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Die digitale Verantwortung der Marken - für Mensch und Maschine

Kim Kathrin Rudolph (l.) ist Senior Strategist bei der Kreativagenturgruppe KNSKB+, Lena Kuhlmann (r.) ist Director Strategy bei der Kreativagenturgruppe KNSKB+ (Fotos: Anna-Maria Langer)
Kim Kathrin Rudolph (l.) ist Senior Strategist bei der Kreativagenturgruppe KNSKB+, Lena Kuhlmann (r.) ist Director Strategy bei der Kreativagenturgruppe KNSKB+ (Fotos: Anna-Maria Langer)

Sucht, Beeinflussung und die Spaltung der Gesellschaft – viele suchen die Schuldigen für die negativen Folgen des digitalen Angebots bei Google, Facebook, Instagram & Co. Warum auch für Unternehmen eine neue Verantwortung entsteht, das Internet wieder mehr am Menschen und weniger an Maschinen auszurichten und wie man das zur Stärkung der Marke nutzen kann, verraten Lena Kuhlmann und Kim Kathrin Rudolph (beide KNSKB+) in ihrem Gastbeitrag auf markenartikel-magazin.de:

Durchschnittlich 80 Mal am Tag checken wir unser Smartphone. Und obwohl viele der täglichen Push-Nachrichten unwichtig sind, klicken wir trotzdem auf triviale Mittteilungen. Denn jedes 'Ping' löst Glücksgefühle aus und führt bei vielen zu einer immer stärkeren Abhängigkeit vom Smartphone und Plattformen.

Die eigene, digitale Realität

Doch nicht nur Social-Media-Sucht ist gefährlich. Auch das, was gerade anhand von Bewegungen wie QAnon oder Querdenker deutlich wird: der Einfluss auf die Meinungsbildung durch das Internet und dadurch eine Spaltung innerhalb der Gesellschaft. Denn Algorithmen schlagen den Usern das vor, was ihnen oder Nutzern mit ähnlichem Profil interessieren. Im Strom aus immer gleichen Inhalten findet jeder seine Bestätigung.

Erst in der nicht digitalen Welt fragt sich der ein oder andere: "Wie kann mein Gegenüber die Klimakrise abstreiten, Fleisch essen, Corona leugnen? Sieht diese Person denn nicht, was ich sehe?" Die Antwort ist sehr wahrscheinlich: Nein. Denn das ist nur DEINE Welt. Nicht DIE Welt.

Das Problem ist das Bezahlsystem

All diese Dienste sind für den User kostenlos – zumindest augenscheinlich. In der Netflix-Dokumentation „The Social Dilemma“ wird eine treffende Beobachtung angeführt: "you are not paying for the product, then you are the product."

Digitale Werbung funktioniert mittlerweile so nativ, dass sie zum Teil gar nicht mehr auffällt. Oft scheint der Algorithmus bereits vor dem User selbst zu wissen, was dieser sich gerade wünschen. Bei der Aussteuerung raten mittlerweile sogar Experten davon ab kleinteilige Zielgruppen zu definieren. Der Werbeanzeigenmanager wisse sowieso am besten, was wann bei wem funktioniere.

Content für Maschinen

Jegliche Content-Produktionen sind von dieser Entwicklung betroffen. Das Schreiben und Produzieren für Google & Co. ist heute wichtiger, als für den Menschen selbst. Die meisten Websites sind abhängig davon, von Suchmaschinen gefunden zu werden und ihre Inhalte über Social Media zu teilen bzw. teilen zu lassen. Dieses Prinzip zu durchbrechen ist schwer.

Es soll kein Plädoyer für oder gegen digitale Plattformen und Suchmaschinen sein. Denn die Maschinen sind nicht nur schlecht. Sie machen unsere komplexe Welt in vielerlei Hinsicht deutlich einfacher. Vielmehr ist es ein Plädoyer für einen Zwischenweg, der wieder mehr für Menschen und weniger für die optimierte Ausspielung arbeitet.

Die Verantwortung der Marken

Dabei wäre es naiv zu sagen, dass diese Plattformen die alleinige Verantwortung tragen. Denn in einem kapitalistischen Markt wird etwas solange gemacht, wie es monetär funktioniert. Selbst wenn diese Player aufhören würden, übernähmen andere. Vielmehr liegt ein großer Teil der Verantwortung bei denen, die die digitalen Ad Manager füttern. Und das sind die Marken und Unternehmen. Marken stehen in diesem Kontext vor einem Dilemma: Kann man als Marke Algorithmen überhaupt trauen? Und wenn ja, wie kann man sie als Marke verantwortungsvoll nutzen?

