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Konsumverhalten

Trend zur Digitalisierung bei deutschen Verbrauchern

Quelle: Illustration Marcus Stark/pixelio.de

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Deutsche Verbraucher:innen werden zunehmend digitaler. Das zeigt eine online-gestützte, repräsentative Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey zum digitalen Nutzungsverhalten. 70 Prozent der Deutschen nutzen demnach mittlerweile digitale Dienste für Lebensmitteleinkauf, Bankgeschäfte oder Behördendienstleistungen. An der Digital Sentiment Survey nahmen im März über 25.000 europäische Verbraucher:innen (18 bis 85 Jahre) aus 19 Ländern teil, darunter über 1.500 aus Deutschland. Der Survey 2022 ist die dritte Auflage der erstmalig 2020 durchgeführten Verbraucherumfrage.

Nach dem starken Anstieg durch die Corona-Pandemie ist die Nutzung digitaler Kanäle in fast allen europäischen Ländern in diesem Jahr laut McKinsey etwas zurückgegangen: 15 von 19 europäischen Ländern verzeichnen nach Lockerung der Corona-Einschränkungen ein Wiedererstarken physischer Kanäle, etwa beim Einkauf im Supermarkt, im Modegeschäft oder dem Besuch der Bankfiliale. Deutsche Verbraucher:innen bilden eine der wenigen Ausnahmen: Hier konnten seit vergangenem Jahr knapp vier Millionen neue Nutzer:innen hinzugewonnen werden, die erstmals online einkauften, eine Versicherung abschlossen oder eine Reise buchten. Gegenüber 2021 entspricht das einem Wachstum von fünf Prozentpunkten (PP). Ursächlich für das Wachstum ist vor allem eine stärkere Nutzung digitaler Lösungen in den Branchen Banking (+14 PP auf insgesamt 86 Prozent), Gesundheitswesen (+14 PP auf insgesamt 44 Prozent) und Lebensmittelhandel (+11 PP auf insgesamt 21 Prozent). In Summe ist die Akzeptanz digitaler Interaktion über Apps, Chats oder Webseiten weit mehr als ein pandemischer Trend – Europa hat seit 2019 im Durchschnitt einen Nettozuwachs von 100 Millionen Online-Nutzer:innen erlebt.

Im europäischen Mittelfeld angekommen

Insgesamt lässt sich eine Annäherung des Digitalverhaltens an den europäischen Durchschnitt beobachten: Rund 85 Prozent der Europäer:innen mit Internetzugang haben während der vergangenen sechs Monate mindestens einen digitalen Dienst aus dem Bereich Lebensmittel, Banking, Versicherungen, Einzelhandel, Unterhaltung, Bildung, öffentliche Verwaltung oder Gesundheit genutzt. 2021 hielten Deutschlands Verbraucher:innen trotz Zuwachs noch die rote Laterne: Nur 65 Prozent der deutschen Verbraucher:innen hatten 2021 digitale Dienste genutzt.

Mit jetzt 70 Prozent Digital-Nutzer:innen rückt Deutschland auf Platz 13 im europäischen Vergleich vor. Neben Deutschland zählen auch Österreich (+7 PP), Finnland (+3 PP) und die Schweiz (+0,5 PP) zu den Ländern mit Online-Zugewinnen. Alle anderen Länder zeigen teilweise deutliche Rückgänge in der Digitalnutzung zugunsten von physischen Kanälen, etwa dem Gang in den stationären Handel (Frankreich -11 PP, Portugal -13 PP, Tschechien -14 PP).

"Europas und Deutschlands Verbraucher:innen interagieren im New Normal mit deutlich mehr Branchen über digitale Kanäle als vor der Pandemie. Die Entwicklung ist unumkehrbar und wird sich über die jungen Generationen noch einmal verstärken", sagt Gérard Richter, Leiter von McKinsey Digital in Deutschland und Senior Partner im Frankfurter Büro von McKinsey.

Banken und Gesundheitswesen mit größtem Wachstum bei digitaler Interaktion

Der digitale Nutzungsgrad unterscheidet sich laut der Studie zwischen den untersuchten Branchen teilweise erheblich: Banking erlebt absolut den größten Zuwachs bei vollkommen digitalen Nutzern (+33 PP): Rund 86 Prozent der Nutzer:innen von Bankdienstleistungen gaben an, diese ausschließlich digital zu nutzen. Der Wert stellt nach nach Unterhaltung (88 Prozent) die zweithöchste Durchdringung in der erwachsenen Bevölkerung dar.

