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Familienunternehmen: Investitionen in Digitalisierung zu niedrig


Nur noch 58 Prozent der europäischen Unternehmen erwarten im nächsten Jahr ein Umsatzplus, in Deutschland ist die Skepsis sogar noch größer (Quelle: PwC)

Nur noch 46 Prozent deutschen Mittelständler und Familienunternehmen gehen davon aus, dass sie im kommenden Jahr wachsen werden. Vor einem Jahr lag dieser Wert noch bei 70 Prozent. Pessimistischer sind in Europa nur Unternehmen in Griechenland (45 Prozent) und Schweden (44 Prozent). In der Schweiz und in Österreich rechnen immerhin noch rund drei Viertel der Firmen mit Wachstum (76 bzw. 77 Prozent).

Zu diesen Ergebnissen kommt der European Private Business Survey, für den die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC knapp 2.500 Familienunternehmen und mittelständische Gesellschaften in 31 europäischen Ländern (EU plus Norwegen, Schweiz und Türkei) befragt hat, darunter 400 deutsche, 90 österreichische und 90 Schweizer Unternehmen.

"Jetzt ist konsequentes Handeln gefragt. Wer angesichts des sich abkühlenden Geschäftsklimas zu den Gewinnern gehören will, sollte sich auf die neue Normalität einstellen: Zu ihr gehören Megatrends wie Urbanisierung, politische Instabilität im In- und Ausland, zunehmender Fachkräftemangel und insbesondere die Digitalisierung auf allen Ebenen. Sie wird ganz besonders über die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens entscheiden", so Uwe Rittmann, der den Bereich Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC leitet.

Unternehmen investieren zu wenig in die Digitalisierung

Das sehen deutsche Unternehmen durchaus auch so: Nur fünf Prozent glauben, dass die Digitalisierung keinen Einfluss auf die Zukunftsfähigkeit ihres Unternehmens hat – dem stehen fast 60 Prozent gegenüber, die signifikante Auswirkungen auf ihr Geschäft erwarten. Im Vergleich zu den skandinavischen Ländern (72 Prozent), Portugal (80 Prozent) sowie Großbritannien und den Niederlanden (jeweils 85 Prozent) liegen die deutschen Unternehmen mit dieser Einschätzung aber deutlich zurück.

Die nicht ganz so ausgeprägte Relevanz, die deutsche Familienunternehmen der Digitalisierung beimessen, zeigt sich auch an den geplanten Investitionen: Nur ein Viertel ist bereit, mehr als fünf Prozent ihres Investitionsbudgets dafür einzusetzen. Die Nase vorn haben Dänemark und Norwegen: Hier möchte jeder zweite Unternehmer fünf Prozent und mehr investieren.

Europäische Nachbarländer messen der Digitalisierung eine deutlich höhere Bedeutung bei (Quelle: PwC)

Digitalisierung wird zu technisch interpretiert

Nachholbedarf haben deutsche Familienunternehmen und Mittelständler auch bei der Herangehensweise: Sie haben ein sehr technisches Verständnis der Digitalisierung, und gehen diese vor allem durch die Aufrüstung ihrer IT an. Drei Viertel (74 Prozent) haben zwar entsprechende Maßnahmen eingeleitet, aber nur jeder zweite geht strategisch vor.

"Das kann ich mir eigentlich nur damit erklären, dass wir vieles aus der Ingenieursbrille sehen: Zudem haben 45 Prozent der Befragten Angst vor Cyberangriffen – sie werden als größter Hinderungsgrund für die Einführung neuer Technologien gesehen", sagt Rittmann. "Ganz überraschend ist das aber nicht – der Hang zu Ängsten und Skepsis bis hin zum Pessimismus ist sehr deutsch." Bei den EU31 liegen die Cyberrisiken mit 31 Prozent erst an fünfter Stelle. Hier wiegen Kosten und Arbeitsaufwand weit schwerer.

Umdenken gefragt, wenn es um Kooperationen geht

Dieses Risikobewusstsein hindert deutsche Familienunternehmen sicherlich auch daran, offener mit der Digitalisierung umzugehen und zum Beispiel auf neue Formen der Zusammenarbeit – Ökosysteme mit vielen verschiedenen Partnern – zu setzen: Nur ein gutes Viertel (27 Prozent) der deutschen Firmen sehen das als Option.

"Die Öffnung für Kooperationspartner halte ich für eminent wichtig – sie können aus der Start-up-Szene, anderen Branchen, aber auch aus dem eigenen Markt kommen", so Rittmann. "Der Wandel vom Hidden Champion zu einer Kultur der Offenheit ist absolut notwendig, um weiter im Markt relevant zu bleiben. Hier ist ein Umdenken gefragt."

Das unterstreicht auch der Blick auf die am häufigsten eingesetzten Technologien: Die Chancen Künstlicher Intelligenz zum Beispiel werden in Deutschland, aber auch in der DACH-Region, als gering bewertet: Nur 13 Prozent der deutschen und sogar nur sechs bzw. vier  Prozent der österreichischen und Schweizer Firmen halten diese Technologie für besonders relevant für ihr Unternehmen. Im Schnitt der EU 31-Länder sind es immerhin 23 Prozent. In Rumänien, Portugal und Großbritannien halten sogar mehr als 40 Prozent der Befragten KI für relevant.

Fachkräftemangel kostet den deutschen Mittelstand 64,1 Milliarden Euro

Um die Digitalisierung mit geballter Kraft voranzutreiben, braucht es allerdings auch die richtigen Experten. Und hier fördert die Befragung erstaunliche Erkenntnisse zutage: Einerseits sind 58 Prozent der deutschen Unternehmen überzeugt, die für die Digitalisierung richtigen Talente bereits an Bord zu haben. Andererseits sagen 38 Prozent, dass es ihnen an Know-how für die Umsetzung mangelt. Dennoch suchen nur 18 Prozent gezielt nach Digitalexperten und nur zwölf Prozent kooperieren mit Start-ups, um die eigenen digitalen Wissenslücken zu schließen. 64 Prozent dagegen setzen auf das sogenannte Upskilling der eigenen Mitarbeiter, vor allem durch interne Trainings.

Händeringend gesucht werden in Deutschland vor allem Techniker und Auszubildende. 44 und 46 Prozent der deutschen Firmen sind hier auf der Suche.  Weil es an Fachkräften mangelt, müssen 46 Prozent (Vorjahr: 57 Prozent) der deutschen Mittelständler und Familienunternehmer nach wie vor hohe Umsatzeinbußen in Kauf nehmen und können Potenziale nicht ausschöpfen: Auf 64,1 Milliarden Euro belaufen sich die wirtschaftlichen Verluste pro Jahr. 

Die DACH-Ergebnisse des European Private Business Survey finden Sie hier. Die Gesamtergebnisse der EU31-Länder und der 53 EMEA-Länder hier.


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vg 24.07.2019