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Neuer Instagram-Kanal will Wissenschaft und Praxis verbinden

Prof. Dr. Carsten Baumgarth ist Professor für Marketing, insbesondere Markenführung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Prof. Dr. Carsten Baumgarth ist Professor für Marketing, insbesondere Markenführung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin

Mit dem Ende Juli gestarteten Instagram-Kanal Brückenbau Marke – Wissenschaft trifft Marke will Prof. Dr. Carsten Baumgarth, Professor für Marketing, insbesondere Markenführung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, gegen die geringe Wahrnehmung und Bedeutung der wissenschaftlichen Markenforschung in der Markenpraxis angehen. Im Interview mit markenartikel-magazin.de erläutert er, was die User erwartet, wie es gelingen soll, die Lücke zwischen Markenwissenschaft und Markenpraxis zu schließen und warum dabei gegenseitiges Verständnis die Grundvoraussetzung für Kooperationen und Austausch ist.


markenartikel: Sie haben kürzlich den Instagram-Kanal Brückenbau Marke – Wissenschaft trifft Marke gestartet. Was waren die Gründe dafür?

Prof. Dr. Carsten Baumgarth: Ich denke schon seit Jahren darüber nach, ob und wie man Wissenschaft und Praxis im Bereich Marketing und speziell Marke wieder näher zusammenbringen kann. Für mich war und ist Markenmanagement eine anwendungsorientierte Wissenschaft. Als Prof. Meffert & Co. Marketing an deutschen Hochschulen etablierten, war die enge Kooperation zwischen Wissenshaft und Praxis gelebte Praxis. Man hatte sich noch etwas zu sagen und befruchtete sich gegenseitig. Dies hat in den vergangenen zehn bis zwanzig Jahren immer stärker abgenommen.

markenartikel: Der Austausch findet nicht mehr in dem Maße statt wie früher?

Baumgarth: Richtig. Dazu nur zwei Zahlen: In einer italienischen Studie wurden Manager gefragt, welche wissenschaftlichen Journals sie kennen. Die die Bekanntheit – nicht die Nutzung – der Journals lag zwischen null und 35 Prozent. Die zweite Zahl lautet 5.772. Das ist die geschätzte Zahl an Forschungsartikeln, die 2019 in wissenschaftlichen Journals erschienen sind. Wer soll das alles lesen, verstehen und auf die eigenen Problemstellungen übertragen? Eine absolute Informationsüberlastung, die durch die veränderten Anreizmechanismen in der Wissenschaft wie kumulative Promotionen und Publikationszwang verursacht ist.

markenartikel: Diese Zahlen haben Sie zum Handeln bewegt?

Baumgarth: Das war meine Basismotivation. Daneben gibt es auch noch eine ganz persönliche und aktuelle Begründung. Während der diesjährigen Lockdown-Phase suchte ich nach einem Kreativprojekt. Forschung in meinem B*lab war kaum möglich, da die Hochschulen geschlossen waren und nur Lehrveranstaltungen digital aufzuzeichnen, war nicht nur anstrengend, sondern auch relativ monoton. In dieser Phase habe ich dann an einem Konzept getüftelt, das via Social Media hilft, den Gap zwischen Markenwissenschaft und Markenpraxis etwas zu schließen.

markenartikel: Warum ist die Zusammenarbeit zwischen Markenwissenschaft und Markenpraxis so wichtig?

Baumgarth: Aus meiner Sicht gibt es zwei Hauptargumente. Die Markenpraxis steht vor noch nie dagewesenen Veränderungen. Roboter als Markenkontaktpunkte, Shitstorms auf Social Media, Plattformmarken, Künstliche Intelligenz, Purpose etc. sind nur ein paar aktuelle Schlagworte. Diese Themen führen zu völlig neuen Fragen und benötigen innovative Antworten, die die Wissenschaft liefern kann. Auf der anderen Seite muss die Markenwissenschaft sich auch immer wieder legitimieren. Wir als Forscher werden überwiegend von der Gesellschaft über Steuergelder bezahlt. Aber was geben wir der Gesellschaft zurück? Auch aktuelle Ausschreibungen für Drittmittel fordern von den Antragstellern immer häufiger einen Nachweis der gesellschaftlichen Relevanz.

markenartikel: Der fehlt?

Baumgarth: Ich bin davon überzeugt, dass die Markenwissenschaft auch gesellschaftlich relevantes Wissen generiert, aber dieses muss auch im Sinne einer guten Wissenschaftskommunikation an die Zielgruppen transferiert werden. Das Verstecken in der Scientific Community hilft dabei nicht.

markenartikel: Was erhoffen Sie sich bzw. was wollen Sie mit dem Kanal erreichen?