Genau hier trifft die Algorithmusfrage auf die Markenhaltungsfrage. Haltung ist ein wichtiges Trendthema unserer Zeit. Immer mehr Menschen fordern immer mehr Haltung – in Kommunikation sowie im Handeln – von Marken. Und genau das trifft auch auf das Handeln im digitalen Umfeld zu. Die Algorithmusfrage wird also zur Haltungsfrage. So bekommen Marken Chance und gleichzeitig Verantwortung, Haltung auch im Digitalen zu zeigen, indem sie verantwortungsvoll mit dem Algorithmus handeln.

Mit Haltung den Markenwert steigern

Das hat wenig mit Selbstlosigkeit zu tun, denn Haltung beweisen geht mit der Steigerung des Markenwerts einher. Einem nicht zu unterschätzenden KPI in einer zunehmend ausdifferenzierten Welt. Während sich mittlerweile viele Unternehmen an Haltung auf analogen Kanälen versuchen, haben noch wenige die digitalen Möglichkeiten abseits der „Standardlösungen“ in diese Überlegungen einbezogen.

Einige Marken und Influencer machen vor, wie das mit ein wenig Gerissenheit, Verständnis für die Plattformen und Kreativität gelingen kann:

  1. Mit den Schwächen der Algorithmen zu mehr Reichweite: Die Algorithmen nutzen die Schwächen der Menschen. Warum sollten wir dann nicht auf die Schwäche der Algorithmen setzen? Das gleiche dachte sich wohl auch TikTok-Influencerin Feroza Aziz im vergangenen Jahr. Auf TikTok sind politische Aussagen verboten. Doch sie schlug dem Algorithmus ein Schnippchen. Während sie augenscheinlich ein Make-up-Tutorial gibt, macht die amerikanische Muslimin verbal auf die Inhaftierung von Millionen Moslems in Internierungslagern in China aufmerksam. In Populärmedien wurde bis zu diesem Zeitraum kaum darüber berichtet. Durch ihren findigen Trick thematisierten Medien weltweit ihr Anliegen und die kluge Umsetzung. Die dreiteilige Videoserie ging viral. Millionen wurden aufmerksam auf das Thema und ihre Follower-Zahlen explodierten.
  2. Mit Schockmoment zu mehr Sharing: Das zweite Beispiel setzt auf das Prinzip des Teilens. Und geteilt wird, was berührt, begeistert oder schockiert. Letzteres erreichte die Aktion von Followfood mit YouTuber Inscope. Der Influencer gaukelte in seiner Instagram-Story vor, Baby-Delfin zuzubereiten und zu essen. Der Aufschrei seiner Follower und anderen Influencern ist groß. Die Medien überschlagen sich. Nach 24-stündigem Shitstorm löst Inscope auf: Es handelte sich um eine Silikonanfertigung und Kampagne für mehr Achtsamkeit beim Kauf von Lebensmitteln. Inscope freut sich im Anschluss über einen Fanzuwachs von 100.000 und Followfood über Bekanntheit, Aufmerksamkeit und Website-Aufrufe.
  3. Mit Hashtags zur starken Community: Einen anderen Aspekt macht sich der schleswig-holsteinische Sender Delta-Radio zu Nutze. Mit einer aktuellen Initiative ruft er Hörer und Follower dazu auf Mobbing, Rassismus und Hass im Netz mit dem Hashtag #gegenwind sichtbar zu machen. Dadurch wird sowohl der Radiosender als auch die dahinterstehende Community auf entsprechende Inhalte aufmerksam und können aktiv werden. Gleichzeitig nimmt die Marke eine starke Haltung ein.

Digitale Verantwortung übernehmen

Dies sind nur einige Beispiele dafür, was möglich ist. Jede Lösung sollte strategisch überlegt und für eine positive Wirkung auf die Marke abgestimmt werden. Aber eins ist klar: Für Marken ist es möglich Haltung im Digitalen zu beweisen und Verantwortung zu übernehmen. Und das sollten sie auch!



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(vg) 14.12.2020



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vg 14.12.2020