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Online-Werbung

Kartellamt untersucht Googles Macht bei nicht-suchgebundener Online-Werbung

Beim Programmatic Advertising (PA) haben einzelne Marktteilnehmer – und hier insbesondere Google – erheblichen Einfluss auf das Gesamtsystem. Google ist auf nahezu allen Stufen der Wertschöpfungskette und bei praktisch allen relevanten Dienstleistungen vertreten und hat dabei in den meisten Fällen eine sehr starke Marktposition inne.  Das Unternehmen kontrolliert wichtige Teile der nutzerseitigen Software-Infrastruktur wie den Browser Chrome und das mobile Betriebssystem Android, die letztlich darüber mitbestimmen, welche technischen Möglichkeiten für die Realisierung nicht-suchgebundener Online-Werbung zur Verfügung stehen. Im Zusammenspiel mit dem Befund, dass die Funktionsweise des Systems im Detail von außen nur schwer nachvollziehbar ist, kommt Google damit eine erhebliche Regelsetzungsmacht zu.

Das hat eine Sektoruntersuchung zum Bereich der nicht-suchgebundenen Online-Werbung des Bundeskartellamtes, Bonn, ergeben. Dabei ging es um die Marktverhältnisse und Funktionsmechanismen in diesem Bereich und hier vor allem auf die verschiedenen, im Hintergrund wirkenden technischen Dienste (AdTech). Nicht Gegenstand der Untersuchung ist hingegen Werbung, die in Reaktion auf eine Anfrage an eine Suchmaschine erscheint (suchgebundene Werbung), da sich hier andere wettbewerbliche Fragen rund um die große Marktbedeutung der Google-Suchmaschine stellen.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: "In allen Bereichen der Online-Werbung stellen sich vor allem aufgrund der herausragenden Bedeutung der großen Internetplattformen wichtige wettbewerbliche Fragen. Neben der suchgebundenen Online-Werbung und den eigenen Werbeflächenangeboten von beispielsweise Meta oder Google hat die sonstige nicht-suchgebundene Online-Werbung ebenfalls eine immense wirtschaftliche Bedeutung. Es ist nicht zuletzt diese Werbung, die eine Vielzahl von Medienangeboten und Dienstleistungen jenseits der Angebote der großen Digitalkonzerne mitfinanziert. Dahinter steckt ein hochkomplexes, für viele recht intransparentes System des automatisierten Handels mit Online-Werbeplätzen. Mit unserer Untersuchung wollen wir mehr Licht in diese Black-Box bringen. Google hat auch in diesem technischen Teilbereich der Online-Werbung auf nahezu allen Stufen der Wertschöpfungskette eine starke Marktposition. Es stellen sich nicht zuletzt deshalb zahlreiche wettbewerbliche Fragen."

Black Box: Mangelende TRanspartenz bei nicht-suchgebundener Online-Werbung

Die mangelnde Transparenz des Systems spiele in mehrfacher Hinsicht eine Rolle. Das gelte sowohl für die Publisher, die Werbeplätze über das System vermarkten, als auch für Werbetreibende, die Werbeplätze einkaufen. Dies gelte darüber hinaus aber auch für viele kleinere Anbieter einzelner technischer Dienstleistungen innerhalb des PA. Das System werde von vielen Marktteilnehmern als Black Box bezeichnet, in der viele Parameter, die für den Markterfolg relevant sind, unbekannt seien, so die Kartellwächter. Auch die Nutzer:innen als "Datensubjekte und Werbeadressaten" seien überwiegend nicht in der Lage, den Umfang und die möglichen Konsequenzen der Datensammlung zu überblicken, die letztlich die derzeit wichtigste Grundlage für die nicht-suchgebundene Online-Werbung ist. Die aus den aktuellen Datenverarbeitungspraktiken resultierenden Gefahren haben dazu beigetragen, dass seit einigen Jahren verstärkt eine rechtspolitische Diskussion darüber geführt wird, die Datenerhebung und -verwendung für Werbezwecke einzuschränken. Der Bericht des Kartellamtes beleuchtet daher, welche Konsequenzen solche Maßnahmen aus wettbewerblicher Sicht haben können und wie mit diesen umgegangen werden könnte.

Mundt: "Das Kartellrecht setzt traditionell bei einzelnen Verhaltensweisen von Unternehmen an, um Wettbewerbsprobleme zu lösen. Mit dem § 19a GWB in Deutschland und dem DMA auf europäischer Ebene haben die Wettbewerbsbehörden neue vielversprechende Instrumente an die Hand bekommen, die wir gut nutzen sollten. Für den von uns untersuchten Bereich der Online-Werbung müssen wir künftig vielleicht auch über grundsätzlichere Ansätze nachdenken. Google hat aufgrund seiner herausragenden Position in Verbindung mit der technisch bedingten Undurchschaubarkeit des Systems ungewöhnlich viel Spielraum, den Wettbewerbsprozess zu seinen Gunsten zu gestalten."

Der Diskussionsbericht sowie eine Zusammenfassung des Diskussionsberichts sind auf der Website des Bundeskartellamtes abrufbar.

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vg 30.08.2022