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Dr. Christian Hahn, Telekom, über Bewegtbild: "Weg vom Campaigning hin zum Streaming"


Christian Hahn ist Leiter Marketingkommunikation, Strategie und Media bei der Deutschen Telekom in Bonn - Quelle: Telekom

Bewegtbild spielt für Werbungtreibende eine wichtige Rolle in der Kommunikation. Wie er die Vielzahl der Kanäle managt und was es dabei zu beachten gilt, verrät Dr. Christian Hahn, Leiter Marketing Communications Strategy and Media bei der Deutschen Telekom in Bonn. Und in markenartikel 6/2021 lesen Sie, was Markenverantwortliche bei BSH, E.ON, Duravit, Mäurer & Wirtz, Mondelez und Toyota dazu sagen. Bei Interesse am Heft melden Sie sich gerne bei goebel@markenartikel-magazin.de.

markenartikel: Die Zahl der Bewegtbildkanäle hat stark zugenommen. Was kann Video für die Marke leisten – und welche Rolle spielt es deshalb in Ihrem Marketingmix?

Dr. Christian Hahn: Video-Formate haben ja gemeinhin den Ruf, durch ihre audiovisuelle Ansprache Emotionen besonders gut zu vermitteln und dadurch am besten für die Markenkommunikation geeignet zu sein. Generell stimmt das auch. Daher sind Video-Formate auch ein wichtiger Bestandteil unseres Mediamix. Bei näherer Betrachtung müssen wir aber differenzieren: Bewegtbild ist nicht gleich Bewegtbild.

markenartikel: Wie meinen Sie das?

Hahn: Youtube und TV sind beispielsweise ganz unterschiedliche Kanäle, die im Marketingmix auch verschiedene Rollen spielen. Wir müssen zum Beispiel aufhören, Youtube als den jüngeren Bruder von TV zu verstehen, und die Mediennutzungssituation und die Bedürfnisse der Konsumenten in Bezug auf die unterschiedlichen Medien gleichzusetzen. Vielmehr achten wir darauf, dass der jeweilige Kanal unsere Botschaft bestmöglich an die relevante Zielgruppe transportiert. Und das kann eben einmal TV als Kanal sein oder ein anderes Mal Kanäle wie Youtube, Twitch, etc.

markenartikel: Wie gelingt es dabei, digitale und klassische Bewegtbildkanäle effektiv zu verzahnen?

Hahn: Effektiv zu kommunizieren bedeutet ja, beim Kunden einen Effekt auszulösen. Um gezielt Effekte auslösen zu können, fragen wir uns zunächst: Welche Bedürfnisse versucht ein Konsument bei der Nutzung verschiedener Medienkanäle zu befriedigen? Wann schaltet er eher den Fernseher an und wann schaut er eher ein Video online oder mobil auf alternativen Kanälen wie Youtube. Handelt es sich eher um eine Lean-Back- oder eine Lean-Forward- Situation? Ist der Kunde auf der Suche nach Information oder Entspannung? Das sind die Fragen, die wir im Hinblick auf unsere Kanalauswahl ganz bewusst berücksichtigen müssen.

markenartikel: Warum?

Hahn: Nur wenn wir wirklich verstehen, welche Rolle ein Kanal für den Kunden in der spezifischen Situation spielt, können wir die richtige Botschaft zur richtigen Zeit an die Menschen senden und so effektiv kommunizieren. Übergreifende überzeugende Planungs-Tools sind dabei leider sowohl von den GAFAS als auch den klassischen Bewegtbildvermarktern nicht wirklich in Sicht. Hinzu kommt der baldige Wegfall von Cookies. Außerdem verliert lineares TV weiter an Reichweite gegenüber den digitalen Kanälen, insbesondere bei jüngeren Zielgruppen. Da helfen nur sehr dediziertes Wissen und das Aufsetzen auf Erfahrungswerten.

markenartikel: Und wie ist Ihre Erfahrung mit Blick auf Kreation und Ausspielung? Worauf müssen Marken achten, um mit ihrem Content bei den Verbrauchern zu punkten?

