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Prof. Dr. Jens Hirt (l., Hochschule Fresenius in Berlin) und Prof. Dr. Hendrik Müller (r., Hochschule Fresenius in Hamburg) - Quelle: Carsten Janke Photography; Hendrikmjr - social media fotografie hamburg

Prof. Dr. Jens Hirt (l., Hochschule Fresenius in Berlin) und Prof. Dr. Hendrik Müller (r., Hochschule Fresenius in Hamburg) - Quelle: Carsten Janke Photography; Hendrikmjr - social media fotografie hamburg

Retail Media

Mit Chancen und Risiken

Auch für private Hochschulen ist Retail Media ein Thema. Damit eröffnen sich neue Möglichkeiten, etwa mit Blick auf die Ansprache potenzieller Studierender. Aber gleichzeitig sind enge Grenzen gesetzt. Die Websites einfach an Drittanbieter zu vergeben, ist ein No-Go. Warum das so ist und welche Alternativen es gibt, erläutern Prof. Dr. Jens Hirt (Dekan und Professor für Marken- und Medienmanagement an der Hochschule Fresenius in Berlin) und Prof. Dr. Hendrik Müller (Studiendekan und Professor für Wirtschaftsethik an der Hochschule Fresenius in Hamburg) in ihrem Gastbeitrag für markenartikel-magazin.de:

"Sprechen private Hochschulen über Werbung, geht es immer auch um Kundenakquise. Letztlich ermöglichen diese die Zusammenarbeit mit Organisationen und Unternehmen, öffentlichkeitswirksame Events, spannende Exkursionen sowie Forschung und damit ein wissenschaftliches Profil. Wer hier etwas anbieten kann, wird auf dem umkämpften Bildungsmarkt bestehen.

Deshalb ist der Blick über den Tellerrand interessant. Gibt es eventuell weiteres Potenzial für Margen? Obwohl die Nutzungszahlen von Ebay und Amazon seit geraumer Zeit leicht rückläufig sind und dafür chinesische Anbieter wie Shein oder Temu zulegen, sind die Umsatzsteigerungen von Amazon, Zalando & Co. durch Retail Media beeindruckend. Die fünf größten Plattformunternehmen weltweit (Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft) übertreffen mit einer Marktkapitalisierung von mehr als 4,5 Billionen Euro das deutsche Bruttoinlandsprodukt, das 2019 laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) rund 3,44 Billionen Euro betrug. Können wir das Modell übernehmen und so die Erfolgsgeschichte der Universities of Applied Sciences fortsetzen, an denen mittlerweile ca. 340 000 Studierende aktiv sind – darunter eine zunehmende Zahl aus dem Ausland?

Markt mit Besonderheiten

Unser Markt hat viele Besonderheiten. Ihre wissenschaftliche Ausbildung müssen Studierende zwar bezahlen, sie können sie aber nicht einfach kaufen. Der Eintritt ins Studium muss durch bisherige schulische und berufliche Leistungen verdient werden. Wer ein Abschlusszeugnis hat, möchte auch, dass es das Siegel einer angesehenen Institution trägt. Die Marke ist unser höchstes Gut. Sie ist ein Bildungsversprechen mit den jeweiligen Spezifika der einzelnen Wettbewerber. Im Fall der Hochschulen Fresenius steht hinter dem Namen ein sehr breites Feld: von Hilfsangeboten bei Karriere- und Existenzgründungen bis zur Sichtbarkeit als Nachwuchswissenschaftler auf Kongressen oder durch Publikationen, ermöglicht durch „Professoren zum Anfassen“, so der Anspruch.

Deshalb können wir unsere Websites und damit unsere Angebotspalette nicht beliebig expandieren, sie wird durch unsere Qualitätsstandards begrenzt. Hier sind wir also näher dran am Geschäftsmodell von Ferrari als an dem von Amazon. Wir müssen zunächst die Wünsche unserer Bestandskunden respektieren. Und die liegen nicht darin, unsere Websites an Drittanbieter zu vergeben. Das wäre für unsere strategische Ausrichtung sogar kontraproduktiv. Auch Naheliegendes, zum Beispiel Drittanbieter für Kultur- und Sportreisen, würde die Erwartung unserer Studierenden an einen organischen Online-Auftritt empfindlich stören. Partner, mit denen wir in Studium und Forschung zusammenarbeiten, beispielsweise bei Praktika, Case Studies oder Hackathons, sind auf unseren Seiten zu finden. Allerdings sind wir auch hier eher zurückhaltend. Zwar könnte man die Mehreinnahmen durch Retail Media wieder in eigene Studienangebote investieren. Doch diese befinden sich durch jahrelange Marktpräsenz bereits auf so einem ausgezeichneten Niveau, dass der Imageschaden nicht durch eine weitere Angebotssteigerung aufzufangen wäre.

