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Astrid Luedtke, Rechtsanwältin und spezialisiert auf Gewerblichen Rechtsschutz, ist Salaried Partnerin bei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Düsseldorf - Quelle: Heuking Kühn Lüer Wojtek

Astrid Luedtke, Rechtsanwältin und spezialisiert auf Gewerblichen Rechtsschutz, ist Salaried Partnerin bei Heuking Kühn Lüer Wojtek in Düsseldorf - Quelle: Heuking Kühn Lüer Wojtek

Ökodesign-Verordnung

Nachhaltige Produkte sollen zur neuen Norm in der EU werden

Das Europäische Parlament und der Rat haben sich am 5. Dezember 2023 über die Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte geeinigt. Der Text der Einigung liegt noch nicht vor. Was Stand heute auf Unternehmen zukommt, fasst Astrid Luedtke, Salaried Partner bei der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek, in ihrem Gastbeitrag für markenartikel-magazin.de zusammen:

Mit der Ökodesign-Verordnung sollen nachhaltige Produkte zur Norm in Europa werden. Neu ist dieses Ziel nicht: Die Verordnung baut auf der Ökodesign-Richtlinie aus dem Jahr 2005 auf. Diese verpflichtete zunächst die Mitgliedstaaten, Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit von Elektrogeräten umzusetzen; sie wurde später auf energieverbrauchsrelevante Produkte erweitert.

Der Anwendungsbereich der Ökodesign-Verordnung geht darüber nun weit hinaus. So soll die Verordnung künftig auf nahezu alle Waren anzuwenden sein, die in der EU in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, auch auf Bauteile und Zwischenprodukte. Ausgenommen werden nur wenige Warengruppen wie Lebensmittel, Futter- und Arzneimittel, Kraftfahrzeuge sowie Produkte, die der nationalen Sicherheit oder der Verteidigung dienen.

Spezifische Ökodesign-Vorschriften folgen

Die Verordnung selbst stellt noch keine direkten Anforderungen an Produkte auf. Vielmehr ermächtigt sie die Europäische Kommission, spezifische Ökodesign-Vorschriften für bestimmte Produktkategorien zu erlassen, um deren Umweltverträglichkeit zu verbessern. In ihren Verhandlungen einigten sich Parlament und Rat auf eine Liste von Produkten bzw. Rohstoffen, die in ihrer Gewinnung und Umwandlung besonders umweltschädlich sind und für die die Kommission daher als erstes Ökodesignanforderungen festlegen soll. Dazu zählen Textilien – vor allem Bekleidung und Schuhe –, Möbel (einschließlich Matratzen), Eisen, Stahl, Aluminium, Reifen, Farben, Schmierstoffe, Chemikalien, energiebezogene Produkte, IKT-Produkte und weitere Elektroprodukte.

Die Leistungsanforderungen für diese Produktkategorien werden künftig durch umfangreiche Informationsanforderungen über Nachhaltigkeitsmerkmale ergänzt werden.

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Verbot der Vernichtung unverbrauchter Verbraucherprodukte

Die vorläufige Einigung von Rat und Parlament sieht außerdem ein konkretes Vernichtungsverbot für unverkaufte bzw. nicht genutzte Textilien und Schuhe vor. Dieses Verbot soll spätestens 2028 in Kraft treten. Künftig kann es auch auf weitere Produktbereiche ausgedehnt werden. Ausgenommen von dem Verbot der Vernichtung sind kleine Unternehmen. Für mittlere Unternehmen gilt eine Übergangsfrist von sechs Jahren. Zudem werden große Unternehmen verpflichtet, jährlich offenzulegen, wie viele unverkaufte Produkte sie entsorgt haben und warum.

