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Katjes und Mühlhäuser

Werbung mit dem Begriff 'klimaneutral' ist nicht ohne weiteres irreführend

Quelle: Broker/Fotolia

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Bei der Bewerbung von Produkten als 'klimaneutral' ist Vorsicht angesagt. Zwar stellt die Bewerbung von Produkten als 'klimaneutral' nicht ohne weiteres eine Irreführung der Verbraucher:innen dar. Ein Unterlassungsanspruch kann sich im Einzelfall gleichwohl ergeben. Das hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf in zwei Verfahren (I-20 U 72/22 und I-20 U 152/22) entschieden, in denen der Fruchtgummihersteller Katjes und der Konfitürenhersteller Mühlhäuser durch eine Wettbewerbszentrale jeweils auf Unterlassung der Bewerbung ihrer Produkte als 'klimaneutral' in Anspruch genommen worden sind.

Der bzw. die durchschnittliche Verbraucher:in verstehe den Begriff 'klimaneutral' im Sinne einer ausgeglichenen Bilanz der CO2-Emissionen eines Produktes, wobei ihm bzw. ihr bekannt sei, dass die Neutralität sowohl durch Vermeidung als auch durch Kompensationsmaßnahmen (z.B. Zertifikatehandel) erreicht werden könne. Das gelte schon deshalb, weil Konsument:innen bekannt sei, dass auch Waren und Dienstleistungen als klimaneutral beworben werden, die – wie beispielsweise Flugreisen – nicht emissionsfrei erbracht werden können und bei denen Klimaneutralität daher nur durch Kompensationszahlungen möglich sei. Ob sich der Begriff der 'Klimaneutralität' auf ein Unternehmen als Ganzes oder nur auf ein konkretes Produkt beziehe, sei dabei unerheblich, so die Richter. Die Werbung beider Herstellerfirmen sei daher jeweils für sich allein genommen nicht irreführend.

"Interesse an der Aufklärung über die grundlegenden Umstände der von einem Unternehmen beanspruchten Klimaneutralität"

Ein Unterlassungsanspruch könne sich im Einzelfall gleichwohl dann ergeben, wenn der Werbende seine Informationspflicht verletzt habe, indem er den Verbraucher:innen eine wesentliche Information vorenthalten habe. Auf welche Weise die Klimaneutralität eines beworbenen Produktes erreicht werde, stelle eine solche wesentliche Information dar, weil der Klimaschutz für Verbraucher ein zunehmend wichtiges, nicht nur die Nachrichten, sondern auch den Alltag bestimmendes Thema sei und daher erheblichen Einfluss auf eine Kaufentscheidung haben könne, urteilten die Richter. Gerade weil Konsument:innen wüssten, dass eine ausgeglichene Klimabilanz auch durch Kompensationszahlungen erreicht werden könne, bestehe ein Interesse an der Aufklärung über die grundlegenden Umstände der von einem Unternehmen beanspruchten Klimaneutralität.

Während im Falle von Mühlhäuser weder die Werbeanzeige in einer Zeitschrift für Lebensmittel noch die Produktverpackung einen Hinweis darauf enthalten hätten, wie es zur beworbenen Klimaneutralität komme, habe Katjes die erforderlichen Informationen in ausreichender Weise zur Verfügung gestellt, da der Leser seiner Anzeige in der Zeitschrift für Lebensmittel über den darin enthaltenen QR-Code die Webseite von ClimatePartner.com aufsuchen könne, der die erforderlichen Angaben entnommen werden könnten. Dies sei zur Information des Verbrauchers ausreichend, da es in einer Zeitungsanzeige letztlich am Platz dafür fehle, die über die bloße Information "Klimaneutralität wird auch durch Kompensation erreicht" hinaus erforderlichen näheren Angaben zu Art und Umfang etwaiger Kompensationsleistungen aufzunehmen.

Gegen die Urteile kann Revision beim Bundesgerichtshof beantragt werden.

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vg 07.07.2023