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v.l.: VKE-Präsident Markus Grefer, VKE-Geschäftsführer Andreas Fuhlisch und der scheidende Geschäftsführer Martin Ruppmann - Quelle: VKE, Serviceplan

v.l.: VKE-Präsident Markus Grefer, VKE-Geschäftsführer Andreas Fuhlisch und der scheidende Geschäftsführer Martin Ruppmann - Quelle: VKE, Serviceplan

Beauty-Industrie

Voller Dynamik!

Quo vadis, Beauty-Branche? Fragen an Vertreter des VKE-Kosmetikverbandes: Präsident Markus Grefer, den scheidenden Geschäftsführer Martin Ruppmann sowie an seinen Nachfolger Andreas Fuhlisch, der die Aufgabe Anfang September 2022 übernahm.

markenartikel: Nach dem Umsatzeinbruch 2020 verzeichneten die VKE-Mitglieder 2021 wieder ein leichtes Plus, wenn auch noch unter den Ergebnissen von 2019. Gibt es dennoch ein vorsichtiges Aufatmen?
Markus Grefer: Anlässlich der VKE-Wirtschaftspressekonferenz im vorigen Juni waren die Mitglieder durchaus optimistisch. Über 60 rechneten zu diesem Zeitpunkt mit einem Umsatzplus. Die positiven Erwartungen betrafen alle Kategorien, sogar die von der Pandemie besonders gebeutelte Dekorative Kosmetik. Natürlich ist die Konsumfreude durch den Ukraine-Krieg, die Inflation und die massiv gestiegenen Energiekosten getrübt, aber dennoch gönnen sich die Konsumentinnen und Konsumenten wieder vermehrt den kleinen persönlichen Luxus eines neuen Lippenstifts oder des Lieblingsduftes. Ich bleibe daher insgesamt zuversichtlich und rechne weiterhin mit einem Umsatzplus von über fünf Prozent am Jahresende.

markenartikel: Die Ukraine-Krise und ihre Folgen, steigende  Preise für Rohstoffe und Energie, gestörte Lieferketten – darauf reagieren die Konsumenten verunsichert. Was bedeutet das für die Beauty-Branche und ihre weitere Entwicklung?
Martin Ruppmann: Das aktuelle Weltgeschehen lässt die Produktionsprozesse in der Beauty-Industrie nicht unberührt. Unsere Hersteller sind, ebenso wie viele andere Branchen, von massiven Kostensteigerungen betroffen. Dies gilt insbesondere für Bereiche wie Glas, Papier und Packmittel, aber auch für die Produktrohstoffe. Die Glasproduktion zur Herstellung von Flakons und Tiegeln ist äußerst energieintensiv – mit den bekannten belastenden Auswirkungen. Manche Komponenten wie etwa Pump- bzw. Sprühköpfe kosten heute 20 bis 30% mehr als noch vor sechs Monaten. Verpackungen können sogar bis zu 40 Prozent teurer sein. Und es ist zu befürchten, dass das Ende der Fahnenstange damit noch nicht erreicht ist. Auch die Lieferfähigkeit ist ein Thema – Lieferketten weltweit sind weiterhin massiv beeinträchtigt. Der lange Shanghai-Lockdown und die andauernden weltweiten Schiffsstaus sorgen für globale Lieferprobleme. Dadurch können momentan die ein oder andere Duftgröße oder eine Lippenstiftfarbe fehlen, nicht jedoch breite Sortimentsbestandteile. An der Aufrechterhaltung einer guten Liefersituation arbeiten die Mitgliedsunternehmen und deren Vorlieferanten auf Hochtouren, nicht zuletzt mit Blick auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft.

markenartikel:  Speziell mit Blick auf die Preise und die Preisorientierung der Konsumenten: Welche Möglichkeiten sehen Sie hier für die Unternehmen, der Entwicklung zu begegnen?
Grefer: Der Preisentwicklungen bei Energie und Treibstoff, aber auch bei Lebensmitteln beeinflussen natürlich das Konsumverhalten. Allerdings kann man das Shoppen bei Prestigekosmetik nicht direkt mit dem Einkauf von Gütern des täglichen Bedarfs vergleichen. Hochwertige Düfte, Hautpflegeprodukte und Dekorative Kosmetik werden oftmals als der kleine persönliche Luxus betrachtet, bei dem man in Krisenzeiten eher nicht spart, sondern die man sich auch weiterhin als etwas Besonderes gönnt. Zudem gibt es in diesem Segment bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern nach zwei harten Corona-Jahren durchaus Nachholbedarf – man möchte Beauty-Produkte wieder live in der Parfümerie testen und erleben, geht also sehr gerne zurück in die stationären Geschäfte. Grundsätzlich gehen wir in diesem Zusammenhang davon aus, dass bei den Konsumentinnen und Konsumenten ein Verständnis für die mutmaßlich gestiegenen Preise da ist. Die Herausforderung wird sein, diesen Effekt im gesamtwirtschaftlichen Kontext beizubehalten. Da braucht die Branche jetzt auch Optimismus und eventuell einen etwas längeren Atem, als zunächst erwartet.

