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Jens Lönneker ist Tiefenpsychologe und einer der Gründer der Rheingold-Gruppe - Foto: Roland Breitschuhn

Jens Lönneker ist Tiefenpsychologe und einer der Gründer der Rheingold-Gruppe - Foto: Roland Breitschuhn

Umdenken im Marketing

Eine Werbung für die Werbung

Werbewirkung ist Psychologie – auch wenn es um das Genre der Werbung selbst geht: Es gab Zeiten, in denen das Publikum sich auf die Werbung vor den Kinofilmen gefreut hat, Cannes-Rollen mit Werbespots Publikumsmagneten waren und Werbeagenturen als cool galten. Heute hört man dagegen überall, dass Werbung nur nervt. Und Fridays-for-Future-Vertreter behaupten, dass Werbung falsch ist, weil sie zu mehr Konsum und damit zu klimaschädlichem Verhalten anregt.

Wie konnte die Werbebranche ihr gutes Image in vergleichsweise wenigen Jahren so verspielen? Aus psychologischer Sicht ist in Sachen Werbung in den vergangenen Jahren vieles falsch gelaufen. Die Werbung hat vergessen mit der Werbung auch für sich selbst zu werben. Es wird an der Zeit das wieder zu tun.

Funktion der Werbung

Gute Werbung bietet mehr als Werbung für ein Produkt, eine Dienstleistung oder Marke. Werbung findet dann eine breitere Akzeptanz, wenn sie gesellschaftliche Sehnsüchte aufgreift – und nicht allein im eigentlichen Sine wirbt, also lediglich auf die Kauf- und Verwendungsmotive abstellt. Der Psychologe Dirk Blothner hat sich über Jahre mit Kinofilmen beschäftigt und in seinen Analysen erarbeitet, dass in den Filmen mit hohen Zuschauerzahlen – oft nicht bewusst – gesellschaftlich relevante Themenstellungen behandelt werden. Wenn die Cannes-Rollen mit Werbespots einmal Publikumsmagneten waren, für die nicht nur ein Fachpublikum gerne ins Kino gegangen ist, dann hat es Werbung in dieser Zeit demnach geschafft, auch gesellschaftliche Relevanz zu entwickeln.

In unseren Untersuchungen zeigte sich seinerzeit, dass Spots wie die von Afri-Cola, Marlboro oder Langnese Eiscreme für ein neues Lebensgefühl standen, das sich gegen die spießige Enge des Nachkriegsdeutschlands auflehnte. Es ging darum, mehr individuelle persönliche Freiheiten in der eigenen Lebensführung zu haben und einengende Normen in Frage zu stellen. In diesem Sinne waren diese Werbesujets mehr als Markenwerbung für Soft-Drinks, Zigaretten oder Eis. Sie illustrierten auch gesellschaftlich relevante Wünsche.

Bei einer solchen Betrachtung darf nicht fehlen, dass solche neue Freiheiten auch Angst vor der eigenen Courage und zu vielen Freiheiten machen können. Gute Markenwerbung aus dieser Zeit hat daher – hintergründig und der bewussten Wahrnehmung meist entzogen – immer auch Sicherheit und Ordnung versprochen. Das Marlboro-Abenteuerteam war meist bestens ausgerüstet und die Langnese-Freiheit letztlich ein profaner Strandurlaub. Kommuniziert wurde eher ein Gefühl der Freiheit und weniger eine auf sich allein gestellte Freiheit mit ihren Gefahren. Gute Werbung hatte somit ein Gespür für psychologische Ambivalenzen und wie sie damit umgehen kann.

Neue Moral

Viele der heutigen Werbesujets sind jedoch in dieser Zeit stehen geblieben: Sie zeigen freundliche, glückliche Menschen, die offensichtlich die Freiheiten ihres Lebens genießen. Das liegt zwar auf der Ebene der Kauf- und Verwendungsmotive nahe, weil die beworbenen Produkte und Dienstleistungen ja für ihr Publikum einen positiven Beitrag leisten sollen. Aber es trifft nicht mehr die gesellschaftlichen Sehnsüchte bzw. die zeitgeschichtliche Funktion von Werbung. Hier stehen heute verstärkt Wünsche nach 'warmer, sicherer' Gemeinschaft statt 'kalter, egoistischer' Individualität im Vordergrund – und natürlich Sehnsüchte danach, trotz der vielen Krisen wieder einen optimistischeren Blick in die Zukunft richten zu können.

Was bedeutet das für das Marketing? Wie geht gute Werbung heute? Welche gesellschaftlichen Sehnsüchte gilt es noch zu beachten? Was muss das neue Marketing-Credo sein? Und wie kann das Verlangen nach Geschichten auch in den sozialen Medien befriedigt werden? Antworten auf diese und weitere Fragen gibt Jens Lönneker, einer der Gründer der Rheingold-Gruppe, in seinem Gastbeitrag in markenartikel 11/22. Zur Bestellung geht es hier.

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vg 14.11.2022