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Digital-Erfahrung: Schere zwischen Konzernen und Mittelstand

49 von 107 Vorständen (46 Prozent) der in den drei deutschen Leit-Indizes (S/M/DAX) gelisteten Unternehmen aus den Bereichen Konsumgüter, Handel und Lebensmittel-/Grundstoff-Produktion haben bereits intensive IT-, Digital- oder Tec-Erfahrung im Lebenslauf. Fünf von 26 untersuchten Unternehmen (19 Prozent) haben kein Vorstandsmitglied, dem solche Erfahrungen zuzuordnen sind, so Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung der Personal- und Organisationsberatung Korn Ferry.

„Konsumgüterhersteller und Händler haben schon vor einigen Jahren verstanden, dass ihr Geschäftsmodell ohne Digitalisierung nicht mehr tragfähig ist“, sagt Sigurd Keck, Managing Consultant bei Korn Ferry. „Dementsprechend haben sie sehr konsequent damit begonnen, ihre Vorstände umzubauen und Persönlichkeiten hereinzuholen, die über notwendige Erfahrungen verfügen. Wir sehen hier allerdings einen klaren Unterschied zwischen dem Handel und den anderen Unternehmen: Fast alle heute in den Indizes gelisteten Handelsunternehmen sind digitale Neugründungen oder haben ihr Geschäftsmodell auf ‚digital first‘ ausgerichtet.“

Insgesamt fallen zwölf von den 26 untersuchten Unternehmen unter diese Kategorie, alles reine Händler oder mit einem Schwerpunkt in Handel und Delivery. „Hier bestehen die meisten Vorstände vollständig aus Persönlichkeiten, die alle ein klares Digital-Profil haben“, sagt Keck. „Vielfach sind die Gründer selbst im operativen Management tätig. Nur in einzelnen Fällen wurden Expertinnen und Experten wie CFOs oder Personalvorstände extern rekrutiert, die keine explizite Digital-Erfahrung in ihren CVs ausweisen. Das waren ganz bewusste Rekrutierungen, um außerhalb der eigenen Blase fehlende fachliche Expertise und einen anderen kulturellen Hintergrund mit ins Spitzengremium zu bringen. Das ist gelebte Diversität.“

„Insgesamt ist aufgefallen, dass die Vorstandsgremien der von uns untersuchten Unternehmen eine deutlich diversere Zusammensetzung aufweisen, als wir es vermutet hatten“, sagt Sigurd Keck. „Bei den Unternehmen, die eher klassisch strukturiert sind, finden sich in 80 Prozent der Fälle mindestens ein Vorstandsmitglied, häufig mehrere mit Erfahrungen im Digital-, IT- oder Tech-Umfeld. Auch hier hat man teils gezielt Spezialisten angeworben, zum Beispiel eine ehemalige Personalchefin einer NASDAQ-Größe.“ Einer der 26 Konzerne hat ein Vorstandsmitglied explizit zum ‚Chief Digital Officer‘ erhoben – rekrutiert von einem ‚Digital Pure Player‘.

Mittelständische Unternehmen müssen nachziehen

„Die Konsumgüterproduzenten, vor allem aber die Nahrungsmittel- und Grundstoffproduzenten und viele lokale Handelsmarken sind in Deutschland nicht an der Börse gelistet, sondern mittelständisch geprägt“, erläutert Keck. „Wenn wir diese Unternehmen anschauen, erhalten wir ein deutlich heterogeneres Bild als auf der Ebene der Konzerne. Unsere Beobachtung: Vielfach fällt es schwer, Digital-Expertise nicht nur beraterisch einzukaufen, sondern wirklich personell nachhaltig zu verankern. Das hat auch mit den eher tradierten Führungsstrukturen und der daraus resultierenden Unternehmenskultur zu tun. Ich mache in Besetzungsprozessen für solche Unternehmen immer wieder die Erfahrung, dass Kandidatinnen und Kandidaten mit starken digitalen Ausprägungen eher reserviert reagieren, wenn es um klassische, vor allem kleinere und mittelgroße Familienunternehmen geht. Gerade Mittelständler sind es gewohnt, eher im Hintergrund zu agieren. Wer aber spannende Profile, auch auf der mittleren Führungsebene, für einen Wechsel begeistern will, der muss heute Transparenz zeigen und offen von sich erzählen. Eine gute Arbeitgebermarke für Digital-Expertinnen und -Experten ist heute nicht mehr über reine Werbung herzustellen. Es geht darum Organisation, Kultur und die Chancen für die Zielgruppen möglichst authentisch darzustellen.“

 



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tor 21.07.2021