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Wirtschaft ist digitaler geworden, aber Digitalisierung oft nur an der Oberfläche

Der Digitalisierungsschub durch die Corona-Panemie ist weniger tiefgreifend als oftmals gedacht, zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Köln. Demnach haben zwar mehr Menschen Zugang zu Internet-Anschlüssen mit einer Kapazität von 1.000 Mbit je Sekunde, mehr Unternehmen haben ihre Prozesse digitalisiert und mehr Start-ups haben digitale Impulse gesetzt. Bei digitalen Produkten besteht dagegen noch viel Potenzial, so die Forscher. Die Corona-Pandemie habe nicht zu einem umfassenden Digitalisierungsschub geführt, aber zu einem 'Homeoffice-Schub', also einer Digitalisierung auf Ebene der Prozesse in Unternehmen. Das betreffe beispielsweise die Digitalisierung des Informationsaustauschs im Unternehmen sowie die digitale Vernetzung der Unternehmensprozesse mit anderen Unternehmen.

Die IW-Wissenschaftler haben für die Studie einen Index entwickelt, der den Digitalisierungsfortschritt in verschiedenen Bereichen untersucht, beispielsweise in der Forschung und auf Unternehmensebene. Für die mäßige Entwicklung sei vor allem die Unsicherheit verantwortlich, die mit der Pandemie einhergeht, so die Studienautoren Jan Büchel und Barbara Engels: Viele Unternehmen hätten vor allem dort digitalisiert, wo es überlebenswichtig war oder mit geringem Risiko einherging, beispielsweise im Bereich der Prozesse. Größere digitale Geschäftsmodelle und innovative Projekte wurden dagegen gestoppt, oft auch aus Kostengründen.

Chancen möglichst früh nutzen

Immerhin hätten sich die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung der Wirtschaft insgesamt verbessert.

"Jetzt braucht es auch den Mut der Unternehmerinnen und Unternehmer, digitaler zu werden – je früher, desto besser", sagt IW-Studienautorin Barbara Engels.

Der Digitalisierungsindex erscheint jährlich im Rahmen des Projekts Entwicklung und Messung der Digitalisierung der Wirtschaft am Standort Deutschland im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie. Projektpartner sind IW, IW Consult, ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung sowie das Forschungsinstitut für Rationalisierung (FIR) e. V. an der RWTH Aachen und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW).

Digitalisierungsindex steigt, vor allem kleine Unternehmen haben aber Aufholbedarf

Insgesamt zeigt die Studie, dass die Wirtschaft in Deutschland ist durchgängig digitaler ist als noch 2020: Der Digitalisierungsindex steigt von 100 auf 108 Punkte. Die Treiber der Digitalisierung sind vor allem verbesserte Rahmenbedingungen, also unternehmensexterne Indexkategorien wie Humankapital und Technische Infrastruktur. Sie steigen im Durchschnitt stärker als die unternehmensinternen Indexkategorien, wie beispielsweise Forschungs- und Innovationsaktivitäten sowie Geschäftsmodelle.

Große Unternehmen, die IKT-Branche, die Bundeslandgruppe Süd (Baden-Württemberg und Bayern) sowie Agglomerationen sind deutliche Digitalisierungsvorreiter. Kleine Unternehmen, das Sonstige Produzierende Gewerbe, die Bundeslandgruppe Ost (Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) und die geringverdichteten ländlichen Räume haben am meisten Aufholbedarf.

Positiver Ausblick

Es ist zu erwarten, dass die Wirtschaft in Deutschland auch bei den internen Indikatoren zukünftig deutlich höhere Werte erreicht, wenn die negativen Auswirkungen der pandemiebedingten Ausnahmesituation auf Budget und Absatz geringer werden. Dann werden die Unternehmen wieder mehr Investitionsspielraum haben, um weiterreichende Digitalisierungsprojekte voranzutreiben, die sich auch auf ihre Produkte und Geschäftsmodelle auswirken, so die Forscher.

Der Digitalisierungsindex wurde 2021 das zweite Jahr in Folge erhoben. Grundlage der Befragung der Unternehmen zum Stand ihrer internen Digitalisierung ist das sogenannte Reifegradmodell. Dabei werden die unternehmensinternen Aktivitäten anhand der Kategorien Prozesse, Produkte, Geschäftsmodelle, Qualifizierung sowie Forschungs- und Innovationstätigkeit einer Analyse unterzogen. Ergänzend betrachtet werden außerdem unternehmensexterne Einflussfaktoren anhand der Kategorien technische Infrastruktur, administrativ-rechtliche Rahmenbedingungen, Gesellschaft, Humankapital und Innovationslandschaft.

Die nächsten Ergebnisse für den Digitalisierungsindex werden im Herbst 2022 vorliegen. Die aktuelle Studie finden Sie hier.

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vg 01.12.2021