markenartikel: Auch wenn viele Kunden in die Läden zurückkehren: Welche Rolle spielt künftig der Online-Kanal und wie müssen Marken sich darauf einstellen?
Ruppmann: Ja, die Ladenschließungen in der Pandemie haben dazu geführt, dass der Online-Anteil zeitweise bei 50 Prozent lag. Das ist besonders hervorzuheben, da die Prestigekosmetik in Deutschland im traditionell starken stationären Fachhandel den Großteil ihres Umsatzes realisiert hat. Allerdings darf man nicht vergessen, dass die Möglichkeiten zum Online-Shopping bei vielen Handelspartnern auch vor der Corona-Krise bereits umfassend gegeben waren. Als der Besuch des Fachgeschäfts dann nicht mehr möglich war, gab es echte digitale Alternativen. Die Shopping-Kanäle waren also vorhanden, aber online wurde entsprechend forciert, um sich insgesamt breiter bzw. flexibler aufzustellen. Aktuell geht der Online-Anteil am Umsatz jedoch zurück und hält etwa ein Drittel am Gesamtmarkt. Der Online-Kanal ist damit im Vergleich zum Vorjahr zwar leicht negativ, liegt jedoch immer noch weit über dem Niveau von 2019. Insbesondere beim Makeup gibt es Rückgänge – Lippenstift & Co. werden nun oftmals wieder lieber vor Ort getestet und gekauft. Für Marken heißt das, dass es jetzt zwei gleichwertige Kanäle gibt, die jedoch unterschiedliche Einkaufsschwerpunkte abbilden. Das ist für deren Bespielung von einiger Bedeutung: Online wird seine hohe Bedeutung im Bereich Nachkäufe weiter stabilisieren und der stationäre Handel hat eine wirklich gute Möglichkeit, sich neu zu beweisen. 85,7 Prozent der Deutschen kaufen übrigens mehr als einmal im Monat online ein. In unserer Bonsai-Erhebung konnten wir sehen, dass bereits 29 Prozent der Kosmetikeinkäufe online getätigt werden. Besonders werden die Angebote von Parfümerien (27 %) und Drogerien (31 %) genutzt.

markenartikel: Die Customer Journey wandelt sich also – Stichwort Omnichannel. Wie gelingen es, die Verbraucher künftig an allen Touchpoints zu erreichen?
Grefer: Onmichannel ist in unserer Branche längst gelebte Realität. Die Kundinnen und Kunden erwarten das ganz selbstverständlich. Die Customer Journey ist komplex.  Omnichannel-Strategien erfordern insofern ein sehr hohes Maß an Flexibilität, die wiederum mit stetig steigenden Investments in Manpower und auch Kosten in Technologien verbunden sind. Insbesondere die neuen digitalen Touchpoints wie etwa Video-Screens, interaktive Bildschirme, Multi-face-Augmented-Reality-Apps und digitale Beauty-Tutorials sorgen für individuellen Service und ein qualitativ deutlich erhöhtes Einkaufserlebnis. Damit involviert man die Marken-Community noch emotionaler in die Produkte.

markenartikel: Trotz der Fülle an Herausforderungen hat sich die Beauty-Branche einiges vorgenommen. Der VKE hat den Sustainability Beauty Pact initiiert – gemeinsam will die Branche nachhaltiger werden und die Weichen für die Zukunft stellen. Was hat Sie zu dieser gemeinsamen Initiative bewogen?
Grefer: Das Thema Nachhaltigkeit mit seinen vielschichtigen Facetten nimmt sowohl in den Strategieüberlegungen als auch im operativen Geschäft von immer mehr Unternehmen des Kosmetikbusiness eine außerordentlich wichtige Rolle ein. Allerdings erfordert gelebte Sustainability Konsequenz und Ausdauer, wenn man der erforderlichen Verantwortung heutzutage wirklich gerecht werden will. Auf dem VKE Summit Nachhaltigkeit am 28. April 2022 in Frankfurt am Main hat die High-End Kosmetikbranche sich auf den Weg gemacht, Kräfte und Ideen für nachhaltiges Handeln in einer Initiative zu bündeln, um neben ökonomischen insbesondere auch ökologische und soziale Ziele besser zu erreichen.

