ANZEIGE

ANZEIGE

Europäische Industrieunternehmen waren 2022 seltener das Ziel chinesischer Übernahmen - Quelle: EY

Europäische Industrieunternehmen waren 2022 seltener das Ziel chinesischer Übernahmen - Quelle: EY

Wirtschaft

Weniger chinesische Firmenübernahmen in Europa

Chinesische Käufer kamen bei Firmenübernahmen in Europa im vergangenen Jahr nur selten zum Zug: Die Zahl der Transaktionen sank im Vergleich zum Vorjahr von 155 auf 139. Auch das Transaktionsvolumen ging zurück: Der Wert der Beteiligungen und Übernahmen reduzierte sich von 12,4 auf 4,3 Milliarden US-Dollar – bei der Mehrzahl der Übernahmen liegen allerdings keine Angaben zu Kaufpreisen vor. Das sind Ergebnisse einer Studie der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (EY), Stuttgart, die Investitionen chinesischer Unternehmen in Deutschland und Europa untersucht.

Chinesen investieren auch weniger in Deutschland

Auch in Deutschland traten demnach chinesische Investoren seltener in Erscheinung als im Vorjahr: Die Zahl der Übernahmen und Beteiligungen sank von 35 auf 26, das Investitionsvolumen ging von 2,0 Milliarden US-Dollar auf knapp 290 Millionen US-Dollar zurück. Nicht enthalten sind in dieser Summe Risikokapitalinvestitionen in deutsche Start-ups in Höhe von 160 Millionen US-Dollar im Jahr 2022, bei denen chinesische Unternehmen als Teil internationaler Investorengruppen aktiv waren.

Als Investoren spielen chinesische Unternehmen damit in Deutschland derzeit nur eine untergeordnete Rolle: Mit 26 Transaktionen in Deutschland belegte China im vergangenen Jahr Platz 12 im Investorenranking, das von den Vereinigten Staaten und Großbritannien mit 242 bzw. 128 Transaktionen angeführt wird. Zum Vergleich: Im Jahr 2016 war China noch der viertwichtigste Investor in Deutschland gewesen.

"Die Zahl chinesischer Unternehmensübernahmen in Europa hat sich in den vergangenen Jahren auf einem relativ niedrigen Niveau eingependelt", beobachtet Yi Sun, Partnerin und Leiterin der China Business Services in der Region Europe West bei EY. "Die aktuelle Zurückhaltung chinesischer Unternehmen hat mehrere Gründe: Zum einen haben die Pandemie und die langanhaltenden und massiven Eindämmungsmaßnahmen in China, die erst Ende letzten Jahr beendet wurden, zu Reisebeschränkungen und strengen Quarantäne-Regeln geführt. Das hat die Einleitung und erfolgreiche Umsetzung von Transaktionen erschwert. Zum anderen hatten Expansionsmaßnahmen für viele chinesische Unternehmen nicht mehr den hohen Stellenwert wie in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts."

Obendrein sähen sich chinesische Unternehmen in vielen europäischen Ländern in einigen Sektoren – wie etwa Infrastruktur – teils erheblichem politischen Widerstand ausgesetzt, so Sun. Hinzu kommen nach Suns Einschätzung die inzwischen hohen Hürden für ausländische Beteiligungen gerade in bestimmten kritischen Branchen sowie die zunehmende Konkurrenz durch kapitalstarke Finanzinvestoren. Auch das belastete politische Verhältnis zwischen den USA und China hemme die Transaktionsaktivitäten.

Chinesen kaufen weniger Industrie-, dafür mehr High Tech-Unternehmen

Im vergangenen Jahr gab es europaweit erstmals mehr Unternehmensübernahmen und -beteiligungen im High-Tech-Segment, wozu in erster Linie Software- und Halbleiter-Unternehmen zählen, als in klassischen Industriebranchen: Die Zahl der Übernahmen von High-Tech-Unternehmen stieg gegen den Trend von 27 auf 32, gleichzeitig sank die Zahl der Industrieunternehmen von 30 auf 25. Im Industriesektor wurden mit neun Transaktionen die meisten Deals in Deutschland gezählt, bei Transaktionen im High-Tech-Bereich liegt Großbritannien mit sechs Deals an der Spitze – vor Frankreich (fünf) und Deutschland (vier).

In Deutschland wurden laut der Meldung zudem besonders viele Transaktionen im Gesundheitsbereich gezählt, wozu neben Biotech-Unternehmen auch die Branchen Pharma und Medizintechnik zählen. Europaweit gab es in diesem Segment 17 Transaktionen, von denen neun auf Deutschland entfielen. Die meisten Transaktionen wurden im vergangenen Jahr wie schon 2021 in Großbritannien verzeichnet. Mit 27 Übernahmen und Beteiligungen liegt Großbritannien knapp vor Deutschland (26 Transaktionen) und deutlich vor Frankreich (17). In Deutschland und Großbritannien wurden jeweils neun Transaktionen weniger gezählt als im Vorjahr, in Frankreich ging die Zahl hingegen um fünf nach oben. Trotz der aktuell verhaltenen Transaktionstätigkeit in Deutschland ist Sun überzeugt, dass das Interesse chinesischer Unternehmen an Deutschland weiter hoch ist.

Das sind die größten Übernahmen

Die europaweit größte Investition war laut EY im vergangenen Jahr der Verkauf des niederländischen Halbleiterherstellers Ampleon, bislang im Besitz eines chinesischen Private Equity Investors, an Wuxi Xichan Microchip Semiconductor für knapp zwei Milliarden US-Dollar. Die zweitgrößte Transaktion war der Einstieg des chinesischen Internet-Unternehmens Tencent bei der Ubisoft-Familienholding Guillemot Brothers Limited für knapp 300 Millionen US-Dollar, gefolgt vom Erwerb des Französischen Arzneimittelproduzenten Cenexi durch den chinesischen Pharmakonzern Fosun für 218 Millionen US-Dollar. Größere Transaktionen in Deutschland waren der Einstieg der Huadong Medicine Investment Holding bei der Heidelberg Pharma AG sowie der Verkauf des ams OSRAM-Geschäftsbereichs Digital Systems in Europa und Asien an Inventronics.

Weitere Artikel zum Thema Wirtschaft

  1. Weitere Erholung in der Messebranche
  2. Wissenschaft trifft Praxis: Erfolgsfaktoren von Underdogs
  3. Unternehmen müssen sich mit ihrer Corporate Digital Responsibility beschäftigen
  4. Kaum Fortschritt bei der Digitalisierung der Unternehmen
  5. Status quo der ESG-Transformation: Kluft zwischen Vorreitern und Nachzüglern

zurück

sl 22.02.2023