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Prof. Dr. Rainer Lademann, Geschäftsführer von Lademann & Associates GmbH in Hamburg - Quelle: M. Kuhn

Prof. Dr. Rainer Lademann, Geschäftsführer von Lademann & Associates GmbH in Hamburg - Quelle: M. Kuhn

Neuproduktentwicklung

Innovation und Nachfragemacht

Die Handelsmarkenexpansion ist mitverantwortlich für den Rückgang von Produktinnovationen. Für Markenhersteller wird es immer unattraktiver, in teure Neuproduktentwicklung zu investieren, sagt Prof. Dr. Rainer Lademann, Geschäftsführer von Lademann & Associates GmbH in Hamburg. Er betont in seinem Gastbeitrag in markenartikel 12/23, dass der Innovationsschuss verbessert werden muss:

Handelsmarken sind auf den Konsumgütermärkten seit vielen Jahren verbreitet. 2022 erreichten sie einen Anteil am Lebensmitteleinzelhandelsumsatz von 40,2 Prozent (Statista). Für die Verbrauchern sind sie aufgrund niedrigerer Herstell- und Vertriebskosten (Rohstoffe, Reifung, Verzicht auf Produktinnovationen und Preisaktionen, sehr geringe bis fehlende Kosten bei der Produkteinführung) eine preiswerte Alternative zu Markenartikeln.

Was wie ein Erfolgsmodell der Gewerbefreiheit anmutet, bekommt eine völlig andere Färbung, gehen diese vermeintlichen Vorteile für die Verbraucherwohlfahrt doch mit einer Reihe von Wettbewerbsverzerrungen einher. Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) nutzt für die Expansion seiner Handelsmarken Informationsasymmetrien und -vorsprünge, die in Verbindung mit der Konzentration auf seinen Beschaffungs- und Absatzmärkten erhebliche Auswirkungen auf die Lieferanten haben. Dieser Beitrag wird vor allem die Folgen der Handelsmarkenexpansion für Produktinnovationen beleuchten. Grundlagen sind vom Verfasser bei Lademann & Associates verantwortete Industriebefragungen von 2021, von 2017 (mit Studenten der Georg-August-Universität Göttingen) und bereits von 2011 im Auftrag der Monopolkommission.

Innovationen und Wettbewerb

Wirksamer Wettbewerb soll den Verbrauchern Vorteile erbringen, etwa in Form niedriger Preise, hochwertiger Produkte, einer großen Auswahl an Waren und Dienstleistungen sowie Innovation (vgl. EU-Kommission, FKVO 2004/C 31/03 Horizontalleitlinien, I.8). Marktmacht und damit nicht mehr wirksamer Wettbewerb zeichnen sich durch das Gegenteil aus, zum Beispiel durch überhöhte Verkaufspreise oder einen Rückgang von Produktinnovationen.

Der Wettbewerb mit Innovationen findet seitens der Kartellbehörden bei Fusionskontrollfällen vor allem auf horizontaler Ebene Beachtung, also zwischen den konkurrierenden Unternehmen auf einem Markt. Weniger Aufmerksamkeit erfahren dagegen die Auswirkungen von Konzentrationsprozessen auf die Innovationstätigkeit von Marktteilnehmern auf vor- und nachgelagerten Märkten. Dies gilt vor allem für weniger forschungsintensive Märkte. Während in Hochtechnologiebereichen der Erhalt unabhängiger Forschungskapazitäten entscheidend für den Fortbestand wirksamen Wettbewerbs ist, achtet die Kommission beispielsweise auf Konsumgütermärkten vor allem darauf, ob durch Fusionen Preiserhöhungsspielräume entstehen. Dies erweckt den Eindruck, dass in weniger durch Hightech geprägten Branchen Innovationen für den Wettbewerb keine oder eine doch vernachlässigbare Rolle spielen. Das mag auf Commodity-Märkten zutreffen, aber schon auf Konsumgütermärkten sind sie essenzielle Treiber für wirksamen Wettbewerb und Wohlstand.