Hahn: Zunächst einmal ist es wichtig zu verstehen, daß unterschiedliche Ziele unterschiedliche Kommunikation erfordern. Geht es zum Beispiel darum, die Absatzzahlen eines Produktes kurzfristig in die Höhe zu treiben, benötige ich dafür ein anderes Kampagnenkonzept, eine andere Kanalauswahl und eine andere kreative Umsetzung als bei einer Kampagne, die darauf abzielt, langfristig Imagewerte zu steigern. Je eher Marken sich im Klaren darüber sind, was sie erreichen wollen, desto einfacher ist es für sie, die richtigen Kanäle und die richtige kreative Herangehensweise zu identifizieren. Geht es dann an die Kampagnenplanung ist es essentiell, dass Media und Kreation Hand in Hand arbeiten. Der eine Kampagnenspot gehört größtenteils der Vergangenheit an.

markenartikel: Und wie sollte man stattdessen vorgehen?

Hahn: In der modernen Kommunikation müssen wir davon Abschied nehmen, einzelne Kampagnen mit unabhängigem Storytelling nacheinander auszuspielen. Der Kunde erwartet von uns, dass wir dauerhaft dialogbereit sind und ihm relevante Informationen in passenden Momenten offerieren. Wir nennen das "weg vom Campaigning hin zum Streaming". Moderne Kreationskonzepte enthalten daher passende Contents für diverse Kanäle und spezifische Werbeformate. Damit über dieses sehr individuelle Storytelling überhaupt Markenbotschaften transportiert werden können, ist es entscheidend, dass bei der Kreationsentwicklung bereits die Funktionsweise der Kanäle berücksichtigt wird. Durch das dazu erforderliche Kanalverständnis rücken Media und Kreation zwangsläufig noch näher zusammen. Eine gute Entwicklung, die Kommunikation auf lange Sicht kundenrelevanter und damit erfolgreicher macht.

markenartikel: Inwieweit hat Corona Ihre Pläne mit Blick auf geplante Bewegtbildkampagnen durcheinandergewirbelt?

Hahn: Ganz gewaltig. Als sich die Situation zu Beginn der Pandemie zuspitzte, hat unsere Technologie zwangsläufig an Bedeutung gewonnen. Damit traten unsere bisherigen Kampagnenplanungen in den Hintergrund. Stattdessen haben wir uns auch in der Kommunikation darauf konzentriert, unserer Aufgabe als Telekommunikationsführer in Deutschland gerecht zu werden und die Menschen in dieser Not zu unterstützen. Als Unternehmen stehen wir für Teilhabe. Uns ist wichtig, dass wir in Zeiten der zwangsauferlegten Distanz helfen können, Menschen über unsere Netze und Dienste zusammenzuführen und zu verbinden. Die Kommunikation wurde damit Teil des Krisenmanagements.

markenartikel: Wie sind Sie vorgegangen?

Hahn: Zunächst stand daher nicht die Werbung im Vordergrund. Stattdessen haben wir zum Beispiel Kunden kostenloses zusätzliches Datenvolumen, Vergünstigungen beim Streaming-Dienst Disney+ und Gratis-Webex-Pakete für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen angeboten. In der Markenkampagne 'Ihr macht das Beste aus dem besten Netz' haben wir Menschen Mut gemacht durchzuhalten. Zusätzlich - und das ist uns sehr wichtig – nutzen wir unsere Kommunikation, um diejenigen zu unterstützen, die am meisten unter der Pandemie zu leiden haben.

markenartikel: Sie sprechen die Initiative 'Unser Platz für eure Hilfe' an.

Hahn: Genau. Hier haben wir eine Woche lang alle unsere gebuchten Werbeplätze Organisationen geschenkt, die der Gesellschaft dabei helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Hier geht es um Optimismus und Solidarität und darum, als große relevante Marke diejenigen zu unterstützen, die jeden Tag – nicht nur während der Pandemie – gehört werden sollten.

markenartikel: Eine Frage haben wir noch: Was wünschen Sie sich von Seiten der Anbieter, wenn es um konkrete Zahlen zur Effektivität der Kampagnen geht?

Hahn: Ich wünsche mir von den Anbietern eine Art der Messung, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Wenn wir effektiv kommunizieren wollen, dann müssen wir vom Kunden aus denken und bestehende Messungen hinterfragen. Die zentrale Frage ist: Hat ein spezifischer Werbemittelkontakt eine Wirkung auf den Kunden? Diese Wirkung sichtbar zu machen und das Ökosystem langfristig so auszurichten, dass wir Medien nach ihrer Wirksamkeit einkaufen, wäre ein großer Schritt nach vorne.



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vg 18.05.2021