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Finanzbranche: Kultur bremst Karriere von Frauen

Frauen sind in Führungspositionen der Finanzbranche nach wie vor rar. Im internationalen Vergleich kommt Deutschland nicht aus einer hinteren Position heraus. Der Aufstieg von Frauen wird hierzulande vor allem durch kulturelle Barrieren gebremst. Auch international bleiben Unternehmen des Finanz- und Versicherungssektors bei der gleichberechtigten Förderung von Frauen und Männern hinter den Erwartungen ihrer Mitarbeiter zurück. Zu diesen Ergebnissen kommt die zweite Auflage der Studie "Women in Financial Services" von Oliver Wyman, die 381 Finanzunternehmen in 32 Ländern untersucht. Deutschland liegt demnach beim Frauenanteil in Vorständen nur auf Platz 24 von 32.

Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland schlecht ab

Der Anteil von Frauen in den Vorständen und Aufsichtsräten der zehn größten deutschen Finanzorganisationen verharrt auf niedrigem Niveau. Lediglich jedes fünfte Aufsichtsratsmitglied ist hierzulande weiblich, in den Vorständen liegt der Frauenanteil bei nur zehn Prozent. Seit 2003 hat sich der Frauenanteil von einer niedrigen Ausgangsbasis ausgehend in den Aufsichtsräten zwar verdoppelt und in den Vorständen verdreifacht - doch seit 2013 ist er nahezu unverändert.

Deutschland liegt damit der Studie zufolge international bei den Aufsichtsräten mit Platz 15 von 32 untersuchten Ländern im Mittelfeld und bei den Vorstandsmitgliedern mit Platz 24 im unteren Drittel. Im Durchschnitt aller betrachteten Finanzunternehmen beträgt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten 20 Prozent und in den Vorständen 16 Prozent. Doch die Spanne ist groß und an der Spitze stehen Länder wie Norwegen, Schweden und Thailand mit über 30 Prozent Frauenanteil in den Vorständen. Die Schlusslichter sind Japan und Südkorea mit weniger als fünf Prozent.

Bliebe es bei dem derzeit langsamen Zuwachs an weiblichen Führungskräften in der Finanzbranche, würde weltweit erst 2048 ein Frauenanteil von 30 Prozent in den Vorständen erreicht.

"Die größten deutschen Finanzunternehmen zählen zu den Instituten, die im internationalen Vergleich ohne Dynamik im Mittelfeld feststecken, während Länder wie Großbritannien, die USA, Polen, Italien, die Niederlande und Österreich zu den Aufsteigern zählen", sagt Astrid Jäkel, Partnerin bei Oliver Wyman und Leiterin der Studie.

Kulturelle Barrieren erschweren Frauen den Aufstieg


Die Ursachen für das Zurückbleiben deutscher Finanzinstitutionen reiche tief, so die Studie. Hierzulande gebe es zwar zahlreiche frauen- und familienpolitische Maßnahmen, doch dies verhelfe Frauen nicht zu mehr Präsenz und Gewicht in den Führungsgremien der großen deutschen Finanzunternehmen. Obwohl in Deutschland die Familien- und Frauenförderung deutlich umfassender ist als in der Schweiz, ist der Frauenanteil hierzulande nicht höher als im Nachbarland.

Die strukturelle Förderung könne es also nicht sein, die den niedrigen Frauenanteil in Führungspositionen erklärt, so die Stidienverfasser weiter. Vielmehr seien es kulturelle Prägungen und Barrieren, die den Aufstieg von Frauen bremsen, wie die Interviews von Oliver Wyman mit Führungskräften zeigen: Traditionelle Geschlechterrollen sind nach wie vor in vielen Köpfen verankert und sehen für Frauen eher die Mutterrolle, gegebenenfalls kombiniert mit einer Teilzeittätigkeit, als eine ambitionierte Karriere vor. Aus der Studie geht hervor, dass in Deutschland nur rund ein Drittel der befragten Frauen in der Finanzbranche aktiv eine Führungsposition anstrebt, während es im internationalen Vergleich fast zwei Drittel sind.

"Das ist für uns ein Indiz für die hierzulande sehr ausgeprägten geschlechtsspezifischen Rollenbilder", sagt Finja Carolin Kütz, Partnerin und Deutschland-Geschäftsführerin bei Oliver Wyman. "Zudem erschwert die in den Finanzhäusern oft gelebte Präsenzkultur, Familie und Karriere zu vereinbaren. Und trotz des gesetzlichen Anspruchs noch bestehenden Lücken in der Kinderbetreuung machen es auch beruflich ambitionierten Frauen schwer, ihre Ziele zu erreichen."


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tor 13.06.2016