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Marktforschung: Markenerwachen durch bessere Kontexte


Ralph Ohnemus ist seit 2001 Vorstand und Hauptanteilseigner von K&A Brand­Research (Foto: Andreas Thomaier)

Was fasziniert im Marketing mehr als die Aufklärung des menschlichen Entscheidungsverhaltens? Die Marktforschung versucht, dies typischerweise über qualitative Verfahren herauszufinden. Dabei stehen sich streng strukturierte, alltagsfern-sachliche Gruppendiskussionen und beinahe esoterische Couchgespräche gegenüber. Bei Gruppendiskussionen werden grundlegende Erkenntnisse aktueller Lehren der universitären Psychologie ignoriert. Vor allem die Einsicht, dass Menschen ein Verständnis für die eigenen Entscheidungsmuster praktisch komplett abgeht, wir also auf die Frage, warum wir uns auf eine bestimmte Art entscheiden, nur selten marketingrelevante Antworten geben können. Bei den Couchgesprächen gibt es eine wilde Mischung aus mehr oder weniger nachvollziehbaren tiefenpsychologischen Weltanschauungen – für die es übrigens an den deutschen Universitäten keine Unterstützung mehr gibt.

Kognitive Psychologie und Behavioral Economics

Es ist beinahe so, als ob die Psychoanalyse ein sicheres Plätzchen in Unternehmen mit ihrem Bedürfnis nach Tiefe und Sinn gefunden hat. Und das scheinbar unberührt davon, dass die inzwischen dominierende kognitive Psychologie gemeinsam mit den Behavioral Economics im Sinne von Daniel Kahneman (Thinking fast and slow) und Dan Ariely (Denken nützt zwar, hilft aber nichts) viel zuverlässiger an die wirklich fürs Marketing nutzbaren Verhaltensgründe herankommt. Auch der Bestseller von Byron Sharp (How brands grow, what marketers don’t know) hat letztlich noch nicht zu einer Adaption der kognitiven Psychologie in der Marktforschung geführt.

Nick Chater, Professor für Behavioral Science, hat 2018 einen weiteren Sargnagel in die Überpsychologisierung der standhaften Psychoanalyse-Anhänger geschlagen. Sein Buch The mind is flat zeigt anhand des aktuellen Stands der kognitiven Psychologie, der Behavioral Economics und der Neurowissenschaften, dass es aussichtslos und abgekoppelt vom Stand der Wissenschaft ist, menschliches Verhalten mit tiefenpsychologischen Konstrukten zu erklären. "We have no hidden depth to plump, and unconscious thought is a myth. Instead we generate our ideas, motives and thoughts in the moment." Unsere Gedanken, Gefühle und Wünsche steigen demnach nicht aus irgendwelchen vordenkenden Tiefen empor, sondern sind unsere blitzschnelle Reaktion auf äußere Rahmenbedingungen. Und das keinesfalls willkürlich oder zufällig, sondern basiert auf unserer Lebenserfahrung, also den Dingen, die wir gelernt haben.

Verhalten ist an den Kontext angepasst

Und damit sind wir beim Kontext. Wir Menschen sind darauf trainiert, die Umgebung nach bedeutsamen Hinweisen (Cues) zu scannen, und davon ausgehend die jeweils erfolgversprechendsten Verhaltensstrategien auszulösen. Mit wachsender Erfahrung verfeinern wir unsere Strategien und Erkennungsmechanismen. So werden wir im Sinne von Kahnemans System 1 zu immer smarteren, intuitiven Re-Agierern. Wie Autopiloten.

Menschen haben gelernt, in unterschiedlichen Kontexten ein jeweils anderes Verhalten als passend zu erkennen. Während sich ein Markenmanager fragt, welches Bier seine Zielgruppe bevorzugen würde, fragt sich der Verwender ganz alltagsnah, was im aktuellen Kontext das am besten passende Getränk wäre. Wenn es zum Beispiel um Alkoholkonsum und Arbeitsplatz geht: Handelt es sich um eine offizielle Feier oder gibt ein Kollege einen aus? Ist es ein Firmenevent oder ein After-Work-Treffen? Und nicht nur die Frage, ob Alkohol akzeptabel ist oder gar erwartet wird, ist unterschiedlich zu bewerten, sondern auch die Art des Alkohols wird passend zum Kontext gewählt. Die Feier am Tag wird mit einem Glas Sekt begangen, gerne alkoholfrei. Am Abend gibt es Wein und Bier.

Wieso Corona die Einstellungen und das Verhalten der Menschen nicht grundsätzlich ändern wird, wie sich das Marketing darauf einstellen kann und es gelingt, die Zielgruppen richtig verstehen, zeigt Ralph Ohnemus, Vorstand und Hauptanteilseigner von K&A Brand­Research, in seinem Gastbeitrag in markenartikel 10/2020. Zur Bestellung geht es hier.



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vg 19.10.2020