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Führungskultur: Wo bleibt die Vielfalt?

Ein Kulturwandel in deutschen Unternehmen hin zu flachen Hierarchien und mehr Eigenverantwortung zeichnet sich zwar ab, aber die Führung in deutschen Unternehmen ist nach wie vor stark männlich geprägt, so das Kernergenis einer repräsentativen Umfrage unter mehr als 1.800 deutschen Arbeitnehmern durch das Job-Netzwerk XING. Gerade in Großunternehmen und Konzernen werden die Chefs den neuen selbstbewussten Anforderungen der Arbeitnehmer nur mit Einschränkungen gerecht, bilanziert die durch marketagent.com durchgeführte Studie.

Mehr als 70 % der Vorgesetzten männlich

70,1 Prozent der befragten Arbeitnehmer haben einen männlichen Vorgesetzten. Damit entspricht die Verteilung nahezu exakt der seit 2016 geltenden Quote für Aufsichtsräte von Großunternehmen, die vom Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend vorgeschlagen wurde. Damit ist die Verteilung über alle Führungsebenen zwar paritätischer als an der Spitze von Konzernen (27,2 Prozent), allerdings hätte der Unterschied aufgrund des gemischten Karrierelevels der Befragten (gefragt wurde nach dem direkten Vorgesetzten) durchaus größer ausfallen können.

Regional wird die sogenannte Geschlechterquote sogar häufig im Schnitt über alle Führungsrollen unterschritten. In Hamburg und Schleswig-Holstein sind mehr als drei Viertel (77,3 %) aller Vorgesetzten männlichen Geschlechts – nirgendwo sonst ist der Anteil höher – knapp gefolgt von Baden-Württemberg mit 76,3 Prozent und Rheinland-Pfalz/Saarland mit 72,6 Prozent.

Aber es gibt auch Ausreißer nach oben: Deutlich durchmischter und vielfältiger zeigen sich viele Unternehmen in den neuen Bundesländern. Führend in Sachen Frauenanteil sind Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, wo vier von zehn (39,6 %) der Chefs weiblich sind, gefolgt von 38,5 Prozent in Thüringen. In der Bundeshauptstadt Berlin werden 37,2 Prozent der Chefsessel von Frauen belegt.

Mehr als die Hälfte fühlt sich vom Chef wertgeschätzt

Worauf kommt es Arbeitnehmern vor allen Dingen bei ihren Personalverantwortlichen an? Rund jeder zweite Beschäftigte (49,1 %) wünscht sich zu aller erst Wertschätzung vom Chef. Unter die Top-3 schaffen es auch Führungskompetenz (39,0 %) und die Fähigkeit, die Mitarbeiter zu motivieren und mitzunehmen (30,0 %).

Gefragt nach der tatsächlich erfahrenen Wertschätzung durch den direkten Vorgesetzten, bescheinigen mehr als die Hälfte (56,1 %) der Befragten, dass sie eine entsprechende Aufmerksamkeit und Würdigung ihrer Person und Leistung erfahren. Dieser Wert ist im Laufe des letzten Jahres  im Vergleich zur letzten repräsentativen XING-Erhebung aus dem April 2015 um fast vier Prozent von 52,3 Prozent angestiegen.

Auch in Sachen offener Kommunikation, Authentizität und Loyalität stellen die Befragten den Chefs mehrheitlich ein gutes Zeugnis aus. Allerdings nimmt die positive Bewertung mit der Größe des Unternehmens drastisch ab. Bei Konzernen mit mehr als 50.000 Mitarbeitern vergibt nicht einmal mehr jeder fünfte Befragte (18,3 %) die Bestnote für Wertschätzung an ihren jeweiligen Personalverantwortlichen.

Auf Augenhöhe mit Mitarbeitern?

Sieben von zehn Befragten (72,4 %) geben zu Protokoll, dass ihnen die direkten Vorgesetzten kollegial auf Augenhöhe begegnen. Mehr als jeder vierte befragte Arbeitnehmer (27,6 %) gibt hingegen an, dass der Chef Wert auf einen deutlichen Abstand zu seinen Mitarbeitern setzt. Weibliche Vorgesetzte zeigen sich dabei nahbarer als ihre männlichen Pendants. Ihnen wird von fast Dreiviertel (74,0 %) der Arbeitnehmer ein kollegiales Auftreten bescheinigt, während nur 71,7 Prozent der männlichen Chefs auf ihre Mitarbeiter zugehen.

Dabei legen viele Arbeitnehmer Wert auf flache Hierarchien, da sie mehr Einflussmöglichkeiten für den Einzelnen ermöglichen. So bevorzugen nahezu Zweidrittel (64,9 %) der Befragten diese Organisationsform in ihrem Arbeitsalltag. Mehr als jeder vierte Angestellte (27,6 %) geht gar einen Schritt weiter und plädiert  für eine vollständig basisdemokratische Philosophie, in der sämtliche Entscheidungen im Team gefällt werden. Nur 7,4 Prozent der Angestellten wünschen sich deutliche Hierarchien zurück.

Privat eher kein Kontakt zum Chef


Lassen neue flache Organisationsformen das Verhältnis zum Chef auch persönlicher und privater werden? Nicht unbedingt: Nur 30,5 Prozent der deutschen Arbeitnehmer pflegen auch außerhalb des Büros Kontakt zu ihren Vorgesetzen, während immerhin 71,5 Prozent der Beschäftigen mit den Kollegen im privaten Austausch sind.  Dabei spricht die Wahl der Kommunikationswege bereits eine deutliche Sprache über den jeweiligen Grad der Distanz. Während mit dem Chef bevorzugt verhältnismäßig förmlich über Telefon (73,2 %) und E-Mail (52,3 %) kommuniziert wird, nutzen die Befragten unter Kollegen bereits verbreitet Messaging-Dienste (48,6 %) und soziale Netzwerke (21,9 %). Der Kontakt mit dem Chef bleibt dabei über als privat empfundene Kanäle für die große Mehrheit ein heikles Thema. Nur 21,6 Prozent der Mitarbeiter heißen ihren Vorgesetzten etwa in der Messaging-Gruppe des Teams willkommen.


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tor 12.12.2016