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v.l.: Tim Maibom, Roland Köster (beide JOM) und der Mediaforscher Dirk Engel - Quelle: JOM; Natalie Faerber

v.l.: Tim Maibom, Roland Köster (beide JOM) und der Mediaforscher Dirk Engel - Quelle: JOM; Natalie Faerber

Bewegtbild

Werbebudgets: "Wer ein großes Tortenstück bekommt und wer nur Krümel, wird sich zeigen"

'Qualität statt Quantität – Bewegtbild-Werbung mit Wirkung' - um diese Thema geht es bei der Veranstaltung JOM Impulse am 28.9.2023. Im Vorfeld sprach markenartikel-magzin.de mit den Referenten Roland Köster (Managing Director JOM Group), Tim Maibom (Director Digital Media Consulting JOM Group) und dem unabhängigen Markt- und Mediaforscher Dirk Engel über eine integrierte Bewegtbildplanung, Strategien und Ansätze zur Maximierung der Werbewirkung in einer sich verändernden Medienlandschaft, die Qual mit der Qualität sowie die Chancen und Herausforderungen von Connected TV:

markenartikel: Um weiter Werbewirkung in einer sich verändernden Medienlandschaft zu erzielen, muss TV-Werbung anders gedacht werden, sagen Sie. Wie meinen Sie das?
Roland Köster: Die Medien- und insbesondere die Bewegtbildnutzung haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Ein Weiter so der bisherigen TV-Planungsansätze ist in den meisten Fällen daher nicht mehr zielführend. Wir brauchen neue Herangehensweisen und genauere Nutzungsanalysen.

markenartikel: Inwieweit verändert beispielsweise Connected TV - kurz CTV - die Art und Wiese, wie wir Bewegtbild nutzen – und damit auch die Werbewirkung?
Tim Maibom: Gerade in den jüngeren Zielgruppen beobachten wir seit Jahren, dass Bewegtbildinhalte zunehmend und mittlerweile bevorzugt non-linear konsumiert werden. Die Nutzer:innen möchten selbst entscheiden, wann und wo sie Inhalte schauen. Durch die steigende Nutzung von Smart-TVs verschiebt sich die non-lineare Bewegtbildnutzung, zumindest was das „Wo“ betrifft, wieder zunehmend in die klassische Nutzungssituation: auf die Couch im Wohnzimmer. Diese entspannte Leanback-Situation vor dem Big Screen macht die Rezipient:innen deutlich empfänglicher für Werbung.

markenartikel: Zentral für die Werbewirkung ist dabei auch die Qualität der Mediaplanung – etwa mit Blick auf das Werbeumfeld und die Situation, oder?
Dirk Engel: Unter dem Begriff Qualität in der Mediaplanung versteht jeder etwas anderes. Viele meinen, es ginge darum, Qualitätsmedien in einem Plan aufzunehmen – also Werbeträger mit einem hochwertigen Inhalt. Aber Vorsicht: Wir müssen die Qualität von Inhalten immer aus Sicht der Rezipienten sehen. Wer ein leicht trashiges Reality-Format auf RTL2 sieht, tut das, weil es ihn unterhält oder fasziniert. Dann hat es eine bestimmte Qualität für die Zuschauer:innen. Wie es immer so schön heißt: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.

markenartikel: Bedeutet?
Engel: Ich verstehe Qualität im Sinne von Kontaktqualität: Nicht jeder Kontakt hat die gleichen Wirkungschancen. Das redaktionelle Umfeld kann einen Wirkungsmehrwert liefern, dies zeigen viele Studien und psychologische Erkenntnisse. Auch die Rezeptionssituation ist relevant: Aufmerksamkeit, Stimmung und Involvement sind in unterschiedlichen Situationen ganz verschiedenen.
Köster: Das Umfeld und das richtige Timing sind seit jeher wichtige Faktoren für den Werbeerfolg. Wer dies bei seiner Bewegtbildplanung nicht berücksichtigt, hat entscheidende strategische und auch wirtschaftliche Nachteile. Der Erfolg ist immer auch davon abhängig, ob ich die Zielgruppe dort erreiche, wo sie für meine Botschaften empfänglich ist. Dazu trägt auch ein zielgruppengerechter Spot bei.

