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Menschenrechte: Unternehmen erfüllen Erwartungen oftmals nicht

Umgang mit Menschenrechten: Siemens belegt mit 60 Prozent der möglichen Punkte den ersten Platz (Quelle: ZHAW/BHRRC)
Umgang mit Menschenrechten: Siemens belegt mit 60 Prozent der möglichen Punkte den ersten Platz (Quelle: ZHAW/BHRRC)

Keines der 20 größten deutschen Unternehmen erfüllt alle grundlegenden Anforderungen an unternehmerisches Verhalten, wie sie in den 2011 vom UN-Menschenrechtsrat verabschiedeten UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) festgelegt sind. Am besten schneidet noch Siemens ab, die Deutsche Bank landet auf dem letzten Platz.

Dies zeigt die Studie Achtung der Menschenrechte der ZHAW School of Management and Law und des Business and Human Rights Resource Centers (BHRRC), die die 20 nach weltweitem Umsatz größten deutschen Unternehmen mit dem Corporate Human Rights Benchmark-Ansatz bewertet. Ausgewertet wurden im Frühjahr 2019 öffentlich zugängliche Informationen, die die Unternehmen selber veröffentlicht haben: Websites, formelle finanzielle und nicht-finanzielle Berichterstattung und andere öffentliche Dokumente.

VW, DHL & Co. können Sorgfaltsprüfung nicht durchgängig nachweisen

Acht von zehn Unternehmen erzielen weniger als 40 Prozent der maximal erreichbaren 24 Punkte. Zu den Unternehmen mit insgesamt niedrigsten Punktzahlen (zwischen 20 und 30 Prozent) gehören die Deutsche Post DHL, Deutsche Bahn und Deutsche Bank. Volkswagen erreicht 42 Prozent, was der Durchschnittspunktzahl entspricht. Siemens ist mit 60 Prozent (14,5 von 24 Punkten) das am besten bewertete Unternehmen.

"90 Prozent der Unternehmen konnten nicht aufzeigen, dass sie menschenrechtliche Risiken adäquat im Sinne der UN-Leitprinzipien handhaben", sagt ZHAW-Forscher Herbert Winistörfer, Hauptautor der Studie. Lediglich zwei Unternehmen, Daimler and Siemens, erzielten Punkte in jeder der vier Kernanforderungen im Bereich der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht.

Sorgfaltsprüfung: die meisten Unternehmen konnten nicht nachweisen, dass sie die UNGP-Anforderungen erfüllen (Quelle: ZHAW/BHRRC)

Weiter zeigt die Studie, dass viele Unternehmen die Rechte der Arbeitnehmenden als Teil ihrer meist hochkomplexen Lieferketten, das Engagement gegenüber betroffenen Interessengruppen wie zum Beispiel lokalen Gemeinschaften und den Zugang zu rechtlichen Hilfsmitteln (Rechtsbehelfen) in ihrer Menschenrechtspolitik nicht explizit abdecken und nicht nachweisen, dass ihre Beschwerdemechanismen wirksam sind. Beispielsweise stellen nur zehn Unternehmen ansatzweise sicher, dass auch Mitarbeitende von Lieferanten Anliegen und Beschwerden vorbringen können.

"Statt potenzielle Schäden für die Betroffenen stehen bei der Risikobewertung die potenziellen Schäden fürs Unternehmen wie Reputationsverluste im Fokus", so der ZHAW-Forscher.

Achtung der Menschenrechte per Gesetz

Die deutsche Bundesregierung hat sich für 2020 zum Ziel gesetzt, dass mindestens 50 Prozent der deutschen Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern einen effektiven Menschenrechtsschutz eingeführt haben sollen. Wenn diese freiwillige Umsetzung nicht gelingt, sollen – gemäss dem aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung – die Unternehmen gesetzlich zur Umsetzung einer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht verpflichtet und auf eine EU-weite Regulierung gedrängt werden.

"In welche Richtung eine mögliche Regulierung in Deutschland gehen wird, lässt sich zur Zeit nur schwer abschätzen. Diskutiert werden sowohl eine Pflicht zu mehr Transparenz, verpflichtende Vorgaben für eine menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung mit behördlicher Kontrolle oder eine erweiterte Haftung der Unternehmen analog zur Schweizer Konzernverantwortungsinitiative", erklärt Winistörfer.

Angewandte Methodik

Die Studie bewertet Unternehmen aufgrund von zwölf Kernindikatoren des Corporate Human Rights Benchmark (CHRB), die branchenübergreifend einsetzbar sind und die Anforderungen der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGPs) an Unternehmen abbilden. Sie umfassen die drei Bereiche Governance und politische Verpflichtungen, Einbettung von Respekt und Sorgfaltspflicht im Bereich der Menschenrechte sowie Mechanismen für Rechtsbehelfe und Beschwerden. Für jeden der zwölf Kernindikatoren wurden die Unternehmen mit null bis zwei Punkte bewertet. Ein Punkt wurde vergeben, wenn die grundlegende Anforderungen erfüllt wurden, zwei Punkte wenn sie übertroffen wurden.

Zur Studie geht es hier.



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(vg) 05.11.2019



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vg 05.11.2019