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Positionierung im Orientierungsprozess

Was die Landschaft der Retailer aktuell tiefgreifend verändert, ist für Universitäten momentan auf zwei Feldern ein Thema: in der Lehre und bei der Akquise. In der Lehre bieten uns digitale Plattformen ein nahezu grenzenloses Feld neuer Konzepte. Vor allem Fernstudiengänge nutzen die technischen Möglichkeiten, um auf diese Weise mit den Studierenden zu interagieren. Die Hochschule Fresenius bietet hier seit 2016 vier fachliche Cluster an (Management, Pychology, Social Sciences, Engineering) und hat dafür die E-Learning-Plattform Studynet geschaffen, die 2017 mit dem E-Learning-Award in der Kategorie „Social Learning“ ausgezeichnet worden ist.

Und als Kunden nutzen wir Retail Media für eine frühe Positionierung im Orientierungsprozess potenzieller Studierender. Diese Suche findet zu 91 Prozent online statt. Deshalb benötigen wir Sichtbarkeit über eine Bandbreite an Kooperationsseiten mit ganz unterschiedlichem Angebotsprofil. Hier sind die etablierten Hochschulen lange vor dem Hype um Retail Media bei Affiliate-Anbietern präsent.

Unsere Hochschule ist auf Internetseiten von ca. 50 bis 60 nationalen und internationalen Publishern präsent. Das entspricht etwa 100 Portalen, auf denen wir gelistet sind. Darunter Publisher wie die Tar-Group Media Köln, wo wir allein 27 Portale eingebucht haben. Hier können Hochschulen alle drei Monate wie bei Ebay mitbieten – es ist also keine Auktion, die wir Algorithmen überlassen. Dabei sind permanente Datentransfers wichtig. So wissen wir, dass wir beispielsweise nicht mit aller Macht auf Platz 1 positioniert sein müssen, um entsprechende Sichtbarkeit und Conversion-Rates zu erzielen. Oder dass wir nicht auf Pay per Click oder reine Impressions zurückgreifen sollten. Auch Cashback oder Groupon etc. sind No-Gos für unsere Ausrichtung.

Auktionen sind allerdings eher die spannenden Ausnahmen, meistens läuft es über Fixpreise und Kombis auf reiner Lead-Basis. Hier nutzen wir Klassiker wie StudyCheck, Plus Media in Österreich und der Schweiz oder Fachhochschulen DE, aber auch ältere Formate wie den Hochschulkompass, bei dem Gemeinnützigkeit nachgewiesen werden muss, man also eine gewissen nicht-monetäre Exklusivität hat. Unsere Aktivitäten umfassen hier auch ausländische Portale, Nischenportale usw. Es lohnt sich, wir sind kontinuierlich unter den Top 5, was die Studierendenzahlen angeht.

Bindeglied zwischen Anbietern und Nachfragern

Ob vor oder nach einem Vertragsabschluss, letztlich sind Plattformen und Plattformmärkte keineswegs nur Phänomene der digitalen Welt, sondern existieren auch im analogen Bereich schon seit Langem. Denn letztlich bilden beide Arten von Plattformen als Intermediäre das Bindeglied zwischen Anbietern und Nachfragern und nehmen damit eine Dienstleisterfunktion ein. Und es ist ein kontinuierlicher Prozess. Wir schätzen an Retail Media die Transparenz der Leistungen. Das ermöglicht auch Rückschlüsse auf die weitere Customer Journey. Wir wissen, dass auch durch die Internationalisierung der Bedarf an persönlicher Unterstützung gestiegen ist. So kümmert sich ein ganzes Team von Studycoaches um ganz individuelle Anliegen, etwa Terminfragen in Verbindung mit Visa oder die Anerkennung von Studienleistungen. Und letztlich hilft uns die Datentransparenz auch darin, die eigenen KPIs sinnvoll zu setzen."

 

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vg 26.10.2023