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Nachhaltigkeit: Klimafreundliche Ernährung wird zum Thema

Der Klimaschutz ist für die Menschen in Deutschland ein Megathema und hat höchste Priorität. Vier von fünf Verbraucher:innen fordern schnelle und umfassende Maßnahmen. Der Zusammenhang zwischen Klimaschutz und Ernährung ist vielen Menschen allerdings noch nicht hinreichend klar. Und auch bei der praktischen Umsetzung einer klimafreundlicheren Ernährung gibt es große Informationslücken und den Wunsch nach Orientierung. Wohl auch deshalb sprechen sich drei Viertel für ein Klimalabel bei Lebensmitteln aus, wie aus der Nestlé-Studie So klimafreundlich is(s)t Deutschland hervorgeht. Im März 2021 wurden hierfür 2.511 Bürger:innen zwischen 14 und 84 Jahren online befragt.

Financial Times: "Mehrheit der Nestlé-Produkte ist ungesund"

Die Studie kommt an einem Tag, an dem die Financial Times einen brisanten Artikel veröffentlicht hat. In dem heißt es, dass der Nahrungsmittelkonzern eingeräumt habr, dass mehr als 60 Prozent seiner Mainstream-Nahrungsmittel und -Getränkeprodukte nicht einer "anerkannten Definition von Gesundheit" entsprechen und dass "einige unserer Kategorien und Produkte niemals 'gesund' sein werden", egal wie sehr man sie umstelle. Dies sei in einer Präsentation zu lesen, die unter den Topmanagern von Nestlé zirkulierte und von der Financial Times eingesehen wurde.

Bekämpfung des Klimawandels wichtiger als Bekämpfung von Epedemien

Zurück zur Studie: Als wichtigste globale Herausforderung sehen 68 Prozent der Befragten die Bekämpfung des Klimawandels – noch vor der Bekämpfung von Krankheiten und Epidemien sowie Umweltverschmutzung (je 65 Prozent), der Sicherung der Welternährung (56 Prozent) und der Eindämmung von Flüchtlingsströmen (46 Prozent). Zwei Drittel machen sich über die Folgen der zunehmenden Erderwärmung (sehr) große Sorgen.

In der Konsequenz fordert eine deutliche Mehrheit (82 Prozent) schnelle und umfassende Maßnahmen, um den Klimawandel zu bekämpfen. 71 Prozent sprechen sich sogar dafür aus, drastische Maßnahmen in Betracht zu ziehen. Denn fast vier von fünf Befragten befürchten, dass der Klimawandel auch für Deutschland katastrophale Auswirkungen haben wird.

Verbraucher:innen sehen sich selbst in der Pflicht

In der Frage, bei wem die Verantwortung für den Kampf gegen den Klimawandel liegt, sind sich die Menschen in Deutschland einig: 90 Prozent denken, dass es auf das Verhalten jedes/r Einzelnen ankommt. Dabei sehen die Befragten vor allem die Industrie in der Pflicht, für einen besseren Klimaschutz zu sorgen (68 Prozent), gefolgt von Verbraucher:innen selbst (52 Prozent) sowie Politik (50 Prozent) und Handel (47 Prozent).

Das Engagement gegen den Klimawandel ist in der Bevölkerung inzwischen auch weit verbreitet: Rund drei Viertel geben an, schon konkret etwas für den Klimaschutz getan zu haben. Am häufigsten achten die Deutschen darauf, sparsam mit Energie umzugehen (84 Prozent) und klimafreundlich einzukaufen (67 Prozent). Das Thema Ernährung rangiert dabei im Mittelfeld: 45 Prozent der Verbraucher:innen geben an, beim Essen und Trinken schon ihr Verhalten geändert zu haben. Für mehr als die Hälfte ist fehlendes Wissen der wichtigste Hinderungsgrund für klimafreundlicheres Verhalten. Sie wissen nicht, wo sie ansetzen sollen und haben daneben oft finanzielle Bedenken (36 Prozent) und können Gewohnheiten schwer ändern (34 Prozent).

Wie tragen Lebensmittelproduktion und Ernährung zum Klimaschutz bei?

Aus Bevölkerungssicht sind Industrie, Müllvermeidung bzw. Recycling, der Verkehrssektor sowie die Strom- und Energieerzeugung die mit Abstand wichtigsten Bereiche, wenn es um den Klimaschutz geht. Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion werden eine mittlere Relevanz zugesprochen: Jeweils knapp die Hälfte der Bevölkerung hält sie für den Klimaschutz für besonders wichtig. Lediglich 34 Prozent sehen dagegen eine besondere Relevanz von Ernährung und Ernährungsweise.