Baumgarth: Hauptziel ist es, wertvolles Wissen aus der weltweiten Markenwissenschaft in die Praxis zu transferieren. Weiterhin soll auf Seiten der Praxis auch ein Verständnis für wissenschaftliche Forschung, Methoden und Prozesse erhöht werden, da dieses gegenseitige Verständnis die Grundvoraussetzung für Kooperationen und Austausch ist. Gleichzeitig soll der Kanal mir und meinem Team Spaß machen. Wir zwingen uns damit selbst, „anstrengende“ Forschung zu lesen, zu verstehen, zu komprimieren und zu kommunizieren. Das ist gar nicht so einfach, aber es ist ein spannendes Experiment.

markenartikel: Und warum haben Sie sich für Instagram entschieden?

Baumgarth: Meine Überlegung basiert auf der einen Seite auf der angestrebten Zielgruppe und auf der anderen Seite auf meiner eigenen Personenmarke. Ich will mit diesem Angebot insbesondere jüngere Praktiker aus Agenturen, Beratungsunternehmen und Unternehmen sowie Studenten erreichen. Weiterhin war es wichtig, dass es ein Kanal ist, der in Bezug auf Formate flexibel ist. Auch sollte er sich durch eine gewisse Leichtigkeit und geringe Zugangsbarrieren auszeichnen. Schließlich sollte der Kanal aber auch nicht nur eine Fun-Plattform sein wie TikTok, da es schon um wissenschaftliche Inhalte geht und ich als Kurator auch mit meinem Namen für die Inhalte und deren Auswahl stehe. Aber wir nutzen nicht nur Instagram, sondern promoten die Inhalte parallel insbesondere auch auf LinkedIn.

markenartikel: Was genau erwartet die User?

Baumgarth: Wir produzieren jede Woche eine neue Episode mit fünf bis zehn Minuten Länge als Podcast, Video, Interview etc. Jede Episode stellt einen Journalbeitrag oder ein Forschungsprojekt aus dem Bereich Marke vor. Diese Episoden sind bestimmten Kategorien zugeordnet, zum Beispiel Klassiker, Newcomer, B*lab oder Case.

markenartikel: Was verbirgt sich dahinter?

Baumgarth: Wir präsentieren beispielsweise die absoluten Klassiker der Markenwissenschaft. Dazu habe ich im Vorfeld mein internationales Wissenschaftsnetzwerk gefragt, welche Beiträge aus deren Sicht die wichtigsten Forschungsbeiträge sind. Das daraus resultierende Ranking stellt die Basis für diese Kategorie dar. In der Kategorie Newcomer werden hingegen aktuelle Paper aus den Jahren 2019 und 2020 vorgestellt. In der Kategorie B*lab berichten wir von unserer eigenen Forschung, die teilweise noch gar nicht abgeschlossen ist. Hier ist die Idee, auch etwas hinter die Kulissen von wissenschaftlicher Forschung zu blicken. Und in der Kategorie Case stelle ich eine Marke vor und erläutere deren Erfolgsgeheimnis oder deren aktuelle Aktivitäten vor dem Hintergrund von wissenschaftlichen Studien.


markenartikel: Was sind die nächsten Schritte und welche Ziele haben Sie sich gesetzt?

Baumgarth: Ich sehe das ganz Projekt als ein Designansatz, das heißt ich möchte mit dem Instagram-Kanal die Welt etwas besser machen und einen Impact haben. Weiterhin sollen sich der Kanal und der Ansatz immer in einem Beta-Stadium befinden, das bedeutet wir werden experimentieren, verändern und hoffentlich verbessern. Weiterhin ist mein Ziel, dass wir tatsächlich jede Woche neuen Content bereitstellen können. Im Augenblick ist der Kanal auch ganz bewusst in deutscher Sprache gestaltet, um die Sprachbarriere in der DACH-Region zu eliminieren. Aber es kann durchaus sein, dass wir in Zukunft auch englische Inhalte produzieren, um die internationale Reichweite zu erhöhen.


markenartikel: Wie ist es um die Reichweite bisher bestellt?

Baumgarth: Wir haben den Kanal vor rund fünf Wochen eröffnet und haben jetzt knapp 250 Abonnenten. Bis Ende des Jahres will ich mindestens 500 Abonnenten auf dem Kanal haben und pro Episode mindestens 200 Aufrufe. Aber mir geht es nicht so sehr um die absoluten Zahlen, sondern eher um die Qualität der Community. Ich freue mich, dass wir jetzt schon ein paar Agenturchefs, Unternehmer und auch Professoren als Abonnenten haben. Auch bin ich stolz, dass zum Beispiel Prof. Dr. Lane Keller, der vermutlich weltweit wichtigste Markenforscher, den Kanal sehr gelobt hat und uns ein Testimonial-Statement für unsere Kommunikation gegeben habt. Am Ende des Tages möchte ich mit dem Kanal dem Motto dienen: Denn nichts ist für die praktische Markenführung wertvoller als eine gute Markenwissenschaft!

Hier geht es zum Instagram-Kanal Brückenbau Marke – Wissenschaft trifft Marke.



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(vg) 01.09.2020



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vg 01.09.2020