markenartikel: Die Bewältigung einer derartigen Aufgabe gelingt unter Gleichgesinnten also besser?  
Grefer: Einige Mitgliedsunternehmen sind auf dem Weg zu einer grünen Transformation schon sehr weit. Das kann all denjenigen helfen, die für sich noch größeren Handlungsbedarf sehen und denen auch noch Know-how fehlt. Das Ziel ist also, als Branche vereint für die Zukunft aktiv zu werden. 'Gemeinsam für Schönheit mit Verantwortung' lautete das Motto der digitalen Green Beauty Week, die in diesem Jahr erstmals durchgeführt wurde. In Kooperation mit dem Handel und unterstützt von Medienpartnern wurde eindrucksvoll dargestellt, was die Marken in Sachen Nachhaltigkeit bereits leisten. Über 750 Produkte zeigten anlässlich der Aktionswoche, was Kosmetikmarken schon heute zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsorientierten Umwelt- bzw. Klimaschutz beitragen. Und beim VKE-Treff wird nun die Green-Charta für die Branche unterzeichnet. Diese bietet den Branchenunternehmen die Möglichkeit, sich gemeinsamen Nachhaltigkeitszielen zu verpflichten.

markenartikel:  Doch was kann die Branche gemeinsam tatsächlich erreichen, ohne sich letztlich mit dem Vorwurf des Greenwashings konfrontiert zu sehen?
Ruppmann: Die Gefahr, dass so ein Thema auf den Tisch kommt, besteht natürlich – damit haben wir uns im Vorfeld auch intensiv beschäftigt.  Jedoch war und ist für die Branche von immenser Bedeutung, hier transparent und für die Konsumentinnen und Konsumenten verständlich zu kommunizieren und zu agieren. Wir wollen und müssen eines deutlich machen: Wir alle befinden uns auf unterschiedlichen Stufen eines Transformationsprozesses in Sachen Nachhaltigkeit. Bei einigen Mitliedern gehört es schon zur DNA, andere befinden sich in einem intensiven Evaluierungsprozess. Aber die Unternehmen eint das Ziel, so schnell und so gut wie möglich beim Thema Nachhaltigkeit voran zu kommen.

markenartikel:  Und welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit künftig mit Blick auf Innovation?
Grefer: Mit der bereits genannten Green Charta verpflichten sich die unterzeichnenden Unternehmen zu gemeinsamen Nachhaltigkeitszielen. Es ist selbstverständlich, dass diese in Entwicklungsprozesse einfließen. Die Branche ist in Bewegung, aber auch hier sei gesagt, dass der Nachhaltigkeitsstatus von Produkten und Unternehmen unterschiedlich ist. Wichtig ist Transparenz über den Prozess.

markenartikel: Weiter relevant bleibt auch die Produkt- und Markenpiraterie. Sie hatten sich für Nachjustierungen beim DSA eingesetzt und ein Notice-and-Stay-Down-Prinzip gefordert. Warum reicht das Take-Down-Prinzip nicht – und welche Möglichkeiten sehen Sie für strengere Vorschriften?
Ruppmann: Deutschland war im Zeitraum 2017 bis 2019 mit 47% der weltweiten Zollbeschlagnahmen der gefährlichsten für die EU bestimmten gefälschten Waren das mit Abstand führende Bestimmungsland dieser gefälschten Waren in der EU. Beim Vertrieb sind Postpakete, bedingt durch die zunehmende Beliebtheit des Online-Shoppings, die bevorzugte Versandmethode für gefälschte Waren. Diese kleinen Pakete erschweren den Zollbehörden die Überprüfung. Insgesamt wurden 60% der beschlagnahmten gefährlichen Waren auf dem Postweg versandt; mit Blick auf den Wert der Beschlagnahmen war der Seeweg hingegen der vorherrschende Verkehrsträger. Konsumentinnen und Konsumenten müssen beim Onlinekauf besser geschützt werden. Und das ist nur möglich, wenn einmal gelöschte Fälschungen nicht wieder hochgeladen und angeboten werden können. Ein stetiges Wieder-Hochladen führt ja alles ad absurdum. Von daher befürworten wir ein Notice-and -Stay-Down-Prinzip, um  langfristig erfolgreich gegen Fälschungen vorzugehen.

markenartikel: Sie sehen die Beauty-Branche insgesamt also gut vorbereitet auf kommende Entwicklungen?
Grefer: Auf jeden Fall! Die Branche hat doch gezeigt, wie schnell sie auf Veränderungen reagieren kann. Da mache ich mir gar keine Sorgen – egal, ob es neue Kommunikationskanäle, Veränderungen in Technologien, Handelsstrukturen, Konsumklima oder Lieferketten sind. Diese Dynamik hält Markt und Marken in positiver und nach vorne gerichteter Bewegung.