Im Gesundheitswesen ist die Digitalisierung ebenso angekommen, vermeldet McKinsey: Zwar geben die Verbraucher:innen an, dass nach wie vor im Gesundheitswesen eine große Präferenz für persönlichen Kontakt besteht – teils ohnehin unabdingbar – doch gaben rund 44 Prozent der Befragten an, in diesem Sektor in den letzten sechs Monaten rein digitale oder digital-unterstützte Angebote wahrgenommen zu haben, insbesondere die digitale Kontaktaufnahme mit dem Arzt/der Ärztin oder der Krankenversicherung per Mail oder Chat. Jede:r dritte Digitalnutzer:in hat dies bereits versucht. Auch Wellness- bzw. Gesundheitsmonitoring-Apps und -Onlinediensten (27 Prozent) und Online-Diagnose/Symptom-Checker (21 Prozent) wurden genutzt. Dagegen spielen Video-Sprechstunden bzw. Online-Therapie noch eine eher untergeordnete Rolle (11 Prozent).

Signifikante Verluste in der Nutzung von Onlinediensten verzeichnet der öffentliche Sektor mit -18 PP gegenüber 2021 und damit hochgerechnet knapp vier Millionen Nutzer:innen.

Vertrauen der Nutzer:innen in digitale Services bleibt unverändert

Die Zufriedenheit der aktiven Nutzer:innen von Online-Diensten stieg über alle Sektoren hinweg leicht an – von 3,81 im Jahr 2021 auf 3,95 auf einer Skala von eins bis fünf. Hauptgrund für Unzufriedenheit sind schlechtes Nutzungserlebnis und Design. Das beste Nutzungserlebnis verbucht der Banking-Bereich (4,2).

Kaum verändert hat sich hingegen das Vertrauen der Nutzer:innen in digitale Services. Jede:r Dritte sorgt sich um den Umgang mit personenbezogenen Daten. Darüber hinaus hat im Vergleich zum letzten Jahr auch die Sorge vor Cyberattacken zugenommen: Fast jede:r dritte Nutzer:in misstraut digitalen Angeboten aus Angst – direkt oder indirekt – Opfer eines Cyberangriffs zu werden. Demgegenüber befürchtet jedoch nur rund jeder fünfte Nutzer, nicht ausreichend dafür kompensiert zu werden, wenn online irgendetwas schief läuft.

Auswirkungen von Technologietrends und Geopolitik

Aktuelle technologische Schlüsseltrends wie KI, Kryptowährungen, Hyperpersonalisierung oder Metaverse haben mit über 80 Prozent einen hohen Bekanntheitsgrad in der Bevölkerung. Dabei erwarten die Befragten im Fall von künstlicher Intelligenz mehrheitlich positive Effekte für digitale Angebote (40 Prozent positiv gegenüber 27 Prozent negativ). Ein leicht positives Übergewicht besteht sonst nur beim Thema Metaverse (26 Prozent positiv gegenüber 20 Prozent negativ).

Interessanterweise erwarten die Verbraucher:innen derzeit nicht, dass der Krieg in der Ukraine große Auswirkungen auf ihre digitale Nutzung haben wird. Nur etwa 15 Prozent der deutschen Verbraucher:innen sehen einen negativen Effekt auf ihr persönliches digitales Nutzungsverhalten. Die besorgten Nutzer:innen gehen jedoch davon aus, dass sie ihre Ausgaben in Zusammenhang mit digitalen Dienstleistungen reduzieren werden. Bislang deutet sich insbesondere ein Umsatzrückgang für die Branchen Bekleidung und Einzelhandel an: 24 Prozent der Verbraucher:innen möchten hier ihre Ausgaben reduzieren. Bei Telekommunikation möchten immerhin 17 Prozent der Befragten sparen und bei Unterhaltung 16 Prozent. Für den Tourismus ergibt sich dagegen ein differenziertes Bild: 35 Prozent der Befragten planen mit (teilweise deutlichen) Mehrausgaben, wohingegen 17 Prozent sparen wollen. Rund die Hälfte (48 Prozent) möchte das Reisebudget beibehalten. Mit steigender Inflationsrate sind laut McKinsey weitere Konsumeinschränkungen zu erwarten.

Die Studienergebnisse gibt es hier als Download.


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sl 13.07.2022