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Lutz Marmor, NDR: "Man darf nicht pauschalisieren"

Medienschelte ist für viele Menschen schon so etwas wie ein Hobby, der Vorwurf mangelnder Staatsferne schnell bei der Hand. Wir sprachen mit Lutz Marmor, Intendant des NDR, über Rechtfertigungszwang, Vielfalt und die Bedeutung von Recherche.

MARKENARTIKEL: In jüngster Zeit gab es einige Diskussionen darüber, was und wie in den Medien berichtet wird – zum Beispiel im Hinblick auf die Flüchtlingskrise, die Übergriffe in Köln in der Silvesternacht und Jan Böhmermanns Erdogan-Gedicht. Unterschiedlichen Studien zufolge sehen Teile der Bevölkerung die Berichterstattung mancher Medien zumindest skeptisch. Wie reagieren Sie auf solche Vorwürfe?
Lutz Marmor
: Es ist die Aufgabe von Journalistinnen und Journalisten, unabhängig zu berichten und Themen zu bewerten. Wichtig ist, dass zunächst nach der Wahrheit gesucht wird und Fakten gesammelt werden. Diese gilt es dann kritisch einzuordnen. In der Idealvorstellung ist das für alle Medien gültig. Aber natürlich muss man immer differenzieren. Dass pauschal 'die Medien' angeprangert werden, dagegen wehre ich mich entschieden. Es gibt hierzulande eine ganz große Vielfalt, und da gilt es klar zu unterscheiden, wer was wie macht.

MARKENARTIKEL: Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk kommt dabei mit seinem Grundversorgungsauftrag und einem gesetzlich definierten Programmauftrag eine besondere Rolle zu…
Marmor: Die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es, nicht nur kurzatmig zu berichten, sondern auch Fakten und Hintergrundwissen zu vermitteln. Deshalb gibt es zum Beispiel auch Reportagen und Dokumentationen, die Themen diskutieren und vertiefen. Wichtig ist, dass wir nicht in eine Kampagne verfallen und einseitig berichten. Das gelingt aber. Dass über unsere Berichterstattung diskutiert wird, finde ich dennoch richtig. Wir berichten schließlich kritisch über politische Institutionen oder die Wirtschaft. Dann müssen wir es aushalten, dass über uns diskutiert wird, und uns dem stellen. Wir müssen unser Handeln genauso immer wieder begründen, wie die Wirtschaft ihr Tun erklären muss. Alle Akteure in einer demokratischen Gesellschaft stehen unter Erklär- und Rechtfertigungszwang.

MARKENARTIKEL: Ein Kritikpunkt ist das Flüchtlingsthema. Der Medienwissenschaftler Prof. Michael Haller vom Hans Bredow Institut in Hamburg hat dazu eine Erhebung über die Berichterstattung in den Medien im Jahr 2015 durchgeführt. Er kritisiert, die Journalisten hätten zu lange "m Geist der Willkommenskultur palavert" und dadurch an Glaubwürdigkeit verloren.
Marmor: Die Studie liegt noch nicht abschließend vor. Bisher gibt es nur einzelne Auszüge, die Prof. Haller vorgestellt hat. Was man aber schon sagen kann: Auch er fragt generell nach der Berichterstattung 'der Medien'. Ich selbst würde auch nicht sagen, dass ich 'den Medien' per se vertraue, sondern würde differenzieren. Wenn man die Menschen fragt, ob sie der Tagesschau, der FAZ, der Süddeutschen Zeitung oder einem Sender wie dem NDR vertrauen, ist es anders, als wenn man eine andere Publikation nimmt. Das darf man deshalb nicht vermischen. Außerdem hat Prof. Haller die Flüchtlingsberichterstattung in den Fokus gestellt und nicht generell die Berichterstattung.

Das vollständige Interview mit Lutz Marmor über berechtigte Kritik, Glaubwürdigkeit und eine Berichterstattung zwischen Emotion und Analyse lesen Sie in MARKENARTIKEL 10. Hier geht es zum Inhalt und zur Bestellung.


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vg 23.09.2016