Bei Konsumgütermärkten kommt hinzu, dass dem Zugang zu den Endverbrauchern eine zentrale Rolle für den Erfolg einer Innovation spielt. Der Anreiz zu Produktinnovationen entsteht durch die Aussicht auf eine Alleinstellung, die Innovationsgewinne ermöglicht. Für Nahrungsmittelhersteller zeigt sich zum Beispiel., dass die Eigenkapitalrentabilität umso höher ist, je höher der Umsatzanteil von Marktinnovationen ausfällt (Lademann 2018, S. 455). Je schneller diese Gewinne durch Nachahmerprodukte (Firmeninnovationen) erodieren, desto unattraktiver ist der Markt aus der Sicht des Innovators, desto wettbewerbsintensiver und attraktiver ist dieser aber für die Verbraucherwohlfahrt. Dieser Zyklus wiederholt sich bei wirksamem Wettbewerb, solange Produktinnovationen höhere Gewinne versprechen als ein Verzicht darauf.

Die kompetitive Bedeutung von Innovationen ist daher überragend: Märkte entstehen erst durch echte Marktinnovationen. Daher verwundert es nicht, dass Handelsmarken besonders in den Produktgruppen ihre Marktanteile ausweiten, die ein überdurchschnittliches Wachstum aufweisen. Insofern sind Handelsmarken, wenn sie in Gestalt von Produktnachahmungen auf eine Produktinnovation folgen, grundsätzlich Ausdruck verfolgenden Wettbewerbs. Wie noch zu zeigen sein wird, kann diese im Prinzip prokompetitive Bewertung der Handelsmarken in der Praxis oft nicht aufrechterhalten werden.

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Handelskonzentration und Innovation

Der deutsche LEH hat sich von einem bereits hohen Konzentrationsniveau Mitte der Nullerjahre mit heute über 85 Prozent Marktanteil für die größten vier Handelsgruppen (Edeka-, Rewe-, Schwarz- und Aldi-Gruppe) an die Spitze in Mitteleuropa 'konzentriert' (Lademann/Kleczka 2023, S. 41 ff). Der Zugang der Markenartikelhersteller zu den Verbrauchern hängt damit immer stärker von einer Listung bei den Top 4 im LEH ab. Es verwundert daher nicht, dass im Durchschnitt der Nahrungsmittelhersteller fast zwei Drittel des Umsatzes (64 %) auf nur drei Kunden im LEH entfallen (Lademann/Kleczka 2023, S. 150 f.).

Die Innovationsdynamik hat sich in der Ernährungsindustrie seit etwa Mitte der Nullerjahre deutlich reduziert. Angesichts der positiven Wirkungen von einer hoher Innovationsdynamik und Eigenkapitalrendite fragt man sich, warum die Industrie zunehmend in einen Me-too-Wettbewerb übergegangen ist. So ist der Anteil von Nahrungsmittelherstellern deutlich gesunken, die kontinuierlich FuE betreiben. Damit ist auch der Umsatzanteil an Marktneuheiten rückläufig, während der Umsatzanteil mit Nachahmerprodukten gestiegen ist (Lademann/Kleczka 2023. S. 157 ff.).

Hierbei liefert die Entwicklung der Handelsmarken einen zentralen Erklärungsbeitrag. Im Rahmen einer Industriebefragung von 2021 antworteten über 60 Prozent der Hersteller, dass Vertraulichkeitsvereinbarungen zum Schutz ihrer Innovationen nicht (32,7 %) oder nur teilweise (29,9 %) von ihren größten Abnehmern im LEH akzeptiert wurden.

Warum dies und weitere Faktoren dazu führen, dass in der Ernährungsindustrie die Marktinnovationen rückläufig sind, was den Wettbewerb fördern würde und wie er die fortschreitende Konzentration im LEH einschätzt, lesen Sie im vollständigen Gastbeitrag von Prof. Dr. Rainer Lademann von Lademann & Associates GmbH in markenartikel 12/23. Zur Bestellung geht es hier.

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vg 08.02.2024