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Claudia Leischner ist Managing Director bei Accenture Song - Quelle: Accenture Song

Claudia Leischner ist Managing Director bei Accenture Song - Quelle: Accenture Song

Marketing

Wie ChatGPT & Co. die Werbewirtschaft verändern werden

Das Interesse an generativen KI-Systeme wie ChatGPT ist groß. Auch die Marketingbranche wird durch generative KI revolutioniert, meint Claudia Leischner von der Digitalagentur Accenture Song. Sie erläutert, wie CMOs vom Einsatz generativer KI-Systeme profitieren können und welche Einsatzmöglichkeiten im Marketing es gibt.

markenartikel: Sie sagen, dass generative KI-Systeme wie ChatGPT die Marketingbranche revolutionieren werden. Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?

Claudia Leischner: Das nächste Jahrzehnt wird von drei großen Technologietrends bestimmt sein: Cloud, Metaverse und KI. Diese drei werden gemeinsam die Grenzen zwischen unserer digitalen und unserer physischen Welt definieren und in Teilen auch aufheben. Generative KI-Systeme wie ChatGPT sind zum Beispiel in der Lage, personalisierte Inhalte in Echtzeit zu generieren und auf individuelle Bedürfnisse und Vorlieben zugeschnittene Erlebnisse zu schaffen. ChatGPT kann aufgrund seines großen Datensatzes und der Fähigkeit, natürliche Sprache zu verstehen und zu produzieren, eine bedeutende Rolle bei der Schaffung von relevanten und ansprechenden Kundenerlebnissen für das Marketing spielen. Und das schon heute und trotz der erst vergleichsweise kurzen Zeit seit der Zugriff auf ChatGPT für jede:n möglich ist.

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markenartikel: Wie können Marken die generative KI für sich nutzen?

Leischner: Stellen Sie sich eine Welt vor, in der KI on-the-fly neuen Content für Sie erstellt, Ihre Turnschuhe entwirft, Hit-Songs schreibt oder preisgekrönte Meisterwerke malt. Diese Welt ist schon heute greifbar nah. So kann generative KI zum Beispiel im Bereich der Content-Erstellung sehr hilfreich sein: Durch den Einsatz von KI-gestützter Spracherkennung kann die Erstellung von Texten oder die Transkription von Audio- und Videodateien automatisiert werden. Auch die automatisierte Generierung von Bildern oder Videos, die auf die Bedürfnisse und Interessen der Zielgruppe abgestimmt sind, ist mit Hilfe von generativer KI möglich. Und durch den Einsatz von generativer KI können Marken schon heute personalisierte Inhalte für ihre Zielgruppe erstellen, die auf deren Interessen, Verhaltensmustern und Kaufverhalten basieren. Einsatzmöglichkeiten gibt es auch in der Programmierung, beim Bild-Composing, bei einer Recherche oder generellen Informationsbeschaffung – oder auch einfach in der Ideenentwicklung als Inspirationsquelle.

markenartikel: Viele Arbeitsbereiche werden also automatisiert?

Leischner: Es geht nicht darum, Mitarbeitende zu ersetzen, sondern um eine sinnvolle Nutzung von Arbeitszeit, um ggf. effizienter und qualitativ hochwertigeren Output schneller zu produzieren – dort, wo es im Sinne der Automatisierung Sinn macht. Da stehen Mensch und Maschine nicht im Wettbewerb, sondern werden zu einem Team. Und Content-Erstellung mithilfe von KI sollte nie als Kostenspar-Case verstanden werden, sondern als echtes strategisches Instrument, das Wachstum und Relevanz sichert. Mithilfe von KI werden hier nahezu unbegrenzte Möglichkeiten addiert.

markenartikel: Und die Unternehmen sind hier schon aktiv?

Leischner: Wir befinden uns in einer Phase, in der die meisten Unternehmen beginnen zu experimentieren, indem sie Basismodelle von der Stange verwenden. Der größte Nutzen entsteht jedoch für viele, wenn sie die Modelle anhand ihrer eigenen Daten anpassen oder feinabstimmen, um ihre individuellen Anforderungen zu erfüllen. Dadurch wird die Wirksamkeit gesteigert und neue Möglichkeiten der Leistungserbringung werden erschlossen – sei es im Bereich der Erhöhung der Leistungsfähigkeit von Teams, der Begeisterung von Kunden, dem Erkennen von Mustern und damit möglicherweise neuen relevanten Segmenten für künftige Kundenansprache oder der Entwicklung neuer Services. Letztendlich ist der Anspruch von Marken immer, ihre Marketingstrategie effektiver, stringenter und erfolgreich zu gestalten und damit eine höhere Kundenzufriedenheit und -bindung zu schaffen und das bei gleichzeitig zunehmend schmaleren Budgets. Da lohnt es sich, Einsatzmöglichkeiten von generativer KI zu prüfen.

markenartikel: Gibt es schon Beispiele für einen gelungen Einsatz?

