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Foodwatch kritisiert ungesunde Kinderlebensmittel und fordert Gesetze, Lebensmittelverband kontert

Quelle: Christian Schwier/Fotolia
Quelle: Christian Schwier/Fotolia

Eine neue Studie von Foodwatch, Berlin, sorgt im Vorfeld der Bundestagswahl für Aufregung. Die plakative Aussage: Fast alle Kinderlebensmittel sind ungesund. Die Forderung: Gesetze, um eine Zuckerreduktion zu erzwingen. Konkret seien mehr als 85 Prozent der an Kinder beworbenen Lebensmittel ungesund. Insgesamt hat Foodwatch 283 Lebensmittel untersucht, die an Kinder beworben werden. Dabei wurde die Nährstoffzusammensetzung aller Produkte, die sich in Marketing oder Werbung direkt an Kinder richten, mit den Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) an ausgewogene Lebensmittel abgeglichen. 242 der untersuchten Produkte sind demnach ungesund und enthalten zu viel Zucker, Fett und/oder Salz. Im Vergleich zu einer Foodwatch-Studie von 2015 habe sich nicht viel getan: Damals waren 89,1 Prozent der Produkte nach WHO-Maßstäben ungesund.

Freiwillige Selbstregulierung der Lebensmittelindustrie reichen nicht aus

Die aktuelle Studie umfasst Produkte von insgesamt 16 Lebensmittelkonzernen, die schon 2007 eine Selbstverpflichtung zu verantwortungsvollerem Kindermarketing (EU Pledge), unterschrieben haben – darunter Nestlé, Danone und Unilever. Darin hatten alle Konzerne erklärt, ihr Kindermarketing verantwortungsvoller zu gestalten. Das sei nicht geschehen, so die die Verbraucherorganisation: Zehn der 16 untersuchten Konzerne machen demnach heute ausschließlich Werbung für ungesunde Produkte, darunter Ferrero, Pepsico, Mars, Unilever und Coca-Cola. Die größte Anzahl an unausgewogenen Produkten bewerben Nestlé (44 Produkte), Kellogg‘s (24 Produkte) und Ferrero (23 Produkte).

Das die freiwillige Maßnahmen der Lebensmittelindustrie laut Foodwatch nicht ausreichen, fordert die Organisation strengere Regeln. "Es braucht Gesetze, um die Lebensmittelkonzerne zur Zuckerreduktion zu bewegen. Nur für gesunde Lebensmittel sollte an Kinder gerichtetes Marketing erlaubt sein", schreibt die Verbraucherorganisation.

Lebensmittelverband kritisert "Scheindebatten"

Der Lebensmittelverband, Berlin, kritisiert die "Scheindebatten über Werbung". Es sei die wichtigste Aufgabe aller gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure, gemeinsam niedrigschwellige und partizipative Angebote der Gesundheitsförderung zu machen. Dies gelinge nur mit zielorientierten Ansätzen und zielgruppengerechter Aufklärung.

Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands Deutschland: "Nicht zuletzt die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig das soziokulturelle Umfeld, Bewegungsmangel und Fehlernährung als Faktoren bei der Übergewichtsentwicklung sind. (...) Hier müssen wir verstärkt auf Aufklärung und Bildung über die Zusammenhänge der Gewichtsentwicklung und die Grundlagen einer ausgewogenen Ernährung setzen. Und wir müssen sehen, wie wir diese Informationen zielgruppengerecht aufbereiten können, sodass sie auch bei denjenigen, die es am meisten brauchen, ankommen. Diskussionen um Werbeverbote hingegen sind reiner Populismus mit Blick auf die Bundestagswahl."

Laut einer Umfrage des Marktforschungsinstitut INSA Consulere im Auftrag des Zentralverbands der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW) aus Mai 2021 möchten 71 Prozent der befragten Mütter und Väter weiterhin über Produktneuheiten und Innovationen im Lebensmittelbereich mittels Werbung informiert werden, so der Lebensmittelverband. 16 Prozent seien nicht daran interessiert. Gleichzeitig habe die Mehrheit der Befragten (76 Prozent) angegeben, dass sie sich selbst in der Verantwortung sehen, wenn es um eine ausgewogene Ernährung ihrer Kinder geht. Herstellern von Lebensmitteln (sechs Prozent) und dem Staat (drei Prozent) werde nur eine sehr geringe Bedeutung beigemessen.

Grundsätzlich habe jedes Lebensmittel seine Berechtigung und seinen Platz im Rahmen einer ausgewogenen Ernährung. Die Wirtschaft reduziere Zucker, Fett und Salz da, wo es technologisch und geschmacklich sinnvoll sei. Und hier sei die Branche entgegen der Behauptung von Foodwatch auf einem sehr guten Weg, den auch das Max-Rubner-Institut bestätige, so Minhoff.



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(vg) 26.08.2021



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vg 26.08.2021