Für die Frage der Klimaverträglichkeit unserer Ernährung hält die Bevölkerung die Produktionsbedingungen damit für relevanter als die Art der Produkte, die verzehrt werden. Innerhalb des Bereichs Ernährung sehen Verbraucher:innen allerdings bei sich selbst das größte Potenzial, zum Klimaschutz beizutragen: 54 Prozent sind überzeugt, sehr viel für den Fortschritt des Klimaschutzes tun zu können. Ähnlich viele der Befragten (52 Prozent) sehen die Industrie in einer sehr großen Verantwortung.

Doch welche Kriterien und Überzeugungen bestimmen den Speiseplan der Verbraucher:innen? Im Rahmen verschiedener Ernährungsweisen hat eine klimafreundliche Ernährung für die Befragten eine nur mittlere Bedeutung (56 Prozent). An der Spitze stehen Obst und Gemüse als wichtigste Ernährungspriorität (83 Prozent), gefolgt von einem leckeren Geschmack und Auswahlfreiheit (74 Prozent) sowie Tierschutzaspekten (71 Prozent). Wenn es um die Klimaauswirkungen von Ernährung geht, kennen sich weite Teile der Bevölkerung nicht gut aus. Nur ein knappes Drittel der Befragten traut sich zu, die Klimafreundlichkeit der eigenen Ernährung einzuschätzen.

Klimafreundliche Ernährung: Regional? Weniger Fleisch? Keine Lebensmittelverschwendung?

Spontan gehören für 41 Prozent der Menschen in Deutschland regionale Produkte zu einer klimafreundlichen Ernährung. Sie verbinden damit also vor allem die Vermeidung des Transports von Lebensmitteln. Erst mit deutlichem Abstand folgt die Einschränkung des Fleischkonsums (20 Prozent). Gleichzeitig können 21 Prozent spontan überhaupt nicht sagen, was sie unter klimafreundlicher Ernährung verstehen.

Eine gestützte Nachfrage mit verschiedenen Auswahlmöglichkeiten ergibt zum Teil deutlich abweichende Antworten und zeigt damit, dass die Vorstellungen der Bevölkerung von einer klimafreundlichen Ernährung noch wenig gefestigt sind. An erster Stelle geben knapp zwei Drittel der Befragten die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung als sehr wichtig an, gefolgt von Vermeidung von Lebensmitteln, für die zum Teil Wälder in großem Stil gerodet werden (57 Prozent) sowie regionalen (56 Prozent) und saisonalen Lebensmitteln (55 Prozent). Verzicht auf Fleisch (22 Prozent) sowie auf tierische Produkte wie Milch oder Käse (14 Prozent) rangieren am Ende der Liste.

Klimafreundlichkeit beim Einkauf keine Top-Priorität, aber wichtiger als Bio

Klimafreundlichkeit kommt auch als Einkaufskriterium per se eine mittlere Bedeutung zu: 50 Prozent der Befragten halten dies für wichtig, 17 Prozent sogar für sehr wichtig. Gleichzeitig spielen viele Nachhaltigkeitskriterien, die auch für den Klimaschutz wichtig sind, beim Lebensmitteleinkauf aber eine sehr große Rolle, zum Beispiel artgerechte Tierhaltung (38 Prozent sehr wichtig), Mehrwegverpackungen (33 Prozent), Regionalität (28 Prozent) und Saisonalität (25 Prozent). Bio-Produkte rangieren hingegen deutlich weiter hinten (11 Prozent). Die Bedeutung solcher Nachhaltigkeitskriterien beim Lebensmitteleinkauf hat laut Langzeitvergleich des Instituts für Demoskopie Allensbach in der vergangenen Dekade deutlich zugenommen.

Verbraucher:innen wünschen sich Klimalabel

Im Spannungsfeld der insgesamt sehr hohen Bedeutung von Klimaschutz, der geringen Kenntnisse der Bevölkerung über die Klimaauswirkungen von Ernährung sowie der generell hohen Bereitschaft der Bevölkerung, ihre Ernährung für den Klimaschutz umzustellen, hat ein Klimalabel für die Orientierung der Verbraucher:innen zentrale Bedeutung. Rund drei Viertel der Befragten fänden ein Klimalabel auf Lebensmittelverpackungen wichtig bzw. sehr wichtig. Insbesondere für Personen, die sich klimafreundlich ernähren (möchten) und bereit sind, dafür mehr Geld auszugeben, hätte ein Klimalabel eine besonders große Bedeutung. Über 90 Prozent dieser Personen sprechen sich hierfür aus.

