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Unternehmenskäufe chinesischer Investoren auf Rekordhoch

Chinesische Investoren drängen weiter mit Macht auf den europäischen Markt. Im vergangenen Jahr haben sie in Deutschland und in Europa jeweils so viele Akquisitionen getätigt wie nie zuvor. In Europa kauften oder beteiligten sie sich an 309 Unternehmen, in Deutschland gab es 68 Zukäufe. Damit stieg die Zahl der Akquisitionen in Europa um 48 Prozent, in Deutschland sogar um 70 Prozent – im Jahr 2015 hatte es europaweit 209 Transaktionen gegeben, davon 40 in Deutschland.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, die M&A-Investitionen chinesischer Unternehmen in Deutschland und Europa untersucht.

Zahl der Transaktionen in Deutschland steigt um 70 Prozent

Auch das Transaktionsvolumen ist laut Analyse sprunghaft gestiegen: In Europa tätigten chinesische Unternehmen im vergangenen Jahr Zukäufe im Wert von 85,8 Milliarden US-Dollar nach einem Volumen von 30 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015. Noch deutlicher fällt der Sprung in Deutschland aus: Hier stiegen die Investitionen von 530 Millionen US-Dollar im Jahr 2015 auf 12,6 Milliarden US-Dollar im Jahr 2016.

Mit 68 getätigten Akquisitionen bleibt Deutschland in Europa das bevorzugte Investitionsziel chinesischer Unternehmen. Auf dem zweiten Platz steht Großbritannien mit 47 Akquisitionen, gefolgt von Frankreich und Italien, wo jeweils 34 Zukäufe getätigt wurden. Aufgrund der Syngenta/ChemChina-Transaktion liegt das Zielland Schweiz bei der Transaktionssumme mit insgesamt 45,8 Milliarden US-Dollar vorn. Deutschland folgt mit 12,6 Milliarden US-Dollar auf dem zweiten Rang, Großbritannien mit 9,6 Milliarden US-Dollar auf dem dritten.

Wie stark das Interesse chinesischer Unternehmen an Europa gestiegen ist, zeigt der 10-Jahres-Vergleich: Im Jahr 2007 waren europaweit nur 51 Transaktionen gezählt – seitdem haben sich die Aktivitäten chinesischer Unternehmen in Europa vervielfacht.

Politischer Gegenwind – Transaktionen werden schwieriger

Allerdings hat die starke Transaktionstätigkeit chinesischer Unternehmen in Deutschland zuletzt für Bedenken etwa in der deutschen Politik und bei Gewerkschaften geführt, eine Transaktion – die Übernahme des Chipherstellers Aixtron durch Grand Chip Investment – wurde abgesagt, nachdem der US-Präsident die Übernahme des US-Geschäfts von Aixtron durch die chinesische Bieterin verboten hatte.

Yi Sun, Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz: "Es ist verständlich, dass die Politik bestimmte Schlüsselindustrien schützen will. Andererseits ist für viele deutsche Unternehmen ein chinesischer Investor ein Glücksfall – er bietet zum Teil hohe Finanzressourcen, einen besseren Zugang zum chinesischen Markt und damit Zukunftsperspektiven. Etwaige Verbote von Übernahmen durch chinesische Unternehmen sollten daher sehr gut abgewogen werden."

Nach sehr starkem ersten Halbjahr Rückgang im zweiten Halbjahr

In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres zeigt sich ein Rückgang der Transaktionsaktivität in Europa und Deutschland: So ging die Zahl der Deals in Europa – nach einem sprunghaften Anstieg in der ersten Jahreshälfte um 45 Prozent –, im zweiten Halbjahr um knapp ein Viertel auf 133 Transaktionen zurück. In Deutschland sank die Transaktionsaktivität nur leicht: von 35 Transaktionen im ersten Halbjahr auf 33 Übernahmen zwischen Juli und Dezember. Die größeren Deals fanden allerdings im ersten Halbjahr statt: Das Transaktionsvolumen sank im Halbjahresvergleich von 10,4 Milliarden Euro auf 2,1 Milliarden Euro.

"Das Umfeld für chinesische Übernahmen in Deutschland hat sich eingetrübt", stellt Sun fest. Darauf müssten sich potenzielle chinesische Käufer einrichten: "Es wird immer wichtiger, die unternehmerischen Ziele einer Transaktion zu erklären, transparent zu kommunizieren und der Sorge vor einem Ausverkauf deutschen Know-hows mit guten Argumenten zu begegnen." Erschwerend komme hinzu, dass auch die chinesische Regierung großen Übernahmen im Ausland – etwa im Immobiliensektor oder in der Unterhaltungsindustrie – inzwischen kritischer gegenüber stehe. "Sie schaut genau hin, ob grenzüberschreitende Akquisitionen den Renmimbi schwächen. Peking möchte einen zu großen Kapitalabfluss und eine Abwertung der chinesischen Währung verhindern."

Dennoch rechnet Alexander Kron, Leiter Transaction Advisory Services für Deutschland, Österreich und die Schweiz, weiter mit einer regen Transaktionstätigkeit – vor allem in Deutschland: "Hierzulande gibt es nach wie vor viele Übernahmeziele für chinesische Unternehmen. Dabei dürften auch große Unternehmen, die derzeit noch im Besitz von Finanzinvestoren oder Teilbereiche von Großkonzerne sind, an Adressen aus China gehen."

Industrieunternehmen im Fokus

Der mit Abstand größte Deal ist die – noch nicht abgeschlossene – Übernahme des schweizerischen Chemieunternehmens Syngenta durch Chemchina für 44 Milliarden US-Dollar. Auf Platz zwei steht die Übernahme des finnischen Onlinespiele-Entwicklers Supercell durch Tencent für 8,6 Milliarden US-Dollar. Die europaweit drittgrößte Transaktion ist die Übernahme des deutschen Roboterherstellers Kuka durch Midea für 4,7 Milliarden US-Dollar.

Besonders im Fokus stehen für die Investoren aus Fernost Industrieunternehmen. 28 der 37 hierzulande getätigten Akquisitionen betrafen Industrieunternehmen, von den 309 in Europa getätigten Zukäufen betrafen 72 Industrieunternehmen. In Deutschland waren außerdem der Medizin-/ Health-Care- und der Energiesektor (elf bzw. sieben Übernahmen). Europaweit kauften Chinesen zudem vor allem Technologieunternehmen (42) und Energieunternehmen (29).


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rh 25.01.2017