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Konsumverhalten

Energiepreise belasten immer gravierender

Quelle: Petra Bork/pixelio.de

Quelle: Petra Bork/pixelio.de

Immer mehr Menschen in Deutschland empfinden die hohen Energiepreise als erhebliche oder sogar sehr schwere finanzielle Belastung. Das gilt insbesondere für Verbraucher:innen, die Gas beziehen: Fast zwei Drittel von ihnen bezeichnen die Kosten dafür mittlerweile als "eher schwere" oder "sehr schwere" finanzielle Belastung und dieser Anteil ist in den vergangenen Monaten besonders stark gestiegen. Unter Haushalten, die mit Öl heizen, liegt die entsprechende Quote aktuell bei knapp 50 Prozent, im Fall von Fernwärme bei knapp 40 Prozent. Die Stromkosten empfinden etwas mehr als 40 Prozent der Menschen in Deutschland als eher schwere oder sehr schwere Belastung.

Das ergibt eine Studie auf Basis der repräsentativen Energiepreisbefragung, für die das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung aus Düsseldorf im August rund 2.200 Personen zwischen 18 und 75 Jahren hat befragen lassen.

Als Folge davon erreichen die Anteile der Menschen, die wegen der hohen Preise weniger Energie verbrauchen wollen und sich zudem genötigt sehen, auch bei anderen Konsumausgaben zurückzustecken, neue Höchststände, zeigt der Vergleich mit einer vorherigen Befragungswelle im Mai. Am häufigsten verzichten müssen Menschen mit niedrigen Einkommen, doch im Verlauf der vergangenen Monate ist gerade auch der Anteil der Menschen mit mittleren Einkommen gestiegen, die sich beim Konsum einschränken wollen.

Gleichzeitig werden positive Effekte der Entlastungspakete I und II auf die persönliche finanzielle Situation vielfach nur unvollständig wahrgenommen. So wird die reale Entlastungswirkung in diesem Jahr je nach Haushaltstyp um ein Drittel bei Singles ohne Kinder und bis zu knapp zwei Drittel bei Familien mit zwei Kindern und zwei Erwerbstätigen unterschätzt. Trotz der geringen Wertschätzung in der Bevölkerung dürften die Entlastungspakete I und II aber geholfen haben, die Konsumnachfrage bislang zu stabilisieren, meinen die Studienmacher mit Blick auf den Tankrabatt und das Neun-Euro-Ticket in den Monaten Juni bis August.

Mindestens 60 Prozent wollen kürzertreten

Berechnungen des IMK kommen zu dem Ergebnis, dass die deutsche Volkswirtschaft 2023 insgesamt um mehr als 200 Milliarden Euro belastet werden dürfte, die im Zuge der Energiepreisexplosion ins Ausland abfließen. Als Reaktion auf drohende erhebliche Kaufkraftverluste planen beträchtliche Teile der Bevölkerung laut der Studie, in den kommenden Monaten ihren Konsum nicht nur bei Haushaltsenergie (gut 60 bis rund 70 Prozent der Befragten, je nach Energieart) und Kraftstoffen (knapp 50 Prozent) etwas oder sogar bedeutend einzuschränken, sondern auch bei anderen Gütern und Dienstleistungen.

Der wahrgenommene Spardruck reicht dabei bis weit in die Mittelschicht hinein. Das gilt insbesondere mit Blick auf Gaststätten- und Restaurantbesuche, wo insgesamt 64 Prozent aller Befragten etwas oder erheblich kürzertreten wollen. Zudem bei Innenausstattung, Haushaltsgeräten und -gegenständen (63 Prozent), sowie Bekleidung und Schuhen (61 Prozent). Deutlich geringer ist zwar der Anteil derer, die von Spardruck bei Nahrungsmitteln, Getränken oder Genussmitteln sprechen. Doch auch hier sehen sich 29 Prozent aller Befragten betroffen, unter Menschen mit niedrigeren Haushaltseinkommen unter 2.000 Euro netto monatlich sind es fast 35 Prozent.

Ein Grund dürfte sein, dass die Entlastungspakete I und II nicht groß genug sind, um auch die nun anstehenden Belastungen der Haushalte abzudecken. Zwar hatte das IMK im Juni errechnet, dass für viele Haushaltstypen das Entlastungspaket einen spürbaren Anteil der Zusatzbelastungen ausgleicht, die 2022 aus hohen Energie- und Nahrungsmittelpreisen resultieren. Allerdings haben sich seitdem die Inflationsaussichten noch einmal deutlich eingetrübt, unter anderem, weil sich der Preis für Erdgas im Großhandel erneut mehr als verdoppelt hat.

Außerdem bezogen sich die Berechnungen lediglich auf das Jahr 2022. "Die Energiepreise werden aber ins Jahr 2023 hinein hoch bleiben, und die daraus resultierende Zusatzbelastung ist noch nicht durch fiskalische Maßnahmen abgefedert und wird gesamtwirtschaftlich absehbar auch nicht durch Einkommenszuwächse ausgeglichen. Bleibt das so, droht eine konsumgetriebene Rezession", sagt IMK-Direktor Dullien.

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sl 22.09.2022