Ganz allgemein bekundet die Mehrheit der Bevölkerung (56 Prozent) große oder sogar sehr große Bereitschaft, ihre Ernährung für den Klimaschutz umzustellen. Auch sind rund drei Viertel bereit, für klimafreundliche Produkte mehr zu bezahlen, darunter würden auch 17 Prozent deutlich mehr bezahlen. Etwas höher als beim Durchschnitt ist sowohl die Umstellungs- als auch Zahlungsbereitschaft bei Frauen und in den oberen Sozialschichten.

Fleisch und tierische Produkte sind der Knackpunkt – Offenheit für Fleischersatzprodukte

Besonders gering ist die Umstellungsbereitschaft, wenn es um den Verzicht auf Fleisch oder tierische Produkte wie Milch oder Käse geht: Für 47 Prozent der Bevölkerung kommt es nicht in Frage, nur wenig tierische Produkte wie Milch oder Käse zu verzehren, weiteren 16 Prozent würde das sehr schwerfallen. 38 Prozent schließen einen weitgehenden Verzicht auf Fleisch aus, weiteren 14 Prozent würde dies schwerfallen.
Gleichzeitig ist die Offenheit für pflanzliche Fleischersatzprodukte in der Bevölkerung insgesamt groß. Rund die Hälfte hat solche Produkte schon gegessen, darunter hat es lediglich 12 Prozent nicht geschmeckt. Weitere 16 Prozent der Bevölkerung können sich vorstellen, solche Produkte zu essen.

Die Akzeptanz von Fleischersatzprodukten ist auch eine Frage des Alters und der Bildungsschicht: In der Gruppe der 14-29-jährigen und bei Menschen mit höherer Schulbildung ist die Offenheit am größten. Eine deutliche Mehrheit der überzeugten Fleischesser (59 Prozent) kann sich allerdings nicht vorstellen, solche Produkte zu konsumieren.

Eine starke Preiserhöhung für Fleisch aus Klimaschutzgründen fände die Hälfte der Befragten in Ordnung, 31 Prozent allerdings ausdrücklich nicht in Ordnung. Nur überzeugte Fleischesser würden dies mehrheitlich ablehnen (60 Prozent). Bei Milchprodukten wären nur 44 Prozent aller Befragten mit einer Preiserhöhung einverstanden.

Lebensmittelverschwendung wird bisher nur halbherzig bekämpft

Beim Lebensmitteleinkauf geht etwa ein Drittel der Menschen in Deutschland sehr planvoll vor und kauft entsprechend eines klaren Essensplanes für die nächsten Tage ein. Knapp über die Hälfte macht sich zwar eine Einkaufsliste, ist aber offen für Inspirationen im Laden. Dies trifft auch auf Personen zu, die es für wichtig halten, keine Lebensmittel zu verschwenden. Was die permanente Verfügbarkeit frischer Produkte auch abends und am Wochenende angeht, haben insbesondere Teile der Klimabewussten eine höhere Anspruchshaltung gegenüber dem Handel als der Bevölkerungsdurchschnitt. Da sie überdurchschnittlich großen Wert auf eine gesunde Ernährung und auf viel Obst und Gemüse legen, möchten viele unter ihnen diese Lebensmittel auch zu jedem Zeitpunkt vorfinden. Manche sind dabei aber auch bereit, Abstriche etwa bei der Optik zu machen und auch krummes Gemüse oder Obst mit Druckstellen zu kaufen.

Der Umgang mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) ist hingegen weitgehend gelernt: 91 Prozent der Befragten prüfen, ob Lebensmittel nach Überschreitung des MHDs noch genießbar sind.

Klimafreundliche Ernährung ist Typsache: Die Sechs Klima-Ernährungstypen

Aus den Ergebnissen der Nestlé-Studie lassen sich insgesamt sechs verschiedene Klima-Ernährungstypen ableiten, die sich in ihren Einstellungen zum Zusammenhang von Klimaschutz und ihrem eigenen Einkaufs- und Ernährungsverhalten unterscheiden:
• Kompromisslose Aktivist:innen – „Auch Ernährung rettet das Klima.“ (13 Prozent)
• Besorgte Bewahrer:innen – „Klimafreundlich essen – aber nicht radikal.“ (19 Prozent)
• Aktive Individualist:innen – „Geht voran, ich rette mit!“ (24 Prozent)
• Umsichtige Beobachter:innen – „Es gibt viel zu tun – aber wie?“(20 Prozent)
• Reservierte Orientierungssucher:innen – „Nicht übertreiben – regional essen hilft schon.“ (13 Prozent)
• Unbeteiligte Zweifler:innen – „Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.“ (11 Prozent)



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(vg) 01.06.2021



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vg 01.06.2021