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Vera Kuhlo (Associate Partnerin im Münchner Büro von Prophet) und Jan Döring (Partner im Hamburger Büro von Prophet) - Quelle: Startup, Prophet

Vera Kuhlo (Associate Partnerin im Münchner Büro von Prophet) und Jan Döring (Partner im Hamburger Büro von Prophet) - Quelle: Startup, Prophet

Fluch oder Segen?

Künstliche Intelligenz im Brand Management von Luxusmarken

KI ist in aller Munde. Für die Bereiche wie Markenmanagement, Marketing, Produktentwicklung und Customer Experience werden enorme Potenziale durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) prognostiziert. Und schon heute kommt eine KI-basierte Markenführung in vielen Unternehmen zum Einsatz. So lassen sich Trends und Entwicklungen immer besser vorhersagen und Produkte sowie Vermarktung zielgenau auf Kundenbedürfnisse abstimmen. Insbesondere für Luxusmarken sind die Vorteile signifikant. Es gibt jedoch auch Risiken und gerade Marken, deren Erfolg auf ihrem einmaligen Markenkern beruht, sollten bedacht mit Künstlicher Intelligenz umgehen. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema ist daher unerlässlich, betonen Vera Kuhlo (Associate Partnerin im Münchner Büro von Prophet) und Jan Döring (Partner im Hamburger Büro von Prophet) in ihrem Gastbeitrag für markenartikel. Sie erläutern dabei unter anderem, warum KI für Luxusmarken besonders relevant und gleichzeitig herausfordernd ist:

"Eine herausragende Eigenschaft von Luxusmarken ist die Fähigkeit, einen Preisaufschlag zu rechtfertigen, der weit über die reinen Produktionskosten oder Qualitätsmerkmale hinausgeht. Dieser resultiert häufig aus dem einzigartigen Markenimage und dem damit verbundenen Prestige dieser Marken, das sie für Kund:innen attraktiv macht und eine gewisse Faszination auslöst. Somit sind Luxusmarken mehr als andere Marken von der Wahrnehmung durch ihre Kund:innen abhängig. Der Markenkern und die damit einhergehenden Markenwerte sind oft ihre Daseinsberechtigung. Gerade die vergangenen Jahre haben anhand von vielen Beispielen gezeigt, wie schnell Marken Ruhm gewinnen (z.B. Rimowa und MCM), aber diesen teilweise genauso schnell wieder verlieren (z.B. Escada) können.

Luxusmarken sind oft darauf ausgerichtet, eine exklusive und anspruchsvolle Zielgruppe anzusprechen. Dies bringt sowohl Potenziale als auch Herausforderungen in der Marktbearbeitung mit sich. Zwar sind die Akquisitionskosten oft höher, häufig haben Kund:innen aber auch eine hohe Loyalität und einen sehr langen Customer Lifetime Cycle. Luxusmarken stehen jedoch vor der ständigen Frage: Wie erreiche ich eine kleine und sehr spezifische Kundengruppe adäquat und ohne Streuverluste?

Zudem gilt: Luxusmarken sind auf eine intensive Interaktion mit ihren Kund:innen angewiesen. Die Beziehung zwischen einer Luxusmarke und ihren Käufer:innen ist eine ganz besondere. Luxuskund:innenen wollen Teil einer Community sein, sich mit einer Marke und ihren Werten identifizieren. Das Involvement der Konsument:innen ist hoch und muss durch passenden, hochwertigen Content entsprechend bedient werden.

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In allen Punkten kann KI den Markenverantwortlichen helfen anhand von Daten neue Erkenntnisse zu generieren, die ein gezielteres und besseres Brand Management ermöglichen. Dennoch ist eine gewisse Vorsicht geboten. Wir zeigen im Folgenden vier Bereiche auf, in denen KI das Luxury Brand Management verbessern kann, erklären aber auch, was berücksichtigt werden sollte:

  • BRAND REALITY CHECK: Wie bereits erwähnt, ist der Markenwert von Luxusmarken kostbar und sensibel. In keinem anderen Umfeld stellen Marken in gleichem Maße eine Persönlichkeit dar. Bisher wurde die Identität einer Marke vor allem inside-out entwickelt und dann in der Umsetzung nach außen getragen. Marken kontrollierten einseitig ihre Botschaften. Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert. Kund:innen haben ein größeres Mitspracherecht bei der Festlegung von Marken-Narrativen. Heute stehen Marken in einem multidirektionalen Dialog, der oft von den Kund:innen selbst über eine Vielzahl von Social-Media-Plattformen geführt wird. Somit verlieren die Markenverantwortlichen ein Stück weit die Kontrolle. Künstliche Intelligenz hilft dabei, diese teilweise zurückzugewinnen und unterstützt durch relevante Informationen zur Markenwahrnehmung in der Markensteuerung. Social Tracking und Sentiment-Analysen in Verbindung mit KI erlauben es, die Außenwahrnehmung einer Marke genauer als jemals zuvor zu erfassen. Wird das Fremdbild mit dem Selbstbild verglichen, können Markenverantwortliche frühzeitig Entwicklungen erkennen und gegensteuern.
  • SMART TARGETING: Auch bei der Zielgruppendefinition und -erreichung kann KI unterstützen. Zielkund:innen lassen sich besser verstehen, clustern und adressieren. Inhalte können maximal personalisiert und Streuverluste minimiert werden. Allerdings nimmt die Zahl der Kanäle, über die Marken Kund:innen auf der ganzen Welt erreichen, weiter zu, was es schwieriger macht, Wirkung und Erfolg zu messen. Dabei erlaubt es KI, nicht nur die Art der Maßnahmen im komplexen Umfeld besser zu bewerten, sondern auch Inhalte können analysiert werden und auf die Bedürfnisse der Zielgruppe entsprechend zugeschnitten werden. Die Beschleunigung manueller oder sich wiederholender Aufgaben wie das Codieren von Dokumenten, die Personalisierung von Erlebnissen oder die Erstellung von Inhalten und Informationen, die auf eine bestimmte Zielgruppe zugeschnitten sind, kann durch KI übernommen werden. Hierbei kann KI teilweise bereits mit geringen Datenmengen arbeiten. Auch neue Zielgruppen können identifiziert werden. KI kann den Fit von bestimmten Personengruppen mit der Marke bestimmen und somit neue Umsatzpotenziale aufdecken.
  • CUSTOMER ENGAGEMENT BOOST: Das Involvement von Kund:innen bei Luxusmarken ist wie beschrieben höher. KI kann sich auch hier zunutze gemacht werden. So hat Yves Saint Laurent Beauty zum Beispiel einen KI-gesteuerten Chatbot namens "YSL Beauty Assistant" eingeführt. Dieser Helfer bietet personalisierte Produktempfehlungen, Make-up-Tutorials und Antworten auf Kundenanfragen und macht das Online-Shopping-Erlebnis interaktiver. Weiter stellt gezielte Werbung auf der Grundlage von Mustern im Verhalten eines bestimmten Kunden besonders für Luxusmarken neue Möglichkeiten dar. All das hilft, die Bindung zur Marke zu stärken. Luxusmarken haben das In-store-Kundenerlebnis perfektioniert, aber sie schaffen es häufig nicht, ihren intensiven Fokus auf das Kundenerlebnis in digitale Kanäle zu übertragen. KI bietet das Potenzial, zum Beispiel einen digitalen Concierge-Service zu schaffen und neue Ideen und Inhalte zu generieren.
  • EFFECTIVNESS AND EFFCIENCIES: Luxusmarken investieren oft signifikant höhere Beträge in ihre Kommunikationsaktivitäten, da der Anspruch an hochwertige Kreation und Produktion enorm hoch ist. Das führt beispielsweise dazu, dass mit bekannten Models zusammengenarbeitet wird und aufwendige Foto-Shoots inszeniert werden, was oft in keiner Relation zu den erzielbaren Umsätzen steht. Erst vor kurzem nutzte Gucci KI in seiner "Gucci Gift"-Kampagne, indem das Unternehmen Algorithmen einsetzte, um Tausende von Kunstwerken zu analysieren und einzigartige digitale Illustrationen zu erstellen, die dann in Marketingmaterialien integriert wurden. KI kann schon heute schnell auf Basis von Briefings und Abbildungen von Produkten ganzheitliche Kommunikationsmaßnahmen kreieren, die qualitativ hochwertig sind.

Luxusmarken müssen Vorreiter und Wegweiser bleiben

Es steht also fest, dass es eine hohe Anzahl von Situationen gibt, bei denen KI nutzenbringend eingesetzt werden kann. Sie bietet Markenverantwortlichen eine ganze Toolbox an Möglichkeiten. Was sind also die Risiken?

Generell ist es von entscheidender Bedeutung, dass Luxusmarken auch in Zukunft ihre Einzigartigkeit und ihre unverwechselbare Persönlichkeit bewahren. Diese charakteristischen Merkmale sind maßgeblich von der kreativen Vision einzelner Individuen, talentierter Designer:innen sowie von versierten Marketing- und Trendexpert:innen beeinflusst.

Die Gefahr besteht darin, dass Luxusmarken sich auf Basis von Daten zu sehr verselbstständigen und dabei riskieren, ihre Position als Vorreiter und Wegweiser zu verlieren.

Künstliche Intelligenz ist zwar in der Lage nach vorne zu schauen, aber nur begrenzt, da Algorithmen mit existierenden Daten und Informationen arbeiten. Luxusmarken aber müssen einen höheren Anspruch haben. Sie geben Trends vor, die nicht selten im ersten Moment unpopulär erscheinen, und sind ihrer Zeit häufig weit voraus. Sie werden von kreativen Persönlichkeiten und Prozessen gestaltet, die Individualität sicherstellen und unerwartet Neues schaffen.

Nicht zuletzt sollten Luxusmarken sich nicht vorschreiben lassen, was sie sind, sondern aktiv definieren, was in Zukunft als stilprägend gilt. Die Autonomie in der Festlegung der eigenen Identität ist entscheidend, um den sich ständig wandelnden Trends und Erwartungen einen Schritt voraus zu sein. Es gilt gleichzeitig, den Markenkern und die häufig traditionsreiche Historie nicht aufzugeben.

KI als unterstützendes Tool-Set

Dazu braucht es immer noch Führung und Gestaltungsraum, um Potenziale zu erkennen und Ideen umsetzen zu können. KI fehlt hierzu noch das nötige Urteilsvermögen. Insofern ist es wichtig, KI im Luxusumfeld als unterstützendes Tool-Set einzusetzen, sich aber nicht vollkommen auf sie zu verlassen. Der Luxusmarkt muss die richtige Balance zwischen künstlicher und menschlicher Intelligenz finden."

 

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vg 13.12.2023