markenartikel: Herr Fuhlisch, sie sind seit Anfang September neuer Geschäftsführer des VKE. Welche Ziele haben Sie sich für Ihre Arbeit gesetzt?
Andreas Fuhlisch: Die Beauty-Branche als solche hat schon kraft ihrer Marken eine starke öffentliche Wahrnehmung. Die gleiche Zielsetzung habe ich für den VKE. Kosmetik und Parfums sind ein selbstverständlicher Teil des täglichen Lebens vieler Menschen, weil sie zu einem positiven Lebensgefühl beitragen. Dies bietet eine gute Basis, um auch die Verbandsarbeit im Sinne von mehr Sichtbarkeit weiter zu intensivieren und die vielen relevanten Aspekte des Netzwerks bzw. der Plattform Kosmetikverband optimal darzustellen. Im Rahmen dieses Plattform-Gedanken habe ich das Selbstverständnis, dass der VKE zukünftig einen zusätzlichen Mehrwert für die Mitglieder und die Stakeholder bietet.

markenartikel: Was heißt das konkret?
Fuhlisch: Den Verband über die klassischen Aufgabengebiete und Fachthemen hinaus als umfassenden Sparringspartner für die Branche zu etablieren. Und damit meine ich neben der Industrie ausdrücklich auch die wichtigen Partner aus dem Handel, den Medien, dem Bereich der Rohstofflieferanten und den anderen Verbänden. Schließlich haben alle die Themen Nachhaltigkeit, Digitale Transformation, Omnichannel-Marketing, integrierte Kommunikation und innovative Marketingstrategien auf der Agenda. Hier möchte ich mit meinem Team gemeinsam eine erfolgreiche Zukunft gestalten. Und ich sehe auch Potenzial zur Akquisition neuer Mitglieder. Eine Vielzahl von Start-Ups hat die Branche für sich entdeckt und hätte mit dem VKE an der Seite die Chance, schneller im Markt Fuß zu fassen.

markenartikel: Und welche Probleme sehen Sie, die die Branche in den kommenden Monaten lösen muss?
Fuhlisch: Natürlich haben die seit nun schon fast drei Jahren quasi ineinander übergehenden bzw. parallellaufenden, weltweiten Krisen massive Auswirkungen auf das Konsumverhalten der Menschen hierzulande. Aber der selektive Kosmetikmarkt hat sich im Großen und Ganzen immer wieder als durchaus stabil und widerstandsfähig erwiesen. Die Branche war und ist bei ungünstigen wirtschaftlichen Bedingungen oftmals mit am wenigsten betroffen oder aber es gab eine schnelle Erholung. Die Unternehmen werden sich insofern weiter auf ihre Stärken besinnen, innovativ bleiben und den Verbraucherinnen und Verbrauchern sowohl offline als auch online High-End-Produkte und einen umfassenden Kundenservice bieten. Qualität, Authentizität und das Erfüllen der Kundenerwartungen sind die besten Mittel, um in schwierigen Zeiten zu bestehen. Hier sehe ich uns als Branche sehr gut aufgestellt.

markenartikel: Gibt es darüber hinaus Potenziale, die es für die Beauty-Branche zu heben gilt?
Fuhlisch: Unsere Mitgliedsunternehmen haben starke Marken und begreifen diese als grundlegenden Erfolgsfaktor. Denn Marke bedeutet zuallererst immer Vertrauen. Und Konsumenten lieben Marken und wollen den Unternehmen und Einkaufsstätten online wie offline vertrauen – gerade in einer Zeit großer Unsicherheit. Dieses Vertrauen stärken wir mit unserer branchenumfassenden, an die Endverbraucherinnen und Endverbraucher gerichteten Initiative wie dem Sustainability Beauty Pact. Genau auf diesem Weg werden wir weiter vorangehen, Synergien nutzen, Gemeinsamkeiten hervorheben und Kooperationen intensivieren – da liegt noch viel Potenzial und ich freue mich auf die gemeinsame Arbeit mit meinem Team auf diesen Themen.

Das Interview lesen Sie auch in markenartikel 9/2022. Die Ausgabe widmet sich dem Thema Beauty und Nachhaltigkeit und zeigt , wie sich die Branche in puncto Sustainability positioniert

Das Interview lesen Sie auch in markenartikel 9/2022. Die Ausgabe widmet sich dem Thema Beauty und Nachhaltigkeit und zeigt , wie sich die Branche in puncto Sustainability positioniert. Zur Bestellung geht es hier.
 

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vg 07.10.2022