ANZEIGE

ANZEIGE

Deutsche wollen sicher und ohne Existenzängste leben

Wohlstand und gutes Leben werden in Deutschland negativ definiert. Für drei Viertel der Deutschen (77%) heißt Wohlstand heute: "Keine finanziellen Sorgen haben", während "glücklich sein" unter den zehn wichtigsten Wohlstandswünschen an letzter Stelle (53%) rangiert. Gut leben können die meisten Deutschen erst, wenn ihr materieller Lebensstandard gesichert ist und ihr persönliches und soziales Wohlergehen für die nahe Zukunft erhalten werden kann. Für über zwei Drittel der Bevölkerung fängt Wohlstand erst an, wenn sie ein sicheres Einkommen (71%) und einen gesicherten Arbeitsplatz (66%) haben.

Dies geht aus dem Nationalen WohlstandsIndex für Deutschland (NAWI-D) hervor, den das Markt- und Sozialforschungsinstitut Ipsos in Zusammenarbeit mit Zukunftsforscher Opaschowski seit drei Jahren kontinuierlich erhebt. Zwischen 2012 und 2015 wurden mittlerweile 24.000 Personen ab 14 Jahren in Deutschland repräsentativ danach befragt, was sie persönlich mit Wohlstand verbinden und wie sie derzeit ihre eigene Lebenslage einschätzen. Seit 2012 ist das im NAWI-D ermittelte Wohlstandsniveau von 42 auf heute 48 von 100 möglichen Punkten gestiegen und erreicht damit ein neues Rekordniveau.

Fast jeder zweite Deutsche fühlt sich wohlhabend

Geht man vom aktuellen Gesamtwohlstand der Deutschen im Jahr 2015 aus, ist die Bilanz auf den ersten Blick positiv: Fast jeder zweite Deutsche fühlt sich wohlhabend (48,4%) – im umfassenden Sinn des NAWI-D, was den ökonomischen Wohlstand ebenso einschließt wie das friedliche Zusammenleben und die Meinungsfreiheit.

Mehr Gewinner, weniger Verlierer: Wohlstandsentwicklung 2012 bis 2015

Im Zeitvergleich ist feststellbar, dass sich die soziale Spaltung in Deutschland nicht weiter verschärft, obwohl der Anteil der Wohlstandsgewinner, die sich als wohlhabend einschätzen, von 42,3 Prozent im Jahr 2012 auf 48,4 Prozent im Jahr 2015 deutlich angestiegen ist. Im gleichen Zeitraum ist aber zugleich der Anteil der Wohlstandsverlierer von 19,6 auf 16,9 Prozent gesunken.

Altersarmut ist oft ein Thema in den Medien, aber laut NAWI-D  kein zu verallgemeinerndes Problem der Gegenwart. Nur 15 Prozent der älteren Bevölkerung ab 65 Jahren stufen sich auf der unteren Wohlstandsskala (1 bis 4) ein, mehr als dreimal so viele (50%) dagegen ganz oben.

Hamburg und Bayern sind Spitzenreiter im Wohlstandsranking

Spitzenreiter im Wohlstandsranking der Deutschen sind die Bayern (54,5%) und die Hamburger (55,2%). Schlusslicht ist das Land Sachsen-Anhalt, in dem nur eine Minderheit (34,0%) der Bevölkerung angibt, gut leben zu können.

Die Wohlstandskarte Deutschlands lässt jedoch keine Rückschlüsse auf ein mögliches West-Ost-Gefälle erkennen, so die Studienautoren. Denn die Thüringer schätzen sich genauso wohlhabend ein (44,4%) wie die Niedersachsen (43,5%). Und die Bewohner in Mecklenburg-Vorpommern (40,9%) können einem Vergleich mit den Hessen (41,1%) standhalten, weil sie den größten ökologischen Wohlstand in Deutschland aufweisen.

Angst um den Job im Osten am größten

Während im Gesamtbild des NAWI-D keine deutlichen West-Ost-Unterschiede erkennbar sind, ist bezüglich der Sicherheit des Arbeitsplatzes eine große Kluft zwischen alten und neuen Bundesländern feststellbar. Befragte in Bayern (60%) und Hamburg (59%) führen das Feld an, sie schätzen ihre Arbeitsplätze deutlich überdurchschnittlich als sicher ein. In Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern geben hingegen nur jeweils 36 Prozent an, einen sicheren Arbeitsplatz zu haben.

Wohlstandsdefizite und Zukunftsängste fordern die Politik heraus

Nur jeder zweite Befragte (48%) gibt nach den NAWI-D Ergebnissen an, überhaupt keine Angst vor der Zukunft zu haben, 52 Prozent haben größere oder kleinere Zukunftsängste. In diesem Zusammenhang ist interessant, dass 60 Prozent der Deutschen angeben, zumindest nicht in vollem Umfang für ihre eigene Zukunft finanziell vorsorgen zu können.

Nach den NAWI-D-Ergebnissen sind derzeit erhebliche Defizite im Vergleich zwischen dem Wohlstandsverständnis und der Wohlstandswirklichkeit feststellbar. Für drei Viertel der Deutschen bedeutet Wohlstand, ohne finanzielle Sorgen leben (76%), nur halb so viele Bürgern (38%) geben dies als ihre momentane Lebensrealität an. Einen erheblichen Nachholbedarf meldet die Bevölkerung auch bei der finanziellen Zukunftsvorsorge (-21 Prozentpunkte), dem sicheren Einkommen (-20) und dem gesicherten Arbeitsplatz (-14) an.

Defizitär empfindet die Bevölkerung ebenso die medizinische Versorgung. Eines der vermeintlich besten medizinischen Gesundheitssysteme der Welt mit so vielen Ärzten wie nie kann sich nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung (45%) leisten – vor allem auf dem Land (35%). Zwei Drittel der Landbewohner fühlen sich von der medizinischen Versorgung weitgehend ausgeschlossen. Mit den Defiziten wächst die Unzufriedenheit.


zurück

vg 11.06.2015