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Julian Nikolai Schaefer ist im Vorstand der Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens e.V. (G·E·M) und arbeitet seit 2020 als Brand Manager bei Nestlé Purina Petcare Deutschland - Quelle: Nestlé Purina PetCare

Julian Nikolai Schaefer ist im Vorstand der Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens e.V. (G·E·M) und arbeitet seit 2020 als Brand Manager bei Nestlé Purina Petcare Deutschland - Quelle: Nestlé Purina PetCare

Brand Slam

Im Wannsee gibt es keine Haie

Im markenartikel präsentieren Forscher und Manager im Rahmen von Brand Slam - eine G·E·M-Rubrik gemeinsam neueste Erkenntnisse zum 'Wesen der Marke'. Die Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens (G·E·M) ist die Forschungsplattform im Netzwerk des Markenverbandes. In Ausgabe 3/2024 des markenartikel erläutert Julian Nikolai Schaefer, Mitglied im Vorstand der Gesellschaft zur Erforschung des Markenwesens e.V. (G·E·M) und seit 2020 als Brand Manager bei Nestlé Purina Petcare Deutschland, warum Werbespots nicht unbedingt realistisch sein müssen, sondern einer versteckten Logik folgen sollten, die Konsumenten berührt – auch wenn das in Unternehmen oftmals schwer durchzusetzen ist:

Im Wannsee gibt es keine Haie – ein Fakt, gegen den man sich nur schwer wehren kann, wenn man die Idee zum neuen Werbespot verteidigen soll. Da die Aussichten, eine argumentative Schlacht beginnend mit den Worten "Ja, aber…" zu gewinnen, traditionell schon immer relativ gering waren, bleiben nur zwei Möglichkeiten: Man erinnert sich daran, dass ein Kaiman namens Sammy, der seinem Besitzer bei einem Badeausflug am Baggersee entbüxte, im Alleingang sämtliche Sommerlöcher der Lokal- sowie Bundespresse stopfte und fühlt sich inspiriert. Oder man probiert, sachlich zu bleiben und erörtert, was eigentlich gute Werbung darf, ohne ihre Wirkung zu verlieren, und ob ein Hai in einer fiktiven Sonnencreme-Werbung, die am Berliner Wannsee spielt, eine gute Idee ist.

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Cover-Story und Impact-Story

Die psychologische Werbeforschung trennt Werbespots in zwei verschiedene Mitteilungsebenen – die Cover-Story und die Impact-Story. Die Cover-Story lässt sich für Betrachter leicht nacherzählen und entspricht dem Handlungsablauf: Ein brüllend heißer Sommertag, die Luft steht in der kaminartig gebauten, ehemaligen Parade-Straße am Warschauer Tor, T-Shirts kleben an Körpern, selbst heilversprechende Drei-Kugel-Türme auf Eiswaffelhörnchen geben erschöpft auf und klatschen mit einem hellen Geräusch auf die kaugummiverklebten Gehwegplatten. Eine kurze S-Bahn-Sequenz, Häuser fliegen am Fenster vorbei, dann öffnen sich die Türen und man blickt auf den Wannsee. Es ist, als sei man in einer anderen Welt: Familien liegen entspannt im Sand und winken Freunden im kühlen See zu. Kinder mit sonnencreme-weißen Gesichtern bauen Burgen, Eltern lesen und ein junges Pärchen cremt sich unter fortweilendem Kichern gegenseitig ein. Mit einer Hand voller Sonnencreme und einem eiskalten Getränk in der anderen durchaus ein kleiner Balanceakt.

Plötzlich Schreie. Die Kamera schwenkt von links nach rechts und wieder zurück. Die ruhige, kühle Wasserfläche verwandelt sich in weißes Inferno – Wasser spritzt aufgewühlt in alle Richtungen. Abrupt findet die Kamera den Auslöser der Panik – ein Hai hat sich einen im Wasser stehenden Herrn mit besonders rotem Sonnenbrand geschnappt und zieht ihn in die Tiefe des Wannsees. Darauf, dass sich das Wasser blutrot färbt, verzichtet man. Die Agentur hält es aber für eine gute Idee, dies als Special Effect für die Kino-Fassung vorzuhalten. Schlagartig beruhigt sich die Szenerie, das Strandbadleben geht weiter, als wäre nichts passiert. Schnitt. Präsentation der Sonnencreme, Einblendung einer Kooperation mit der Deutschen Krebshilfe, Claim der Sonnencrememarke 'Bester Hautkrebs-Schutz durch besonders wasserfeste Formel – bestätigt auch Institut Fresenius'.

Dieser leicht nacherzählbaren Cover-Story können durchaus grobe logische Schwächen attestiert werden. Zum einen der Hai im Wannsee, zum anderen, dass sobald der Mann unter Wasser gezogen wurde, sich die Szenerie schlagartig beruhigt. Aber es ist nicht die Cover-Story, die Sinn ergeben muss. Vielmehr ist die versteckte Ebene der Impact-Story für die Werbewirkung von essenzieller Bedeutung: Psychologisch muss das Gesehene einen Sinn ergeben und uns berühren.

Mehr über die psychologische Wirkung von Spots, die Wirkprinzipen von Werbung und weshalb es ein Qualitätssiegel sein sollte, dass ein Werbespot durch manche abgelehnt wird und polarisiert, lesen Sie im kompletten Gastbeitrag in markenartikel 3/24. Zur Bestellung geht es hier.

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vg 25.03.2024