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Wenig Gleichstellung

Kaum frauengeführte Familienunternehmen, Anteil der Chefinnen im Mittelstand sinkt

Quelle: Nobilior/Fotolia

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Knapp 600.000 der insgesamt 3,2 Millionen Familienunternehmen in Deutschland werden von Frauen geleitet. Dies ist knapp jedes fünfte Familienunternehmen. Gemessen am Frauenanteil an den Erwerbstätigen (46,7 %) sind frauengeführte Familienunternehmen damit deutlich unterrepräsentiert. Mehr noch: Der Anteil der Frauenunternehmen an den Familienunternehmen ist seit dem Jahr 2000, für das die Anzahl der Frauenunternehmen erstmalig ermittelt wurde, nahezu unverändert.Das zeit eine ERhebung des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM Bonn), Bonn.

Kleiner als männergeführte Familienunternehmen

Insgesamt sind gut 90 Prozent aller Unternehmen in Deutschland im Besitz von Familien und werden gleichzeitig von ihnen geführt. Sie erwirtschaften mehr als ein Drittel aller Umsätze und beschäftigen über die Hälfte aller sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter:innen. Frauengeführte Unternehmen erwirtschaften mit 303 Milliarden Euro knapp zwölf Prozent des Gesamtumsatzes aller Familienunternehmen (2,6 Billionen Euro). Sie sind damit kleiner als männergeführte Familienunternehmen. Dies drückt sich auch darin aus, dass fast jedes fünfte Kleinstunternehmen von einer Frau geführt wird - und nur jedes zwölfte mittelgroße oder große Familienunternehmen.

Gleichwohl arbeitet gut jeder zwölfte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in einem Unternehmen mit einer Chefin. Allerdings sind frauengeführte Familienunternehmen vergleichsweise selten im Produzierenden Gewerbe angesiedelt. Stattdessen sind sie häufiger in den Sonstigen Dienstleistungen zu finden, zu denen u.a. die Wirtschaftszweige "Erziehung und Unterricht", "Gastgewerbe" und "Kunst, Unterhaltung und Erholung" zählen.

Anteil der Chefinnen im Mittelstand sinkt auf 16 Prozent

Auch die Kreditanstalt KfW, Frankfurt, veröffentlicht Zahlen. Die Zahl der Chefinnen im Mittelstand ist demnachv im vergangenen Jahr wieder gesunken: Von den rund 3,8 Mio. kleinen und mittleren Unternehmen in Deutschland werden aktuell nur 16 Prozenet bzw. 608.000 von Frauen geführt (2020: 16,8 % / 638.00), wie eine aktuelle Sonderauswertung von KfW Research auf Basis des repräsentativen KfW-Mittelstandspanels zeigt. Die Frauenquote liegt damit um gut drei Prozentpunkte bzw. rund 100.000 Unternehmen niedriger als ihr bisheriger Höchststand im Jahr 2013 (19,4 % / 700.000).

Die Entwicklung im Mittelstand entkoppelt sich damit von der in den Großunternehmen hierzulande. Die in den Führungspositionen-Gesetzen verankerten Frauenquoten werden bisher zwar nur zum Teil erreicht, der Trend zeigt aber klar nach oben, so die KfW-Einschätzung. Sowohl in den Vorständen als auch in den Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen, die unter diese Regelungen fallen, legte der Frauenanteil auf zuletzt 14,1 Prozent bzw. 35,9 Prozent zu.

Ein wesentlicher Grund für den geringen Chefinnenanteil im Mittelstand ist der generell niedrigen und seit der Jahrtausendwende erheblich gesunkenen Gründungstätigkeit in Deutschland zuzuschreiben, so die KfW-Autoren. Zuletzt lag die Zahl der Gründerinnen bei 205.000 im Jahr 2020. Dass die Führungsetagen des Mittelstands in kurzfristiger Perspektive stärker weiblicher werden, ist daher wenig wahrscheinlich.

Die wirtschaftliche Bedeutung der frauengeführten Mittelständler in Deutschland sei dabei nicht zu unterschätzen: Sie beschäftigen 3,4 Mio. Arbeitnehmer, bilden 100.000 junge Menschen aus, erzielen insgesamt 331 Mrd. Euro Umsatz und investieren 15 Mrd. Euro in neue Anlagen und Bauten.

Gleichstellung von Frauen in der deutschen Wirtschaft tritt auf der Stelle

Das Münchner ifo Institut konstatiert auf Basis einer Auswertung verschiedener Datenquellen anlässlich des Weltfrauentags: Deutschland hat in den vergangenen Jahren kaum Fortschritte in der Gleichstellung von Frauen im Wirtschaftsleben gemacht.

"Da Frauen in anderen Ländern stärker aufgeholt haben, ist Deutschland beim Thema Gleichstellung im internationalen Vergleich sogar zurückgefallen", sagt ifo-Forscherin Britta Rude. "Dies liegt vor allem an der hohen Lohnungleichheit und dem geringen Anteil von Frauen in Führungspositionen."

In Deutschland verdienen Frauen im Schnitt nach wie vor weniger als Männer. Der Lohnunterschied bei Vollzeitbeschäftigten lag 2019 bei 13,9 Prozent. Damit ist die Lücke in den vergangenen 20 Jahren zwar kleiner geworden, liegt jedoch noch immer über dem Durschnitt der Industrieländer (12,5 Prozent). Noch höher sei die Lücke unter den Selbstständigen. Hier verdienen Frauen durchschnittlich ein Viertel weniger als Männer.

Unter den Führungspositionen in der Wirtschaft stagniert der Frauenanteil seit 2008 auf etwa einem Viertel. Immerhin – in der zweiten Führungsebene ist der Frauenanteil leicht gestiegen von gut einem Drittel im Jahr 2008 auf 40 Prozent. Bei den Unternehmensgründungen ist der Anteil von Frauen gering. Nur knapp ein Drittel von Gründungen gehen auf Frauen zurück, ein Wert, der seit 2007 stagniert. Zusätzlich waren 2017 gerade einmal sieben Prozent aller Erfinder:innen weiblich. Deutschland sei hier eines der Schlusslichter im Vergleich der Industrieländer.

Die Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen ist in den letzten Jahrzehnten leicht gestiegen von 49 Prozent im Jahr 1999 auf 56,8 Prozent in 2020. Damit liegt Deutschland nur knapp über dem Durchschnitt der Industrieländer (51,2 Prozent).

"Knapp sechs von zehn Frauen in Deutschland arbeiten in Teilzeit, verglichen mit knapp drei von zehn Männern. Die Teilzeitquote von Frauen ist in Deutschland damit eine der höchsten weltweit", sagt Rude.

Hier habe sich in den vergangenen Jahren nur wenig verändert. 2010 arbeiteten 55,5 Prozent der Frauen in Teilzeit.

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vg 08.03.2022