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Prof. Dr. Carsten Baumgarth ist Professor für Markenführung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in Berlin - Quelle: B*lab

Prof. Dr. Carsten Baumgarth ist Professor für Markenführung an der Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) in Berlin - Quelle: B*lab

Brückenbau Marke

Wissenschaft trifft Praxis: Achillesferse Marken-Heritage

In einer Rubrik im markenartikel berichtet Prof. Dr. Carsten BaumgarthHWR Berlin, über wichtige Erkenntnisse aus der Wissenschaft und ihre Relevanz für die Markenpraxis. In seinem Beitrag in markenartikel 12/2023 geht es um um die Frage, welche Rolle das Markenalter für die Konsument:innen spielt und inwieweit es kontraproduktiv sein kann, dieses Thema in innovativen Leistungskategorien zu spielen:

Etablierte sind im Vergleich zu jungen Marken klar im Vorteil. Daher setzen viele ihr Markenalter in der Kommunikation ein. Weihenstephan kommuniziert im Logo nicht nur, dass sie die älteste Brauerei der Welt ist, sondern gibt mit 1040 explizit das Gründungsjahr an. Die Schweizer Schokoladenmarke Lindt ist der der Maître Chocolatier seit 1845. Aber stimmt dieses Erfolgsmuster immer – und gilt dieses insbesondere auch für innovative Leistungskategorien wie Staubsaugerroboter oder VR-Brillen?

Alte vs. junge Marken

Dieser Frage widmen sich Yaeeun Kim und Joydeep Srivastava in ihrem Beitrag The 'Achilles Heel' of Established Brands: The Effect of Brand Age on Consumers‘ Brand Choice, der 2023 im Journal of Marketing Research erschienen ist. Grundidee ist, dass etablierte Marken mit einer umfangreichen Marken-Heritage inklusive einem hohen Markenalter zwar in Kategorien mit einem geringen Innovationslevel gegenüber jungen Marken präferiert werden, dieser Vorteil sich aber bei innovativen Leistungskategorien nicht mehr zeigt oder sich sogar zu einem Nachteil entwickelt. Begründung dafür ist, dass alte Marken mit Attributen rund um Konsistenz wie stabil, zuverlässig und vorhersagbar assoziiert werden, die für innovative Produktkategorien keine oder eine negative Rolle spielen. Für innovative Produktkategorien sind eher Attribute rund um Aufregung und Spannung wie dynamisch, modern und abenteuerlustig relevant, die mit jungen Marken assoziiert werden. Um diese Grundhypothese zu prüfen, führte das Forschungsteam eine Beobachtung von Amazon-Verkaufsdaten mit insgesamt sieben Experimenten und knapp 2.500 Clickworkern (MTurk, Prolific) durch.

In dem ersten Experiment wurden 13 Produktkategorien mit einem unterschiedlich wahrgenommenen Innovationsgrad berücksichtigt. Die Produkte reichen von etablierten Kategorien wie Tischdecken, Pralinen und Holzmöbeln bis hin zu innovativen Produkten wie Staubsaugerrobotern, VR-Brillen oder Sicherheitskameras. In jeder Produktkategorie wurde den rund 200 Probanden jeweils eine alte und eine neue fiktive Marke vorgelegt - manipuliert durch die explizite Angabe des Gründungsdatums. Die Wahlentscheidungen belegen die Hypothese. Während bei wenig innovativen Produktkategorien die alten Marken einen Anteil von 74 bis 79 Prozent erzielten, ging dieser bei den innovativen Produktkategorien auf 29 bis 35 Prozent zurück.

Im zweiten Schritt wurden die Gründe für diesen Effekt untersucht. In einer Studie mit einem klassischen und einem KI-basierten Koffer, der seinen Besitzer erkennt und automatisch folgt, zeigte sich, dass für den klassischen Koffer insbesondere Konsistenz- und für den innovativen Koffer Erregungseigenschaften von Bedeutung sind. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass alte Marken eher eine aufrichtige und kompetente und junge Marken eher eine aufregende Markenpersönlichkeit aufweisen. Der Fit zwischen den Anforderungen der Produktkategorie und der mit jungen bzw. alten Marken assoziierten Markenpersönlichkeiten erklärt den Nachteil von alten Marken für innovative Produktkategorien.

Im Weiteren wurde analysiert, ob die Markenvertrautheit mit der alten Marke den Grundeffekt moderiert. Dabei zeigte sich, dass in etablierten Kategorien und bei fehlender Markenvertrautheit mit der älteren Marke die explizite Angabe des Gründungsdatums die Wahlwahrscheinlichkeit für die alte Marke deutlich erhöht. So stieg zum Beispiel für die in den USA relativ unbekannte Marke Rimowa bei klassischen Koffern (geringer Innovationsgrad) die Wahlwahrscheinlichkeit von 18 Prozent ohne Altersangabe auf 66 Prozent mit Angabe der Gründung 1898.

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Bedürfnis nach Einzigartigkeit

Im letzten Schritt wurde untersucht, ob und wie das persönliche Bedürfnis nach Einzigartigkeit den Basiseffekt moderiert. Es wurde gezeigt, dass Menschen mit einem hohen Bedürfnis nach Einzigartigkeit immer, sowohl bei etablierten als auch innovativen Produktkategorien, junge Marken präferieren. Während bei der innovativen Produktkategorie VR-Brillen die alten Marken sowohl bei Personen mit einem hohen als auch einem geringen Bedürfnis nach Einzigartigkeit mit 32 bzw. 33 Prozent weniger oft gewählt wurden als die jungen Marken, konnten bei Tee als etablierte Kategorie die alten Marken bei Konsumenten mit einem geringen Einzigartigkeitsbedürfnis mit 67 Prozent im Vergleich zu 45 Prozent bei Personen mit einem hohen Einzigartigkeitsbedürfnis eine deutlich höhere Wahlwahrscheinlichkeit erzielen.

Was die Erkenntisse für die Markenpraxis bedeuten, wann es sinnvoll ist, verstärkt mit Heritage und Markenalter zu kommunizieren und wann nicht, lesen Sie im vollständigen Beitrag von Prof. Dr. Baumgarth in markenartikel 12/2023. Zur Bestellung geht es hier.

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vg 04.01.2024