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markenartikel: Die Vielzahl der Bewegtbildkanäle und die große Anzahl an Sendern und Streaming-Anbietern sorgen für eine Vielzahl an Möglichkeiten. Wie gelingt es Marken dennoch, die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu wecken? Was macht einen guten Spot aus bung?
Engel: Medien und Plattformen werden oft in unterschiedlichen Situationen genutzt. Man sollte die Werbemittel daran anpassen. Wer einen Spielfilm im Fernsehen oder auf einem Streaming-Portal anschaut, investiert viel Zeit und da passen auch längere Spot. Wer sich seinen Social-Media-Feed auf dem Smartphone anschaut, braucht einen Spot, der kurz ist, auf dem Punkt kommt und auch ohne Ton funktioniert. Die Herausforderung für die Kreation ist es, unter diesen Bedingungen die richtigen Bilder und Botschaften in Szene zu setzen. Das ist nichts Neues. Werbung war schon immer darauf angewiesen, pointiert zu sein und um die Aufmerksamkeit der Verbraucher zu kämpfen.

markenartikel: Für Marken ist es wichtiger denn je, ihre Werbestrategie auf die Gewohnheiten ihrer potenziellen Zielgruppen bei der Nutzung des jeweiligen Bewegtbildmediums abzustimmen. Wie unterscheiden sich hier die Anforderungen je nach Bewegtbildmedium?
Engel: Es ist lange her, da gab es ein dominantes Muster: Die Familie saß vor dem Fernsehgerät und schaute einfach das, was gesendet wurde. Seit den 80er-Jahren hat sich das Spektrum der Rezeptionssituationen stark erweitert. Bewegtbildnutzung ist emanzipiert von Raum und Zeit, es gibt zahlreiche Endgeräte, die sich in der Screen-Größe unterscheiden – kein Wunder, dass es heute eine ganze Reihe von Gewohnheiten gibt, die mit dem „klassischen“ Fernsehabend wenig zu tun haben. Bei Facebook, Instagram oder Tiktok schlägt man oft Zeit tot, auf den abonnierten Streaming-Plattformen, die zunehmend von einem rein werbefreien Angebot abrücken, taucht man tief in eine Serie oder einen Spielfilm ein, lineares TV ist oft an Tagesroutinen gebunden, YouTube ist hingegen eine Art Allzweck-Werkzeug, in dem oft aktiv etwas gesucht wird. Jeder dieser Muster geht mit einer gewissen Rezeptionsverfassung einher.
Köster: Genau. Wie bei jeder Media-strategischen Entscheidung ist deshalb eine genaue Analyse des Mediennutzungsverhaltens der anvisierten Zielgruppe wichtig. Beim Medium Bewegtbild reicht es oftmals nicht mehr aus, große, generische Zielgruppen ganzheitlich anzusprechen. Eine differenzierte Ansprache, zum Beispiel nach Altersgruppen, ist meist wirkungsvoller. Gerade im digitalen Bewegtbild sind dabei auch die kreativen Besonderheiten der eingesetzten Medien mit zu berücksichtigen. Auch wenn es mittlerweile jedem Werbetreibenden klar sein sollte, ist es beispielsweise nicht mehr ausreichend, seinen bestehenden TV-Spot 1:1 in den Social-Media-Kanälen einzusetzen.