Leischner: Es gibt bereits einige Beispiele für einen erfolgreichen Einsatz von generativer KI im Marketing. Ein Beispiel ist die Marke Nike, die Chatbots nutzt, um personalisierte Trainingspläne für ihre Kunden zu erstellen. Der Getränkegigant Coca-Cola setzt ChatGPT für die Entwicklung von Marketingkampagnen und die Erstellung von Werbetexten ein. Und der Online-Modehändler Stitch Fix nutzt KI-Systeme, um eine personalisierte Kleiderauswahl für seine Kunden zu erstellen. Auch Amazon nutzt generative KI-Systeme, um personalisierte Produktempfehlungen zu generieren und das Kauferlebnis seiner Kunden zu verbessern. Und der Sportartikelhersteller Adidas nutzt KI-Systeme, um personalisierte Sneaker-Designs für seine Kunden zu erstellen.

markenartikel: Welche Fallstricke gibt es?

Leischner: Bei der Nutzung von generativer KI im Marketing gibt es einige Fallstricke, zum Beispiel eine mögliche Informationsverzerrung aufgrund der Anwendung eines Trainingsdatensatzes, der falsche Inhalte nutzt oder auch Datenschutzfragen nicht ausreichend berücksichtigt. KI-Systeme müssen mit einem breiten Set an diversen und inklusiven Inputs trainiert werden, damit sie die breiteren unternehmerischen und gesellschaftlichen Normen von Verantwortung, Fairness und Transparenz widerspiegeln. Wenn KI innerhalb eines ethischen Rahmens entwickelt und in die Praxis umgesetzt wird, beschleunigt sie so das Potenzial für verantwortungsvolle kollaborative Intelligenz, bei der menschlicher Einfallsreichtum mit intelligenter Technologie zusammenkommt. Dies schafft in Folge eine Grundlage für das Vertrauen von Verbraucher:innen, Arbeitnehmer:innen und der Gesellschaft, kann die Wirtschaftsleistung steigern und perspektivisch neue Wachstumsquellen erschließen.

markenartikel: Ohne den Menschen geht es demnach noch nicht?

Leischner: KI-generierte Inhalte haben möglicherweise nicht immer die gewünschte inhaltliche oder sprachliche Qualität. Obwohl KI-Systeme darauf trainiert sind, die Qualität des Outputs stetig zu optimieren, können sie verständlicherweise nicht die Kreativität und Empathie aufbringen, die ein menschlicher Verfasser:in immer in seine Arbeit einbringen wird. Es gilt also, KI-Systeme sorgfältig zu überwachen und dort, wo notwendig und zielführend, Anpassungen vornehmen, um sicherzustellen, dass Ergebniserwartungen an Output und Performance erfüllt werden und vor allem Markenintegrität bewahrt wird. Wir bemerken außerdem bereits, dass Konsument:innen beginnen, Bild- und Textinhalte kritischer zu bewerten, weil zunehmend vermutet wird, dass KI-Systeme Inhalte entwickelt haben. Gleichzeitig steigt die Sorge um einen missbräuchlichen Umgang mit personenbezogenen Daten. Damit kann ein Marken- oder Produkt-Akzeptanz-Problem entstehen.

markenartikel: Wie kann man das vermeiden?

Leischner: Marken sollten hier sehr transparent agieren und ihre Kund:innen dazu proaktiv informieren, wie sie KI-Systeme verantwortungsvoll und ethisch nutzen, um personalisierte Inhalte zu erstellen. Das kann man ja sehr charmant umsetzen und sich beispielsweise in der Kommunikation auch einfach einmal bei einer KI für die Unterstützung „bedanken“.

markenartikel: Was raten Sie Marken bzw. CMOs, die generative KI im Markeing nutzen wollen – wie sollten sie vorgehen?

