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Digitalisierung und Nachhaltigkeit

Wie engagiert sind Dax-Unternehmen?

Um einen Eindruck zu gewinnen, mit welchen Nachhaltigkeitszielen und Werten große Unternehmen ihre Digitalisierungsprozesse verbinden, hat Silke Niehoff, Forscherin am Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. (IASS), die Nachhaltigkeitsberichte von 20 Dax-Unternehmen analysiert sowie zwölf Interviews mit Unternehmensvertretern geführt. Die meisten Aussagen offenbarten eine auf unmittelbare Vorteile abzielende Sicht auf die Digitalisierung.

"Die Unternehmen sind stark auf Kundenanforderungen fokussiert und sehen die Digitalisierung als Möglichkeit, ihr Geschäftsmodell effizienter zu gestalten, ohne es grundlegend zu verändern. Damit reproduzieren sie nicht nachhaltige Wirtschaftsmuster", sagt die Umweltwissenschaftlerin.

Kundenwünsche an erster Stelle

Die Erfüllung von Kundenwünschen wird in den Nachhaltigkeitsberichten am häufigsten als Motivation für Digitalisierung genannt. Den zweiten vermuteten Nutzen der Digitalisierung fasst Niehoff unter dem Thema Optimierung zusammen: Die Digitalisierung wird als Instrument zur Weiterentwicklung bestehender Prozesse und zur Verbesserung der Effizienz und Geschwindigkeit bei gleichzeitiger Kostenreduzierung verstanden. So heißt es etwa im Nachhaltigkeitsbericht eines Bekleidungsherstellers: "Wenn wir unsere digitalen Kompetenzen entlang der gesamten Wertschöpfungskette verbessern, können wir nicht nur mit unseren Konsumenten in Kontakt treten, sondern zudem in allen Bereichen unserer Organisation schneller, besser und effizienter werden. Wir erzielen weiterhin gute Fortschritte mit verschiedenen digitalen Beschleunigern (digital accelerators)."

Wenn jedoch Umweltkriterien im Vordergrund stehen, kann die Optimierung bestehender Prozesse durchaus zu mehr Nachhaltigkeit beitragen, schreibt die Forscherin. So hat ein Unternehmen mit einer stärker ausgeprägten Nachhaltigkeitsorientierung eine Plattform geschaffen, die verschiedene Unternehmensstandorte digital miteinander verbindet und es ermöglicht, Umweltdaten wie den Energieverbrauch zu erfassen und das Einsparpotenzial zu identifizieren.

Einen über den unmittelbaren Nutzen hinausgehenden Ansatz, der Nachhaltigkeitsfragen ganzheitlich adressiert, haben laut Analyse nur wenige Unternehmen. Eines dieser Unternehmen setzt zum Beispiel eigene Ressourcen ein, um gemeinsam mit externen und internen Akteuren normative Standards für einen ethischen Umgang mit Künstlicher Intelligenz zu entwickeln.

Nur drei Prozent der Maßnahmen deuten auf ein "starkes Nachhaltigkeitsweltbild" hin

Insgesamt ordnete Niehoff in den untersuchten Berichten nur drei Prozent der genannten Motivationen, Herausforderungen und Maßnahmen der Digitalisierung einem starken Nachhaltigkeitsweltbild, dagegen 45 Prozent einem schwachen und 41 Prozent einem mittleren Nachhaltigkeitsverständnis zu.

"Diese Weltsicht beeinflusst auch, wie Digitalisierung in den Unternehmen tatsächlich umgesetzt wird und bedeutet für die untersuchten Fälle, dass Digitalisierung in dieser Form nur wenig Beitrag für mehr Nachhaltigkeit leisten oder sogar eine nicht nachhaltige Entwicklung weiter verstärken könnte", sagt die Forscherin.

Jene Unternehmen, die Digitalisierung als Gestaltungsaufgabe für eine nachhaltige Entwicklung begreifen, könnten laut Niehoff anderen Unternehmen als Vorbild dienen, wenn die Sichtbarkeit ihrer Bemühungen erhöht würde, zum Beispiel durch Best-Practice-Leitfäden, Politikberatung oder Kooperationen mit der Wissenschaft. Weniger fortschrittliche Unternehmen könne die Politik durch Informationsaustausch, Unterstützung und Regulierung ansprechen, sowohl um eine nachhaltigere Weltsicht als auch nachhaltige Umsetzung der Unternehmensdigitalisierung zu fördern.

Die Studie Aligning digitalisation and sustainable development? Evidence from the analysis of worldviews in sustainability reports finden Sie hier.

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vg 29.03.2022