markenartikel: Inwieweit ändern sich die Erfolgsfaktoren von Bewegtbildwerbung? Wie sieht eine gelungen, integrierte Bewegtbildplanung künftig aus?
Köster: Mit dem Begriff "gelungen" geht immer eine Definition der zuvor gesteckten Ziele einher. Geht es um Reichweite, ist natürlich das optimierte Zusammenspiel der geplanten Maßnahmen entscheidend. Zum Beispiel sollte eine Bewegtbildstrategie heute immer Device-übergreifend sein. Das optimale Verhältnis zwischen linear und non-linear ist berechenbar, aber je nach Alterssegment immer unterschiedlich.  
Engel: Ich denke, dass die Entwicklung von KI-Tools in den nächsten Jahren hier die Möglichkeiten der Kampagnenplanung erweitern wird. Dann sind auch ad-hoc-Anpassungen der Werbemittel an den konkreten Kontext möglich. Contextual Targeting kann die Umfeld-Planung auf ein neues Niveau heben. Dann geht es nicht mehr darum, Auto-Spots in einem Auto-Umfeld zu buchen, sondern eine Umfeld-Passung kann auf Basis von Farben, Klängen, Emotionen und Werten erfolgen.

markenartikel: Für Welche Trends beobachten Sie zudem, die für Werbungtreibende im Bereich Bewegtbild besonders relevant sind?
Engel: Die Bandbreite der Werbemöglichkeiten steigt. Deshalb ist TV-Werbung zunehmend für solche Kommunikationsaufgaben geeignet, für die sie früher kaum denkbar war. Regionale Werbung, präziseres Targeting, Maßnahmen auch für kleine Budgets – hier entwickelt sich einiges. Gleichzeitig verlieren die großen TV-Sender ihre Vormachtstellung: Kleine Sender, Anbieter wie Magenta oder Waipu.tv, Hardware-Hersteller, Video-Plattformen, Streaming-Dienste – sie alle werden etwas vom Werbekuchen abbekommen. Wer ein großes Tortenstück bekommt und wer nur die Krümel, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

markenartikel: Und welche Trends sehen Sie bei JOM?
Maibom: CTV ist derzeit sicherlich einer der relevantesten Trends für Werbetreibende im Bereich Bewegtbild. Aber auch ATV ist nach wie vor ein beliebtes Mittel, um Zielgruppen im linearen TV granular anzusteuern und vor allem für regionale Werbetreibende eine Möglichkeit im linearen TV-Umfeld zu werben. Neben dem Big Screen sind aber auch Short Videos im mobilen Bereich ein Trend den Werbetreibende und Agenturen vor allem in der Kommunikation für die junge Zielgruppe berücksichtigen sollten.

markenartikel: Welche Chancen sehen Sie hier für Marken zukünftig bei Thema Bewegtbildwerbung? Gibt es auch Fallstricke?
Köster: Der größte Fallstrick in der Bewegtbildwerbung – insbesondere im klassischen TV – wäre so weiterzumachen wie in den vergangenen Jahren. Die oft vorherrschende Meinung 'Viel hilft viel', sei es beim Werbedruck oder bei den Rabatten, ist bei einem Medium, das in den jüngeren Zielgruppen längst seinen Status als Basismedium verloren hat, die falsche Herangehensweise.
Maibom: Im Digitalbereich liegt wohl die größte Chance für Marken darin, Zielgruppen über verschiedene Kanäle differenzierter und damit auch authentischer erreichen zu können. Dabei gilt es aber einiges zu beachten, sodass dies gleichzeitig auch ein großer Fallstrick sein kann.
Engel: Wenn sich die Mediennutzung mehr und mehr fragmentiert, kann das für ein kleinteiliges Targeting durchaus Vorteile haben. Es wird aber schwieriger, große, dominante Branding-Kampagnen zu fahren. Die sind für viele Marken wichtig: Es hat keinen Sinn, eine Luxusmarke nur bei denjenigen zu bewerben, die sie sich leisten können. Denn der Glanz entfaltet sich nur, wenn auch die anderen wissen, wie begehrenswert die Marke ist. Eine große Marke strahlt immer über ihre engere Käuferschaft hinaus.

 

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vg 27.09.2023