aber jetzt können wir zeigen, wofür wir da sind und so Vertrauen zurückgewinnen.

Junge: Auch bei uns sieht man gerade besonders gut an zahlreichen Cases, was wir eigentlich leisten. Heidelberg und der umliegende Rhein-Neckar-Kreis haben die Belegung aller Intensivbetten in Echtzeit mit unserer Software nachverfolgt und die Auslastung gesteuert. Eine wichtige Aufgabe, die ganz konkret helfen kann, Leben zu retten. Und im Freistaat Sachsen hat das DRK seine komplette Impf-Infrastruktur auf einer SAP-Lösung aufgebaut. Damit werden unsere Leistungen greifbarer. Und das ist letztendlich ein positiver Aspekt von Corona.



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(vg) 12.05.2021



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vg 12.05.2021