Neue Informationsanforderungen

Besonders betroffen sein werden alle Unternehmen – vom Hersteller bis zum Händler – von den neuen Informationsanforderungen. Die Produktinformationen, die künftig nach der Ökodesign-Verordnung bereitzustellen sein werden, müssen beispielsweise genau Auskunft geben über die Wiederverwendbarkeit, Aufrüstbarkeit, Reparierbarkeit, Möglichkeit der Wartung und Renovierung, den Energieverbrauch und die Energieeffizienz, den recycelten Anteil und die Möglichkeit des Recyclings und die Umweltauswirkungen einschließlich des CO2-Fußabdrucks. Bereitgestellt werden müssen diese Informationen in leicht verständlicher Sprache auf dem Produkt selbst, auf der Verpackung, im Produktpass, auf einem Etikett, in einer Bedienungsanleitung, auf einer frei zugänglichen Website oder einer Anwendung. Zudem müssen die Informationen in einem digitalen Produktpass enthalten sein.

Doch was gilt, wenn ein Verkäufer gar nicht alle Informationen zu allen verbauten Komponenten hat? Die Ökodesign-Verordnung grenzt insoweit nach Vertriebsstufen ab: Für Hersteller gelten grundsätzlich die vollen Informationspflichten. Für Importeure gelten überwiegend dieselben Bestimmungen wie für den Hersteller. Der Vertreiber muss wiederum, bevor er ein Produkt auf den Markt bringt, sicherstellen, dass es mit der CE-Kennzeichnung oder mit einer alternativen Konformitätskennzeichnung versehen ist. Zudem muss er sicherstellen, dass dem Produkt die erforderlichen Unterlagen und eine Gebrauchsanleitung beigefügt sind und dass Hersteller und Importeur die Anforderungen der Identifikation und Benennung erfüllt haben. Den Händler schließlich trifft die Verpflichtung, den Zugang zu den einschlägigen Informationen sicherzustellen. Abgeschwächte Informationspflichten sollen im Online-Handel gelten: Hier soll es genügen die Kontaktdaten des Herstellers und die Seriennummer des Produkts anzugeben.

Überwachung der Vorschriften und Verbraucherrechte

Die Ökodesign-Verordnung verpflichtet die Mitgliedstaaten, Marktüberwachungsmaßnahmen zur Einhaltung der Informationspflichten zu gewährleisten. Die Zuständigkeit wird sich nach dem nationalen Marktüberwachungsgesetz richten, das erst noch erlassen werden muss. Bei energieverbrauchsrelevanten Produkten waren bislang die Landesämter für Natur, Umweltschutz und Verbraucher zuständig. Voraussichtlich werden sie auch die Einhaltung der Vorgaben der Ökodesign-Verordnung kontrollieren.

Verbraucher:innen werden die Möglichkeit erhalten, sich über mutmaßlich falsche Angaben zu beschweren. Ist die Beschwerde hinreichend fundiert, nehmen die nationalen Marktüberwachungsbehörden eine umfassende Beurteilung vor, ob die Anforderungen der Ökodesign-Verordnung eingehalten worden sind. Ist dies nicht der Fall und werden auch nach Aufforderung keine Korrekturen vorgenommen, kann dies dazu führen, dass der Vertrieb des Produkts eingeschränkt oder ganz verboten wird. Zudem gibt die Verordnung vor, dass die Mitgliedstaaten im nationalen Recht Sanktionen vorsehen, die verhältnismäßig, aber gleichzeitig auch abschreckend sein sollen.

Nächste Schritte

Damit die Ökodesign-Verordnung in Kraft treten kann, muss die vorläufige Einigung nun vom EU-Parlament und dem Rat förmlich bestätigt und dann im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden. Die konkreten Ökodesign-Anforderungen für die ersten Produktgruppen werden erst danach von der EU-Kommission festgelegt und werden dann jeweils nach einer Übergangsfrist von 18 Monaten greifen. Bis die strengen Vorgaben zu beachten sind, bleibt somit noch etwas Zeit – gleichwohl sollten sich Unternehmen frühzeitig damit befassen.

 

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vg 19.12.2023