Leischner: Zunächst einmal: ausreichend informieren, Inspiration finden und zulassen. Mitarbeitenden zeitlichen Freiraum erlauben, sich inhaltlich zum Thema Wissen anzueignen. Und beispielsweise auch die Recruiting-Strategie überprüfen, denn es werden neue Job-Profile entstehen, die wir heute nur teilweise erahnen können. In einem zweiten Schritt sollte eine klare Zieldefinition erfolgen: Wobei können KI-Systeme wirklich effizient und erfolgreich unterstützen? Selbst wenn neue Innovationen offensichtliche Vorteile haben, kann es eine Herausforderung sein, sie im gesamten Unternehmen zu verbreiten, insbesondere wenn die Innovation die derzeitigen Arbeitsweisen stört. Unternehmen müssen daher zunächst experimentieren und dabei einen dualen Ansatz verfolgen.

markenartikel: Einen dualen Ansatz?

Leischner: Der eine konzentriert sich auf sogenannten Quick Wins und nutzt einfache Modelle und Anwendungen, um schnellen Erfolg zu erzielen und zu lernen sowie die Akzeptanz zu steigern. Der andere konzentriert sich auf echte Innovation und Neugestaltung – des Geschäfts, der Kundenbindung, der Produkte und Dienstleistungen – mithilfe von Modellen, die auf die Daten des Unternehmens zugeschnitten sind. Wenn CMOs experimentieren und Möglichkeiten zur Anwendung im Marketing erforschen, werden sie einen spürbaren Nutzen daraus erkennen und gleichzeitig mehr darüber lernen, welche Arten von KI für die verschiedenen Anwendungsfälle am besten geeignet sind. Sie werden auch in der Lage sein, ihre Ansätze in Bezug auf Datenschutz, Modellgenauigkeit, Bias und Fairness sorgfältig zu testen und zu verbessern und vor allem auch zu lernen, wann Sicherheitsvorkehrungen in Form von „Human in the Loop“ zwingend notwendig sind.

markenartikel: Sicherheit ist ein wichtiges Stichwort …

Leischner: Die Geschwindigkeit, mit der sich die Technologie weiterentwickelt und durchsetzt, erfordert von den Unternehmen ein besonderes Augenmerk auf die rechtlichen, ethischen und Reputationsrisiken, die sie möglicherweise eingehen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass generative KI-Technologien, einschließlich ChatGPT, von vornherein verantwortungsbewusst und gesetzeskonform gestaltet sind und Modelle und Anwendungen keine inakzeptablen Risiken für das Unternehmen darstellen.

markenartikel: Was bringt der Einsatz von GenAI letztlich für die Markenführung?

Leischner: Wir hören das oft von Kunden, dass eine stringente Markenführung immer herausfordernder wird – die Anzahl der Kanäle und Touchpoints wächst und die Zielgruppen werden gleichzeitig immer fragmentierter. Medienkonsum, Kanalnutzung und Einkaufsverhalten ändern sich permanent und eine Marke erfolgreich und konsistent über zahlreiche Kanäle zu führen, scheint inzwischen oft zu einer fast unlösbaren Aufgabe zu werden. Aber Marken wollen Markenerlebnisse für Kunden schaffen, die idealerweise in der Customer Journey stets in Auftritt, Botschaften und in der Platzierung auf den relevanten Kanälen stringent sind. KI-Tools können kreative Inhalte automatisch anhand von Brand Guidelines, Best Practices und anderen kundenspezifischen Anforderungen bewerten, um die Qualität der Inhalte zu optimieren, dem Konsistenzanspruch gerecht zu werden und als angenehmen Nebeneffekt gleichzeitig durch die Automatisierung die Kosten für den Validierungsprozess deutlich zu senken.

markenartikel: Die KI beschleunigt demnach viele Prozesse?

Leischner: Recherchen können in erheblich kürzerer Zeit und umfassender durchgeführt werden und es steht mehr zeitliche Flexibilität zur Verfügung für die Arbeit an strategischer Konsistenz und qualitativ hochwertigem Kreativ-Output. Auch wenn es darum geht, neue Erkenntnisse über Kundensegmente oder auch Produkte oder Servicewünsche zu gewinnen – zum Beispiel aus Produkt-Reviews, vorhandenen Customer Journeys oder auch Reportings –, kann generative KI dabei helfen, diese schnell zu erheben, zu clustern und relevante Aufsatzpunkte zu identifizieren. Live-Datensysteme werden aggregiert und zur Erstellung von Kundensegmenten in Echtzeit verwendet, um wahrscheinliche Ergebnisse zu antizipieren und die passende personalisierte Ansprache sicherzustellen.

 

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vg 02.06.2023